Lichtspur
Oder irgendetwas anderes.«
»Warum interessiert dich der Grund?«
»Weil ich nicht will«, sagte Bella und brach plötzlich in Schluchzen aus, »dass sie meinetwegen gestorben ist. Weil sie mir helfen wollte.«
Von da an konnte man nicht mehr mit ihr reden. Bella weinte sich in den Schlaf. Li lag bis tief in die Nacht wach, einen Arm um ihre zarten Schultern gelegt, und hörte, wie sie im Traum den Namen einer toten Frau rief.
ABG-Station: 25.10.48.
H allo, Catherine.«
Li schreckte aus dem Schlaf und sah Bella, die ihr gegenüber auf dem einzigen Stuhl in der Kabine saß, ganz angezogen, die Beine übergeschlagen, und eine von Lis Zigaretten rauchte, während träge Rauchkringel ihren Kopf umspielten.
»Verzeihen Sie mir die Vertraulichkeit, Major, aber ich habe das Gefühl, dass ich Sie zu gut kenne, um auf Titel zu achten. Sie haben doch nichts dagegen, dass ich Sie Catherine nenne, oder? Oder ist Ihnen Caitlyn lieber?«
Der Stimme fehlte Bellas nervöser Unterton, und die Hand, die die Zigarette hielt, bewegte sich etwas ruckartig, als würde sie an Fäden gezogen. Bella war für Overlays ausgerüstet, und jemand sprach durch ihren Mund. Ein Körperdieb.
Li hatte eigentlich keinen Grund, darüber so verdattert zu sein. Natürlich war Bellas Körper technisch aufgerüstet. Vielleicht noch gründlicher und tief greifender als ihr eigener. Dennoch war das nicht die Frühstückim-Bett-Szene am Morgen danach, die Li sich vorgestellt hatte. Sie setzte sich auf und suchte nach ihrer Kleidung, die sich irgendwo im Gewühl am Fußende des Bettes versteckte. Wer oder was immer auch von Bella Besitz ergriffen hatte, Li wollte angezogen sein, bevor sie mit ihm redete.
»Hübsche Tätowierung«, sagte der Körperdieb, als sie sich das Hemd über den Kopf zog.
»Lassen Sie mich in Ruhe.«
Aber Bellas Stimme redete weiter. »Sie sollten etwas vorsichtiger sein. In Tätowiersalons kann man sich leicht etwas einfangen.«
»Soll das eine Drohung sein?«
»Aber Sie haben wohl keine große Angst, sich etwas einzufangen, nicht?«
»Was soll das heißen?«
»Nur dass es immer eine Freude ist, ein XenoGen-Konstrukt zu sehen. Ich empfinde eine gewisse familiäre Zuneigung für Sie. Bellas Genset zum Beispiel«, Bellas Hand deutete auf ihren eigenen Körper, »stammt zu mindestens 40 % aus der Zeit vor der Abspaltung. Ohne Sie wäre Bella nie möglich gewesen. Es ist wirklich bedauerlich, dass es der UN an der Vision mangelt, um diese Arbeit zu ihrem logischen Abschluss zu führen.«
Li starrte in Bellas Gesicht und suchte nach einem Hinweis, der ihren plötzlichen Verdacht bestätigt hätte. »Korchow? «
Er lächelte ein kaltes Lächeln, das nichts mehr von Bella hatte. »Kluges Mädchen.«
»Halten Sie Bella da raus, Korchow. Sie hat nichts damit zu tun.«
»Sie hat alles damit zu tun. Die Entscheidungen, die Sie hier treffen, beeinflussen das väterliche Erbgut jedes Genkonstrukts im UN-Raum und darüber hinaus. Wenn Sie anerkennen, was Sie sind – und das möchte ich doch sehr hoffen –, ändert sich alles. Wenn Sie diese Gelegenheit vorbeiziehen lassen, ändert sich nichts.«
»Sprechen Sie nicht in Rätseln, Korchow. Was wollen Sie?«
»Wissen Sie das nicht?« Bella hob amüsiert die Augenbrauen. »Haben Sie nicht einmal eine Vermutung?«
»Ich kann Ihnen Sharifis Datensatz nicht geben«, presste Li zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Ich habe ihre Daten überhaupt nicht. Es könnte gut sein, dass sie alles vernichtet und in den Orbit geschossen hat.«
»Es geht nicht um den Datensatz, Major. Es geht um weit mehr.« Bellas Mund weitete sich zu einem schmallippigen
Lächeln. »Nguyen sagt Ihnen wirklich überhaupt nichts, was? Hat sie Zweifel an Ihnen? Oder an der KI? Ich weiß es nicht genau. Nun ja. Was ich will, ist ganz einfach. Ich will Sharifis Experimente weiterführen. Oder besser: Ich möchte, dass Sie es für mich tun.«
Li starrte ihn an.
»Es ist gar nicht so kompliziert. Ich brauche nur drei Dinge, um loszulegen.« Er zählte die Punkte an Bellas schlanken Fingern ab. »Erstens: eine Kristalldruse. Zweitens: das Intraface. Drittens: ein Team aus Mensch und KI, um das Intraface zu nutzen.« Er blickte zu Li auf, als erwarte er eine Antwort, aber sie hatte nichts zu sagen. »Es hat Sharifi mehrere Jahre und einige rechtlich zweifelhafte Manöver gekostet, damit diese drei Voraussetzungen erfüllt waren. Eine Reihe von günstigen Umständen hat mich jedoch in die Lage gebracht, dass
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