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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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dem Kopf stehend, und hob eine Augenbraue. »Ich glaube, es ist ihr klar«, sagte Arkady mit verlegener Stimme.
    »Hört mal«, sagte Li. »Es ist nicht das erste Mal, dass ich einen heißen Tanz vor mir habe. Ihr hier solltet einfach darauf achten, dass euer Hosenstall nicht offen steht, und den letzten Tanz für das Mädchen reservieren, mit dem ihr gekommen seid.«
    Sie visierte einen blassen Fleck an der Wand gegenüber an, einen verblassten Fingerabdruck, den ein Mannschaftsmitglied auf einer früheren Mission zurückgelassen hatte. Sie schloss die Augen und stieß sich zu einem engen Rückwärtssalto vom Schott ab, wobei sie ihre Trägheitsaggregate testete, nach Fehlerquellen suchte, das Netzwerk aus Fromherzknoten und Keramstahlfäden kalibrierte, das sich in einem Spinnennetz über ihr Rückgrat zog und in alle Muskeln, Sehnen und Fingerspitzen verzweigte.
    Es war ein hübsches Kunststück, aber auch ein guter diagnostischer Test. Einer ihrer liebsten. Besonders in der
Schwerelosigkeit. Und es war eine dieser kleinen Dummheiten, für die Cohen sie immer tadelte.
    Nun ja, heute verzichtet er wohl darauf, dachte sie, als ihr linker Fuß 0,28 cm neben dem Ziel das Deck berührte – und ganz plötzlich wurde ihr klar, wie viel Angst sie hatte.

Alba: 28.10.48.
    02:18:00
     
    Die Außenluke schob sich vor das andere Ende der Luftschleuse, als Li gerade den Raumanzug übergestreift hatte und die Wärme- und Luftzufuhr überprüfte. Arkady zog seine Impulspistole, legte mit dem Daumen den Sicherungshebel um und richtete sie auf Lis Brust. Er hob die schmalen Schultern zu einem traurigen kleinen Achselzucken. »Tut mir leid.«
    Li antwortete nicht; er hätte sie durch das doppelt versiegelte Visier ihres Helms ohnehin nicht gehört. Als sich die Innenluke hob, warf sie einen Blick zurück, überprüfte ihre Statusanzeigen und trat hinaus.
     
    02:20:04
     
    Sie schwebte aus der Luftschleuse in den offenen Weltraum, drehte sich langsam durch den Schwung eines nicht richtig dosierten Froschsprungs. Sie berechnete ihre Flugbahn neu, betätigte ihre Manövrierdüsen, um wieder auf Kurs zu kommen, und als sie sich vergewissert hatte, dass sie Albas Außenhülle trotz allem ziemlich nah an der vorgesehenen Stelle erreichen würde, entspannte sie sich und
verfolgte, wie ihre Implantate die Meter und Sekunden herunterzählten.
    Sie schaute zum Starling zurück. Das Schiff war schon unsichtbar. Seine fraktale Absorptionsbeschichtung war so effektiv, dass sie Lis Augen selbst aus so geringer Entfernung täuschen konnte. Sie schaltete ihre Infrarotsicht ein, um sicherzugehen, und suchte nach einem Wärmeleck, aber es war nichts außer einer schwachen Spur Wärme zu erkennen, die genauso gut von einer Abluftfahne aus der Station oder von der thermischen Heckwelle des letzten Pendler-Shuttles herrühren konnte. Sie hoffte, dass die Abschirmung gut genug war, um nicht nur sie zu täuschen, sondern auch die Techniker der Friedenstruppen, die die Flugverbotszone um Alba streng überwachten.
     
    02:23:07
     
    Während sie sich der Station näherte, konnten nicht einmal ihr regelmäßiges Außentraining und ihre Kampferfahrung etwas gegen das unvermeidliche Gefühl der Desorientierung ausrichten. Die metallische Hülle der Station rotierte immer schneller. Zu dem Zeitpunkt, als sie sich ihr auf fünf Meter angenähert hatte, raste sie an ihr vorbei wie ein Frachtzug.
    Cohen hatte ein Gewirr aus Funk- und Ansibel-Empfängern in der Mitte der Station als Landeziel ausgesucht, weil er davon ausging, dass das Antennendickicht ihre Annäherung tarnen würde und dies das Risiko wert war, irgendwo hängenzubleiben. Li musste sehr genau darauf achten, wohin sie steuerte, und mit den Düsen ihre Flugbahn korrigieren, damit sie sich nicht zwischen den Masten und Drähten verfing.
    Verdammt noch mal, Cohen, dachte sie; ein einigermaßen scharfer Beobachter brauchte keine Wärmesignatur,
um ein Bündel von Manövrierdüsen auszumachen. Und wenn man sie draußen erwischte, selbst in einem Raumanzug, wären die Folgen nicht auszudenken.
    Im letzten Moment vor dem Aufprall schaltete sie die Düsen auf Umkehrschub, schwebte über der Hülle und versuchte die Rotationsrichtung der Station auszumachen. Sie holte tief Luft, richtete ihre Enterausrüstung und wagte einen Sprung.
    Der Aufprall riss ihr den Kopf zurück und ließ ihre Augen tränen. Das Universum kehrte sich von innen nach außen, und der Himmel fiel ihr auf den Kopf. Der Frachtzug, der

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