Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
Vom Netzwerk:
Gewirr von fensterlosen Korridorsackgassen und rot hervorgehobenen Sicherheits-Checkpoints wurde sichtbar. »Du musst an zwei Checkpoints vorbei, hier und hier.«
    Li deutete auf eine geschwürartige Ausbuchtung auf der Außenhaut der Station. »Was ist das?«
    »Eine Algenfarm. Ein Teil des Sauerstoffkreislaufs. Aber schau hier.« Er lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Innere der Station. »Also, was haben wir zu erledigen? Erstens: Wir bringen dich in die Station und in den Laborflügel.
Zweitens: Du loggst dich in die Zentraldatenbank der Labors ein und öffnest manuell einen Übertragungskanal zum Schiff. Drittens: Ich gehe die Dateien der Labor-KI durch, neutralisiere alle Abwehrprogramme, die sie gegen uns einsetzt, und versuche herauszufinden, auf welchem Computer die Intraface-Dateien gespeichert sind. Viertens: Du besorgst sie. Fünftens, und das ist die eigentliche Herausforderung: Wir machen uns aus dem Staub, ohne entdeckt zu werden. Oder zumindest, ein weniger optimistisches, aber realistischeres Szenario, ohne dass man uns identifiziert.«
    Li nickte, ein wenig amüsiert darüber, all das aus Chiaras hübschem Mund zu hören, vor allem weil sie immer den Verdacht gehabt hatte, dass das Mädchen ein bisschen dumm war.
    Sie nahm ihr Bier, und die Ecke des E-Papiers löste sich vom Tisch. Li suchte nach etwas anderem, um sie zu beschweren, und fand eine halb verfallene Erstausgabe des Doktor Faustus .
    »Können wir es schaffen?«, fragte sie.
    »Ich fürchte, auf keine Art, die bei dir besondere Begeisterung hervorrufen wird.« Mit einem Fingertippen passte er den Maßstab des Plans so weit an, dass die Laborspeiche der Station sichtbar wurde. »Was den physischen Standort angeht, habe ich keine Ahnung, wo sich das Intraface befindet. Ich weiß nur, dass es in diesem Labor sein muss. Leider sind die Labordateien, die Personal-und Inventarverzeichnisse, mit einer inerten Firewall gesichert. «
    »Wie auf Metz.«
    »Schlimmer als auf Metz.« Er blickte zu ihr auf. »Alba verfügt über eine gefechtsfähige halbbewusste KI.«
    Li lief es kalt den Rücken herunter, und ein unangenehmes Gefühl machte sich in ihrem Magen breit. Es war
ihr zuwider, sich bei Halbbewussten einloggen zu müssen. Ihre Angst war unbegründet – so hatte sie es sich zumindest selbst viele Male einzureden versucht. Manchmal fragte sie sich, ob es nicht bloß ein blindes Vorurteil war; das eine Mal, als sie es Cohen gegenüber erwähnt hatte, war er so beleidigt gewesen hatte, dass sie Wochen gebraucht hatte, um seine verletzten Gefühle zu beschwichtigen.
    Aber trotzdem.
    Die großen halbbewussten KIs hatten etwas Haiartiges an sich: rohe Rechenleistung, unbeeinflusst durch optimierte Programmierung oder die allzu menschlichen Skrupel und Schwächen von voll ausgebildeten Emergenten. Sich bei einer Halbbewussten einzuloggen, war ein Gefühl, als ob man durch dunkles, grundloses Wasser schwamm. Es war schwer vorstellbar, dass aus dem bedrohlichen Schweigen, das sich hinter ihren Zahlenkolonnen verbarg, so etwas wie Cohen entstehen konnte. Ein schrecklicher Gedanke, dass er sich nur ein paar Instruktionen, ein paar Algorithmen über sie hinaus entwickelt hatte – und dass niemand wusste, wo man zwischen beiden eine Grenze ziehen sollte.
    »Also, wie kommen wir rein?«, fragte Li.
    Cohen hob eine Augenbraue. »Du setzt viel voraus. Ich habe mich noch nicht bereit erklärt, dir zu helfen.«
    »Was soll ich denn tun, mein Schätzchen?«
    »Du bist erstaunlich. Wie kommt das nur, dass du immer unfreundlicher wirst, je größer der Gefallen ist, um den du bittest?«
    »Du wirst dafür bezahlt«, sagte Li. »Beim letzten Mal habe ich etwas abgedrückt, also war’s ein Job, kein Gefallen. «
    Cohen zündete sich eine Zigarette an, ohne Li auch eine anzubieten, und stellte das Etui und das Feuerzeug auf den
Tisch, wobei er es sorgfältig an der goldumrandeten Kante des E-Papiers ausrichtete.
    »Ich würde sagen, wir lassen das mal so stehen, einverstanden? «, sagte er. »Es sei denn, dass du unbedingt bei jeder Gelegenheit mit mir streiten willst.«
    Li hielt den Mund.
    »Also dann. Die Labor-KI hat die externe Kommunikation deaktiviert. Man kann von außen nicht anrufen. Man erhält keinen drahtlosen Zugang. Man kann lediglich von innen einige zugelassene Nummern anrufen, und auch das geht nur über eine Direktkontaktbuchse.« Er lächelte und klopfte mit byzantinischer Eleganz die Asche von der Zigarettenspitze. »Was bedeutet, mein

Weitere Kostenlose Bücher