Lichtspruch nach Tau
Entschlossenheit erwachte in ihm und ein ungeheurer Stolz. Wäre ihm der Name des Mannes von La Mancha ein Begriff gewesen oder der des englischen Schiffbrüchigen, so hätte er sich ihnen verbunden gefühlt. Er war bereit, allen nur denkbaren Widrigkeiten entgegenzutreten, denn er erlebte den Triumph, etwas Einmaliges, Eigenes, Nichtwiederholbares mit der Macht seines Willens zu formen. Ein unsicheres Lächeln begleitete den Gedanken, daß man ihn auf der Erde nicht vermißte.
Bevor er die erste Order zu einem Transportflug bekam, wurde er ins Sekretariat des Zentralkomitees für die Friedliche Nutzung des Kosmos, ZKFNK, bestellt. Ins FNK, sagten seine Freunde, es wird Zeit. Endlich rücken sie ihm den Kopf zurecht. Auf uns hört er ja nicht. Sie taten ein wenig beleidigt.
Redcroft gegenüber hatte ein schmächtiger Mensch Platz genommen. Sein Anzug war in der Farbe des hellen, grauen Haars, welches sich über der Stirn bereits ein wenig lichtete, was dem Kopf jene Markantheit verlieh, die die Expressionisten begeisterte.
Kaum merkbar, beugte sich der Sekretär nach vorn, vielleicht war es auch nur, daß die Spannung seines Rückens nachließ. Seine Stimme klang angenehm zurückhaltend, aber kühl.
»Verehrter Kapitän Redcroft, ich will Ihnen nicht Moral predigen. Aber ein Mann Ihrer Erfahrung sollte wissen, wo seine Verantwortung liegt.«
Redcroft fühlte sich verpflichtet zu nicken. Er sagte jedoch: »Ein Leben besteht nicht nur aus Verantwortung.« Gleich darauf zweifelte er, ob er den Satz im richtigen Moment benutzt hatte. Ein Mensch in dieser Position kannte natürlich nur Verantwortung. Sein Leben bestand aus Verantwortung, jede Stunde seines Tages. Ein Mann in dieser Position konnte nicht irgendwann alles hinwerfen, um für den Rest seines Lebens Fische in der Barentssee zu fangen. Seine Stellung verpflichtete ihn, für so etwas kein Verständnis zu haben. Das ist sein Pech, sagte sich Redcroft. Es hat ihn niemand gezwungen.
»Möglicherweise sind wir unterschiedlicher Ansicht«, entgegnete der Sekretär. »Und der Rest?«
»Originalität«, sagte Redcroft. »Eigennützigkeit.«
»Sie sollten das mit dem anderen verbinden, mein Lieber. Das gäbe eine glückliche Synthese.«
»Ich habe es versucht.«
Sein Gesprächspartner blickte auf. An seinen Augen sah Redcroft, daß ihm nichts entging. »Sehen Sie, wir bemühen uns im weltweiten Rahmen um die Fortführung einer kontinuierlichen Entwicklung. Würden Sie als Raumschiffkommandant einem Besatzungsmitglied Originalität zubilligen, wenn es Ihren Befehl ausführen soll?« Er schwieg, um seine Worte wirken zu lassen, und fuhr dann fort: »Wir wissen, daß Sie das Ganze inszeniert haben. Sie hoffen, auf diese Weise in die Nähe der D-Zonen zu gelangen. Wir werden unnachsichtig sein, wenn Sie die Disziplin neuerlich verletzen. Ich mache Ihnen ein Angebot. Sie fliegen eine Tour. Das ist Zeit genug, sich zu besinnen. Dann kehren Sie kurzzeitig in Ihre alte Funktion zurück. Mit dem Beginn des neuen Jahres werden Sie zum Flottillenchef befördert.«
»Gut«, sagte Redcroft, »angenommen. Soviel Vertrauen ehrt mich.«
Der Sekretär lächelte. »Sie haben sich die Ehre tausendfach verdient, mit dem Einsatz ihres Lebens und ihrer Persönlichkeit.«
»Dann sagen Sie mir, warum das Betreten der D-Planeten verboten ist.«
»Sie sind hartnäckig.«
»Ich habe Vertrauen verdient. Sollte ich Ihre Worte nicht so verstehen?«
Der Sekretär setzte sich gerade auf, aber er wurde dadurch nicht größer. »Es gibt Vereinbarungen zwischen Menschen. Ohne solche Übereinkünfte gäbe es keine menschliche Gesellschaft und keinen Humanismus. Die Gesellschaftsform der Erde in all ihren Spielarten stellt den höchsten Grad an Übereinkunft dar. Ein philosophisches Gebäude, Sie werden mir recht geben. Nennen Sie es meinetwegen nach Rousseau einen Gesellschaftsvertrag. Wir haben uns einen neuen Gesellschaftsvertrag geschaffen.«
Redcroft kannte den Namen des französischen Philosophen nicht und mußte sich damit begnügen zuzuhören.
»Im täglichen Leben«, fuhr der Sekretär fort, »sieht das so aus: Sie tun, was Ihnen aufgetragen wird, und andere wiederum befolgen den Auftrag, der an sie durch Sie ergeht. Es gehört nicht zu Ihrem Auftrag, über die D-Planeten Bescheid zu wissen. Es gibt Einsichten, die gefährlich sind für die Existenz der gesamten menschlichen Gesellschaft.«
»Danke«, sagte Redcroft, »das wußte ich bereits.«
»Also«, forderte ihn der Sekretär
Weitere Kostenlose Bücher