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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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Schatz, dass du unters Messer musst.«
    Li betastete ihre Schläfe, wo sie unter der Haut die flache Scheibe des Kommunikationssenders fühlen konnte. Ihr war noch nie eine Direktkontaktbuchse eingepflanzt worden. Es war nie erforderlich gewesen. Das blieb gewöhnlich Technikern wie Kolodny vorbehalten, die beim Knacken der Zielsysteme die eigentliche Schwerarbeit leisteten – und die dabei Risiken eingingen, die Li dank der automatischen Abschaltung ihres Funkinterface weitgehend erspart blieben.
    »Bist du selbst auf diese Idee gekommen?«, fragte sie Cohen. »Oder hattest du Hilfe von Korchow?«
    »An deiner Stelle würde ich keine Zeit damit verschwenden, dich darüber zu streiten«, sagte Cohen. Er warf ihr über den Rand des Weinglases einen düsteren Blick zu. »Eine Kontaktbuchse ist nichts verglichen mit dem, was man mit dir anstellen muss, um das Intraface in Gang zu bekommen.«
    Li biss sich auf die Lippe und rutschte unbehaglich hin und her, während ihre Gedanken um halbbewusste KIs, Kontaktbuchsen und mehrere hundert Meter von Prototypen-Hardware
kreisten, die Sharifi zum Zeitpunkt ihres Todes mit sich im Kopf herumgetragen hatte. Wieso planten sie schon die konkrete Ausführung dieser Mission, obwohl sie noch gar nicht darüber diskutiert hatten, ob sie Korchow überhaupt erlauben würde, das Intraface an ihr zu testen?
    Hatte sie diese Entscheidung wirklich selbst getroffen? Oder hatte Cohen sie dazu überredet wie ein Schachmeister, der seinen Gegner zu genau den Spielzügen verleitete, die er erwartete? Hatte Nguyen recht, was ihn anging? Und selbst wenn nicht, wenn seine Absichten redlich waren: Was wollte er wirklich von ihr?
    »Hat eigentlich schon einmal jemand dieses Intraface-Ding getestet?«, lautete die einfache, emotionell neutrale Frage, zu der sie sich schließlich durchrang.
    »Ich glaube, es gibt irgendwo einen Affen, der so ein Ding im Kopf hat.«
    »Oh.« Li lachte nervös. »Wie geht’s ihm denn?«
    »Er ist verrückt.«
    »Cohen!«
    »Aber es gibt Hinweise, dass er von Anfang an verrückt war. Und außerdem ist er ja nur ein Affe.«
    Er deutete auf das Netzwerk aus Gassen und Feuerwänden um den Hintereingang des Labors. »Na gut. Hier ist meine erste brillante Idee. Wir führen um diese Tür eine Notabschaltung herbei, dann kommst du durchs Sicherheitsnetzwerk. «
    »Was bedeutet, dass du auf der Station sein musst, um an der Haupt-KI herumzufummeln. Was wiederum bedeutet, dass eine zweite Person für dein Overlay benötigt wird. Was wiederum bedeutet, dass das Risiko, erwischt zu werden, sich verdoppelt.«
    Je länger sie daran arbeiteten, desto kürzer wurde die Liste der realistischen Möglichkeiten. In Alba einzudringen
war ungefähr so, als baue man ein Kartenhaus; jedes neue Puzzlestück, das man einsetzte, führte zu einer neuen Lücke, einem neuen Problem, einem neuen Fehlschlag, der sich ereignen konnte.
    Sie gingen alles noch einmal durch, diskutierten die Tücken und Probleme, bis sie schließlich etwas vor Augen hatten, das wie ein Plan aussah. Zumindest soweit es die Umgehung der Checkpoints und die tatsächliche Beschaffung der Daten anging.
    Aber sie waren immer noch unschlüssig, wie sie Li in Alba einschleusen sollten.
    »Warte mal«, sagte Li und packte eine flüchtige Idee am Schwanz, die auf eine praktikable Möglichkeit hindeuten mochte. »Blende doch noch mal den ersten Abschnitt ein, den wir uns angesehen haben. Die Hydrokultur-Abteilung.«
    Cohen ging ein halbes Dutzend Bildschirme zurück, bis sie den Plan wieder vor Augen hatten.
    »Was ist mit diesen Türmchen?« Sie deutete auf eine Reihe von zehn Meter hohen Türmen, die durch den dicken, borstigen Pelz aus Spanndrähten, Sensorlinsen und Kommunikationsaggregaten auf der Außenhülle der Station ragten. »Sie sehen wie Belüftungseinrichtungen aus.«
    »Stimmt.« Ein Ausdruck überflog Chiaras Gesicht, der auf Li wirkte, als wüsste Cohen genau, worauf sie hinauswollte. »Dekontaminationsventile für die Algenbecken. Und?«
    »Als ich Alba das letzte Mal besucht habe, war es sehr voll.«
    »Ist immer so.«
    »Nun, wie hoch ist die tägliche CO 2 -Belastung?«
    Cohen schwieg für einen Moment, um die Daten abzurufen. »60 000 Kubikmeter. Und um deiner nächsten Frage vorzugreifen: Es werden täglich etwa 1800 Kubikmeter an komprimiertem Sauerstoff angeliefert.«

    »Und wohin verschwindet das überschüssige CO 2 ?«
    »Es wird offensichtlich durch diese Türmchen abgeleitet. «
    »Und wo Gas austreten

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