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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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wusste es schon. Und selbst wenn sie es nicht gewusst hätte, stand unter dem Kleingedruckten auf der Entlassungsbescheinigung ihre eigene Unterschrift – oder eher die Unterschrift von Caitlyn Perkins.
    »Woher haben Sie das?«, flüsterte sie.
    »Was glauben Sie, Major?«
    »Ich habe mit eigenen Augen gesehen, dass Joss meine Akte verbrannt hat. Er hat sie im Waschbecken verbrannt. Ich wäre sonst nicht gegangen.«
    »Offensichtlich«, sagte Korchow, »hat er nicht alles verbrannt. Im menschlichen Siedlungsraum sind die Leute wirklich sehr unzuverlässig.«
    Sie saß mit gesenktem Kopf da und starrte auf das Dokument. Als Korchow die Hand ausstreckte, um es zurückzunehmen, machte sie keine Anstalten, ihn davon abzuhalten.
    »Nun«, sagte er, faltete das Stück Papier zusammen und ließ es wieder aus dem Realraum verschwinden. »Wir machen alle Fehler. Wichtig ist jetzt, dass Sie Ihre Fehler nicht lang bereuen, sondern nach vorn schauen.«
    »Was wollen Sie?«
    »Ich will, dass diese kleine Unternehmung für uns alle zufriedenstellend ausgeht. Aber im Moment wünsche ich mir erst einmal, dass Sie eine Entscheidung treffen. Wenn Sie beschließen, mir zu helfen, werden Sie sich in zwölf Stunden nach Shantytown begeben und mit einem Mann treffen, von dem Sie die Daten für die erste Phase der Operation erhalten. Und Sie werden die KI mitnehmen. Oder uns zumindest versichern, dass er mitwirkt.«

    Li brauchte einen Moment, bis sie begriff, dass er von Cohen redete. »Er steht nicht bei uns unter Vertrag«, protestierte sie. »Er ist ein freier Mitarbeiter. Ich kann ihn zu nichts zwingen.«
    »Ich glaube, dass Sie einen sehr großen Einfluss auf ihn haben.«
    »Dann glauben Sie etwas Falsches.«
    »Ja? Warum fragen wir ihn dann nicht?«
    »Aber sicher«, sagte Li spöttisch. »Wie soll ich’s anstellen? Ein Pentagramm zeichnen und dreimal seinen Namen sagen?«
    Korchow lächelte. »Eine wirklich amüsante Idee. Ich glaube allerdings, dass eine einfache und aufrichtige Bitte um Hilfe schon genügen wird. Versuchen Sie’s.«
    Sie starrte Korchow/Bella an. Aber dann versuchte sie es wirklich.
    Und Cohen war zur Stelle, so real wie ein Gehaltsscheck von der Regierung.
    Er trug einen Sommeranzug in der Farbe von Granatäpfeln. Wo immer er sich aufgehalten hatte, als sie ihn rief: Er war gerade dabei, sich anzuziehen. Er beugte sich vor, schaute immer noch in einen Spiegel, der nicht mehr vorhanden war, und knotete sich einen pilzbraunen Seidenschlips um den Hals.
    »He«, sagte er. Er warf in offensichtlicher Verwirrung den Kopf zurück und drehte sich langsam um, bis er Li erblickte. »Das ist ja eine nette Überraschung«, sagte er, blinzelte und lächelte.
    Dann bemerkte er, dass sie noch gar nicht angezogen war, sah das zerwühlte Bett und Bella, die am anderen Ende des Zimmers saß. Sein Lächeln verschwand.
    »Korchow«, sagte er mit einer furchterregend weichen Stimme. »Ich kann nicht behaupten, dass es mir ein Vergnügen ist, also sage ich besser gar nichts.«

    »Ich dachte, wir hätten darüber gesprochen, Cohen«, sagte Li. »Wolltest du nicht aufhören, mir nachzuspionieren?«
    Er drehte sich wieder zu ihr um. »Welch ein hässliches kleines Wort. Natürlich würde ich dich nie ausspionieren. Und wenn ich einen oder mehrere autonome Agenten auf dich ansetzte, geschieht es nur, damit unangenehme Leute«, er warf einen Blick in Korchows Richtung, »dir keinen Ärger bereiten.«
    Bella räusperte sich vielsagend, und Cohen wandte sich ihr zu.
    »So, so«, säuselte er. »Korchow. Ich hätte Sie hinter diesem billigen Interface fast nicht erkannt. Sie sollten sich von den Syndikaten wirklich besser bezahlen lassen. Sie arbeiten doch noch für die Syndikate, oder? Oder hat sich Ihr angeblicher Idealismus inzwischen so abgenutzt, dass Sie auch UN-Geld nehmen?«
    »Cohen«, sagte Li. »Du kannst jetzt gehen.«
    Cohen warf ihr einen gequälten, treuherzigen Blick zu.
    »Du kannst gehen, habe ich gesagt.«
    »Hältst du das für eine gute Idee?«, fragte er mit einem Blick auf Korchow.
    »Ja, allerdings. Ich komme schon allein klar. Und belausche mich nicht!«
    Er warf einen letzten Blick auf Korchow und runzelte die Stirn. »Du solltest dich nicht auf ihn einlassen, Catherine. Er ist … nun ja, er ist nicht nett.«
    »Geh nach Hause, Cohen.«
    »Bin schon weg«, sagte er. Und dann war er verschwunden und hinterließ nur einen leichten Hauch von selbst gedrehten Zigarren und extra-vielle in der Luft.
    »Gut«, sagte

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