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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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Reflexe überlisten konnte. »Lassen Sie mich bitte nicht so sterben. Bitte, Li.«
    Sie erinnerte sich an ihren Vater, blau angelaufen, an seiner eigenen Galle erstickt. Das Geschwür hatte 20 Prozent des verbliebenen Lungengewebes befallen, als die letzten Röntgenaufnahmen gemacht wurden. Der Arzt sagte, es sei größer als die meisten Säuglinge, die in diesem Jahr in Shantytown geboren wurden.
    Ihre Messerhand zitterte. Sie nahm die Information so gleichgültig zur Kenntnis, als sei es die Hand eines anderen.
Abgehakt. Umgeleitet. Angepasst. »Dann reden Sie«, sagte Li und ließ die Klinge über die dünne Ummantelung der Zufuhrleitung kratzen.
    »O.k.! Scheiße. Es ist Kintz. Und zwei andere.« Er nannte zwei Namen, die sie nicht erkannte. »Sie sollten niemanden umbringen. Sie sollten warten, bis Korchow und die KI erledigt sind, und dann Sie und Bella in Gewahrsam nehmen. Lebend, wenn möglich.«
    Li stockte der Atem. »Was soll das heißen, bis die KI erledigt ist?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Sie drehte das Messer.
    »Ich schwöre, ich weiß es nicht. Sie sagte nur, dass die KI beseitigt wird. Dass wir uns keine Sorgen um sie machen müssen.«
    Sie sagte …?
    Natürlich, begriff Li. Sie hatte die Antwort die ganze Zeit vor Augen gehabt. Die Antwort, die sie nicht sehen wollte, die zu sehen sie sich nicht leisten konnte.
    Dies war ein Schachspiel, und zwar eines, das bereits zu weit gegangen war, um etwas anderes zu sein als ein tödlicher Zweikampf zwischen zwei gleichermaßen verschlagenen und erfahrenen Gegnern. Haas war nicht der Spieler, der Korchow auf der anderen Seite des Bretts gegenübersaß. Er war es nie gewesen.
    Die ganze Zeit, immer wenn Haas sie in die Irre führte oder ihre Ermittlungen sabotierte, hatte sie sich wie eine kleine Idiotin an Nguyen gewandt, Cohens Warnungen nie richtig zur Kenntnis genommen, nie lang genug nach oben geblickt, um die schattenhafte Hand zu erkennen, die über Haas, über Voyt, über McCuen schwebte. Und jetzt, da es zu spät war, sah sie diese Hand mit schmerzhafter Klarheit.
    Wer war die einzige Person, die sich in der Lage befand, sie und Sharifi gleichzeitig zu kontrollieren? Um den Einsatz
auf Metz, die Ermittlungen im Bergwerk und diese geheime Arbeit auf Alba zu koordinieren? Wer war die einzige Person, die genau wusste, was Cohen riskieren würde, um Li zu retten? Wer verstand sich so gut darauf, die Saat des Misstrauens zu säen, damit sie sich Cohen nicht anvertraute, auch wenn sie ihn am dringendsten gebraucht hätte? Und wer hatte, seit dem Zwischenfall in Tel Aviv, mehr oder bessere Gründe, Cohen beseitigen zu wollen?
    »Was hat Nguyen noch gesagt?«, fragte sie beiläufig, den Blick auf McCuen gerichtet, und betete, dass er zu verwirrt und verängstigt war, um zu begreifen, was sie eigentlich von ihm wissen wollte.
    »Ich weiß es nicht. Oh Gott, Li! Ich schwöre, ich weiß es nicht. Ich habe nur einmal mit ihr geredet.«
    »Sagen Sie mir genau, was sie gesagt hat, Brian. Mehr verlange ich nicht. Dann habe ich einen guten Grund, Ihnen nicht wehzutun.«
    »Sie sagte, ich soll Sie begleiten. Ein Auge auf Sie haben. Und dass Kintz Sie hinterher einsacken würde.«
    »Und die KI?«, fragte Li unwillkürlich.
    »Sie sagte nur, darum wird man sich kümmern. Die KI wäre verschwunden, wenn Ihre Verbindung abbricht.«
    Heilige Mutter Gottes, dachte sie – und verdrängte den Gedanken, dass sie Nguyen geholfen hatte, Cohen zu zerstören. »Was soll Kintz mit uns anstellen?«
    McCuen zögerte.
    »Was, Brian?«
    »Er soll versuchen, Sie lebend zu fassen.«
    »Versuchen?«
    »Wenn es nicht gelingt, soll er Sie umbringen. Sie und Bella.«
    In Lis Magengrube zog sich ein kalter Knoten zusammen. »Was ist mit Gould und der Medusa ? Was ist mit Sharifis Paket?«

    »Nguyen wird beide Schiffe im freien Raum abfangen, wenn sie aus der Slowtime auftauchen. Sie wird verhindern, dass Gould an das Paket herankommt.«
    »Was hat sie Ihnen versprochen, Brian? Geld? Eine Beförderung? Was hatte sie anzubieten, das es wert war, Mirce und Cohen dafür umzubringen?«
    McCuen schaute sie an, die Augen rund und kindlich über dem insektenartigen Mundstück des Beatmers. »Sie sagte mir, Sie seien eine Verräterin.«
    Li sackte in sich zusammen, ließ die Klinge von der Zufuhrleitung rutschen.
    »Und wenn ich Ihnen gesagt hätte, dass ich keine bin?«, fragte sie schließlich.
    »Ich hätte Ihnen geglaubt. Bis heute.«
    Sie sah ihm in die Augen und vergaß, dass er sie nicht

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