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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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Korchow. »Ich glaube, wir verstehen uns.«
    »Was ist, wenn ich heute Abend nicht auftauche?«
    Statt zu antworten, wedelte Korchow nur mit Belas Fingern, und die zerknitterte, vergilbte Quittung erschien wieder
und flatterte wie in einer steifen Brise. »Das wäre ein Fehler.«
    Li blickte zu dem Stück Papier in seiner Hand auf und schauderte. Wenn diese Quittung den Sicherheitsleuten in die Hände fiel, würden sie der Sache nachgehen. Es bliebe ihnen gar nichts anderes übrig. Und wenn sie Nachforschungen anstellten, wäre alles vorbei.
    Vor fünfzehn Jahren war sie sich ihrer Sache ganz sicher gewesen. Der Genetiker in dem Body-Shop war keine große Nummer gewesen, aber der beste, den sie sich für die dürftige Lebensversicherung ihres Vaters leisten konnte; und er hatte zwar keine überragende, aber kompetente Arbeit geleistet. Jetzt kannte sie seine Grenzen. Sie spürte mit zermürbender Gewissheit, wie begrenzt sein Können gewesen war. Sie hatte erlebt, welche Genmanipulationen die besten Labors im Ring bewerkstelligen konnten, welche Arbeit die Techniker der Friedenstruppen auf Alba leisteten. Sie hatte sich so lang durchgemogelt, weil es keine echten Beweise gab – keine Beweise, die belastend genug waren, um eine Überprüfung zu rechtfertigen. Ein fünfzehn Jahre altes Stück Papier konnte das ändern. Und wenn es dazu kam, würde die gesamte Bürokratie des Sicherheitsrats über sie hereinbrechen wie eine einstürzende Tunneldecke. Der Verlust ihres Offizierspatents wäre noch das Geringste. Sie musste schon Glück haben – oder sich bei Cohens teuren Anwälten rettungslos verschulden –, wenn sie ohne eine Gefängnisstrafe davonkommen wollte.
    Was also tun? Sie hatte andere Chancen, andere Möglichkeiten. Es ging nicht mehr um alles oder nichts. Sie hatte Optionen.
    Oder doch nicht? Was war denn sonst für sie drin? Sie mochte ihre Arbeit. Sie identifizierte sich mit ihrem Job, konnte sich kein anderes Leben vorstellen. Sie dachte über private Sicherheitsdienste nach, über Cohens gut bezahlte
Leibwächter. Sie erinnerte sich an die Hightech-Muskelmänner auf der Calle Mexico.
    Auf keinen Fall. Das war nichts für sie.
    Sie saß auf ihrer zerwühlten Koje und betrachtete, kaum eine Armlänge von ihr entfernt, die Quittung in den Händen einer Frau, mit der sie vor ein paar Stunden erst im Bett gewesen war. Und sie wusste, dass sie alles tun, jeden umbringen würde, um sie zu bekommen.

Unzensierte Topologie
    ► Alle Welten sind vorhanden, selbst die, in denen alles schiefgeht und alle statistischen Gesetze versagen. Die Situation ist keine andere als die, der wir in der gewöhnlichen statistischen Mechanik begegnen. Wenn die Anfangsbedingungen stimmen, könnte das Universum, wie wir es erleben, ein Ort sein, wo die Wärme gelegentlich von kalten zu heißen Körpern fließt. Wir können vielleicht argumentieren, dass sich in den Verzweigungen, in denen das Universum sich gewohnheitsmäßig auf eine so eigenartige Weise verhält, kein Leben entwickeln kann; also sind auch keine intelligenten Automaten vorhanden, die darüber staunen könnten.
     
    BRUCE DE WITT

Shantytown: 25.10.48.
    L i erschien früher als verabredet am Treffpunkt und nutzte die Zeit, um sich etwas umzuschauen – was wohl sinnvoll war, wenn Korchow den Treffpunkt aussuchte.
    Man hatte sie in den heruntergekommenen Randbereich des Bezirks bestellt, der reichlich beschönigend als das Vergnügungsviertel von Shantytown bezeichnet wurde. In der Nacht hatte dieser Teil der Stadt etwas Anziehendes. Es wirkte nicht alles so grotesk fehl am Platze, wenn man die unkrautbewachsenen Hügel und die Unterkünfte aus Gipsplatten oder die kahlen, terraformisierten Felswände des Johannesburg-Massivs nicht sah, das am Horizont aufragte.
    Es regnete nicht in Shantytown, aber es war auch nicht so, dass es nicht regnete. Das Wasser, das von den Dächern und Torwegen tropfte, war zum Teil Regen, zum Teil algenreiches Kondenswasser. Es roch scharf und fermentiert, und es kroch unter Lis Kragen und ihren Hals entlang wie neugierige Finger.
    Sie war allein heute Abend. Es war nicht einfach gewesen, sich McCuen vom Hals zu schaffen, aber es war notwendig. Er hatte einen viel zu klaren Verstand, und der Himmel wusste, was er tun würde, wenn er zu dem Schluss kam, dass sie für die Syndikate arbeitete. Außerdem, wenn sie weiter das Spiel spielen wollte, das Nguyen für sie vorgesehen hatte, und Korchow trotzdem genug bieten wollte, um an die

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