Lichtspruch nach Tau
nicht hätte hierherbringen sollen. Es wäre besser gewesen, einen anderen, länger bekannten Planeten mit Attraktionen und einem Ausflugsbüro, mit Hotels und Exkursionsführern auszuwählen. Das nächste Mal würden sie einen anderen Planeten besuchen, einen, der nicht so seltsam und totenstarr war.
Aus unerfindlichen Gründen erinnerte er sich plötzlich an seinen von fröhlichen und tapferen Menschen besiedelten Heimatplaneten, an seine Freunde und Bekannten, an seine Frau, die sich gerade auf einer großen Expedition befand, und an sein Haus am Steilufer des blauen Meeres. Nein. Mochten die Kinder diesen ungewöhnlichen Planeten ruhig kennenlernen.
Sie wählten einen Platz auf einer grünen, starren Lichtung. In der Ferne lag ein sanfter Hügel, über den sich eine schmale, vielleicht von Tieren gegrabene oder vom Wasser ausgewaschene Rinne schlängelte.
Der Vater entnahm Luftproben und stellte fest, daß die Luft zum Atmen gut geeignet war. Er selbst beschloß, ohne Raumanzug auszusteigen, die Kinder aber hielt er an, die ihren anzulegen. Außerdem nahmen sie die Raketentornister für den Fall mit, daß sie sich einmal rascher fortbewegen müßten. Die Kinder waren nach wie vor aufgeregt und neugierig, nur der Vater war ein wenig besorgt. Dieser Planet flößte ihm eine unerklärliche Unruhe ein.
Endlich betraten sie die Oberfläche des Planeten. Die Raumanzüge behinderten ihre Bewegungen nicht, und die Kinder hüpften umher, schlugen Purzelbäume, haschten einander und schrien vor Freude. Das Ungewöhnliche der Situation wurde noch dadurch verstärkt, daß ringsum vollkommene Stille herrschte, daß sich kein Lufthauch regte und keinerlei Bewegung festzustellen war.
Da erblickte der Vater plötzlich einen fliegenden Gegenstand. Er segelte von Westen her auf sie zu. Der Gegenstand wies eine längliche Form auf. In einem sehr sanften Bogen ging er auf die Oberfläche nieder.
»Seht nur!« rief er.
Die Kinder hielten inne und beobachteten ebenfalls den fliegenden Gegenstand.
»Was ist das?« fragte Osa.
»Ein Vogel«, schlug Wina vor.
»Nein«, sagte Sandro. »Er hat keine Flügel.«
Wieder vernahm der Vater ein durchdringendes Pfeifen. Aber dieses Pfeifen war jetzt in ihm selbst, denn ringsum herrschte nach wie vor eine ideale Stille.
Als der Gegenstand herabgefallen war, wühlte er sich in den Boden ein, der sich augenblicklich regte und hob, als dränge etwas von innen aus ihm heraus. Plötzlich riß die Oberfläche auf, und aus ihr reckten sich Triebe hervor – schwarze, aus Knötchen, Kugeln und unregelmäßigen Parallelepipeden bestehende Triebe. Sie wuchsen zusehends und verwandelten sich in einen hohen Baum, der an eine schöne Fontäne erinnerte. Die einen Triebe brachen bereits wieder ab und sanken zu Boden, während andere gerade erst aus dem Boden schossen und die dritten schon an die zehn Meter hoch wuchsen. Keine Sekunde lang blieb der Baum ohne Bewegung. Alles an ihm bebte, regte sich, lebte, wuchs und starb nach und nach wieder ab. Dieses stürmische Wachstum bildete einen solchen Kontrast zu der übrigen, erstarrten, schlafenden Welt, daß es unwillkürlich Begeisterung und Freude weckte.
Der Baum hatte offensichtlich den Höhepunkt seiner Entwicklung erreicht und begann zu schrumpfen, zu zerbröckeln und in kleine Klümpchen zu zerfallen. Als eines dieser Klümpchen dicht an der Schulter des Vaters vorbeiflog, gelang es ihm, es zu greifen. Es war ein kleiner Brocken jenes wundersamen Baumes. Der Brocken war hart wie Stahl und fühlte sich warm, ja sogar heiß an.
Der Vater ließ den Brocken auf seiner Handfläche tanzen und schob ihn dann in seine Jackentasche.
»Ein Baum! Das ist ein Baum!« riefen die Kinder und sammelten die Bröckchen ein, in die der Baum zerbarst.
»Seht mal, da kommt noch einer!« rief Sandra.
Alle drehten die Köpfe in die Richtung, in die der Junge wies. Wieder flog ein länglich geformter Gegenstand auf sie zu.
»Das ist der Samen!« sagte der Vater. »Nun ja, der Samen dieses seltsamen Baumes. Schaut, er ist vom zugespitzt, um besser in den Boden eindringen zu können. Außerdem dreht er sich um seine eigene Achse. Er schraubt sich wie ein Korkenzieher in die Erde und läßt einen neuen Baum wachsen.« Der Vater war mit seinen Erklärungen sehr zufrieden. Nun fügte sich alles in seine Hypothese ein. »Seht ihr, wie er sich in den Boden hineinfrißt? Gleich werden die Triebe zum Vorschein kommen.«
Natürlich behielt der Vater recht. Wieder reckten sich schwarze,
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