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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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eines Mannes, den sie noch nie getroffen hatte und dem sie nicht blind vertrauen sollte. Schlimmer noch, sie musste unten im Schacht sein, wenn sich die Luke öffnete, und bereit sein, sich sofort hindurchfallen zu lassen. Und um dorthin zu gelangen, musste sie zwanzig Meter gegen die volle Rotationsschwerkraft der Station anklettern, durch eine Rinne, die so schmal war, dass selbst sie kaum ihre Schultern hineinzwängen konnte. Wenn die Luke nicht geöffnet wurde, wenn etwas schiefging, wenn der Kontaktmann sie im Stich ließ, gäbe es keinen anderen Ausweg als durch die rotierenden Turbinen.

    Li hatte gelacht, als sie den Plan sah, und Cohen gesagt, wie gut es doch wäre, dass sie in jungen Jahren mit dem Rauchen angefangen hatte. Jetzt lachte sie nicht mehr.
    »Gehen wir noch einmal den Plan durch«, sagte Cohen, als sie die Durchsicht beendet hatten.
    Li rollte mit den Augen. Sie waren den Plan schon viermal durchgegangen – dreimal mehr, als ihr lieb war. »Cohen«, sagte sie, »vergeude nicht meine Zeit, ja?«
    Arkady wandte sich ihr überrascht zu. Cohen hatte an Bord des kleinen Starling keinen Körper zur Verfügung, aber seine Missbilligung war über die Computerkonsolen klar und deutlich wahrzunehmen.
    »Ich muss etwas essen«, sagte Li in das plötzliche Schweigen hinein und stieß sich zur Kombüse hin ab.
    Die Kombüsenregale gaben nichts mehr her außer einem kleinen Beutel mit algenfarbenem Haferbreiersatz und einer völlig zermanschten Packung mit rekonstituiertem Gemüse. Der Haferbrei schmeckte nach Schimmel, und das Gemüse sah noch schlimmer aus, aber beides füllte immerhin den Magen. Li unterdrückte den Drang, das Abendessen ausfallen zu lassen, und erinnerte sich daran, dass sie eine lange, kalte Nacht vor sich hatte. Sie schüttelte die Beutel, um die internen Aufwärmelemente in Gang zu setzen, drückte den nun lauwarmen Inhalt in einen abgenutzten Saugbeutel und schwebte aufs Vorderdeck zurück.
    »Wir müssen noch einmal unser Timing durchsprechen«, sagte Cohen, als sie in die Hauptkabine trieb.
    »Später«, sagte sie. »Ich muss meine Ausrüstung packen. Ich wollte dir nur sagen, dass ich jetzt unten auf dem Frachtdeck bin.«
    »Das kann warten.«
    »Nein, das kann nicht warten.« Es war unmöglich, jemanden niederzustarren, der keinen Körper hatte, aber sie
warf ihren besten finsteren Blick aufs Hauptinstrumentenpult. »Du kennst dich in deinem Job aus, und ich in meinem. Meine Waffen und Ausrüstung zu verstauen, ist mir jetzt wichtiger als noch eine Besprechung. Das können wir hinterher machen. Wenn ich dann noch Zeit habe.«
    »Nimm dir die Zeit«, sagte Cohen.
    Hätten sie sich nicht in der Schwerelosigkeit befunden, dann hätte Li gegen etwas getreten.
     
    Ihre Laune besserte sich vorübergehend, als sie eine Bestandsaufnahme ihrer Waffen vornahm. Korchow hatte alles geschickt, was sie verlangt hatte. Selbst die ausgefallensten Wünsche waren ohne Murren erfüllt worden.
    Zwei lange, schmale Kisten enthielten taktische RPK-Präzisionsimpulsgewehre von mittlerer Reichweite und ohne strukturschädigende Wirkung, beide mit eigens angepasster Visieroptik und austauschbaren Systemschalldämpfern. Eine andere, etwas sperrigere Kiste, gesichert mit einem Zweischichten-Vakuumverschluss, enthielt den sich selbst versiegelnden Druckanzug, den Li auf dem Weg durch die CO 2 -Ventile tragen würde – und dessen interaktiver Tarnüberzug ihr Gesicht verbergen würde, falls etwas schiefging und jemand sie sah. Eine große Lattenkiste enthielt den Rest ihrer Ausrüstung: Karabiner, Enterhaken und Seile für die Klettertour außerhalb der Station; einen Power-Handrechner; einen Dietrich-Satz für das Eindringen ins Labor selbst; einen gehackten Hauptschlüssel – von Korchow zur Verfügung gestellt –, der es ihr ermöglichen sollte, das Hochsicherheitslabor zu verlassen und zur Luftschleuse im öffentlichen Bereich zu gelangen, wo Arkady sie erwarten würde, wenn sie den Zielcode beschafft hatte.
    Sie brauchte eine Stunde und vierzig Minuten, um das Material auszupacken und einsatzfähig zu machen. Die besten
hundert Minuten der letzten paar Wochen. Wenn man sich als privater Leibwächter an solchem Equipment erfreuen durfte, dachte Li, könnte sie sich daran gewöhnen.
    Als sie ihr Seil zusammengerollt, ihr Klettergeschirr sortiert und die Impulsgewehre ausgepackt, geölt und zusammengesetzt hatte, trat sie zurück und betrachtete die gesamte Ausrüstung kritisch. Dann zog sie sich in

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