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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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dachte einen Schritt weiter. »Ich dachte, Feld-KIs seien gar nicht in der Lage … äh, ihren eigenen Code zu modifizieren.«
    »Nun, zumindest sollten sie nicht dazu in der Lage sein.« Er grinste. »Aber den sogenannten Experten zufolge sollte ich das auch nicht. Sag mir, welchen sinnlosen Auftrag sollst du für Nguyen auf Compsons Planet erledigen? Wie lautet die offizielle Version? Wie viel hat sie dir davon verraten, was wirklich los ist?«
    »Ich glaube nicht …«
    »Mein liebes Mädchen, du sitzt in meinem Haus und stellst mir Fragen.« Er warf den Kopf zurück, schloss die Augen und blies einen kunstvollen Rauchkringel. »Wenn es kein Geben und Nehmen ist, wüsste ich nicht, warum ich dir überhaupt etwas sagen sollte.«
    Sie verriet es ihm. Er ließ sich gegen die hohe Rückenlehne des Sofas zurücksinken und hörte ihr zu, und das langsame Auf und Ab von Rolands Bauchdecke war sein einziges Lebenszeichen. Als sie fertig war, schaute er an
die Decke und blies weitere Rauchkringel, bevor er etwas erwiderte.
    »Dreierlei«, sagte er schließlich. »Erstens: Helen hat dir nichts gesagt. Jedenfalls nichts Nennenswertes. Zweitens: Was du machst, ist keine ordentliche Untersuchung sondern ein wenig Reinemachen. Drittens: Sie will auf keinen Fall, dass bekannt wird, woran Sharifi gearbeitet hat. Sonst hätte sie dich nicht für diesen Job ausgesucht.«
    »Von Aussuchen kann keine Rede sein«, log Li. »Ich war einfach gerade in der Nähe.«
    »Hmm. Schon seltsam, dass du zufällig in der Nähe warst.«
    »Sieht so aus.«
    Cohen schnaubte pikiert. »Tu nicht so, als wärst du eine einfache Soldatin. Ich kenne dich besser. Nguyen hat dein Verfahren vor dem Kriegsgericht, oder wie immer sie es nennen, auf Eis gelegt, damit sie dich auf eine private Angeltour schicken kann. Du steckst in teuflischen Schwierigkeiten, und sie kennt dich gut genug, um zu wissen, dass du alles tun wirst, um da wieder rauszukommen. Du musst nur eins und eins zusammenzählen, Catherine. Sobald du aus der Reihe tanzt, kannst du deine Fromherz-Knoten darauf setzen, dass es keine zehn Minuten dauert, bis sie dich höflich daran erinnert, dass sie deine Karriere in der Hand hat.«
    Li rutschte unbehaglich auf dem Plüschsofa herum. »Das ist eine sehr misstrauische Betrachtungsweise.«
    »Was genau der Grund ist, warum ich mir sicher bin, dass du selbst schon auf diese Idee gekommen bist.« Er grinste. »Außerdem habe ich großen Respekt vor Helen. Sie ist bewundernswert erbarmungslos, und es ist immer erbaulich, einen Meister bei der Arbeit zu sehen. Ich würde dir übrigens raten, ihr nicht zu sagen, dass du mich besucht hast. Sie ist im Moment nicht gut auf mich zu sprechen. «

    Li widerstand der Versuchung, ihn darauf aufmerksam zu machen, dass Nguyen vielleicht Gründe dafür hatte. Stattdessen fragte sie: »Was kannst du mir über Hannah Sharifi sagen?«
    Cohen lächelte. »Was willst du wissen?«
    »Alles. Hast du sie persönlich gekannt?«
    Das Lächeln wurde breiter.
    »Mein Gott, Cohen, gibt’s jemanden, mit dem du noch nicht geschlafen hast?«
    Er seufzte prahlerisch. »Oh, verschone mich mit deiner puritanischen Bergmannstochtermoral. Wenigstens spreche ich mit meinen Ehemaligen. Nicht so wie gewisse andere Leute.«
    »Spreche ich etwa nicht mehr mit dir?«, sagte Li ausdruckslos.
    Zum ersten Mal seit Lis Ankunft sahen sie sich in die Augen – richtig in die Augen.
    Cohen wandte den Blick als Erster ab und beugte sich vor, um die Asche von seiner Zigarrette abzuklopfen. »Ich glaube nicht, dass man es dir dankt.«
    Li stand auf und ging im Zimmer umher.
    An den grasgrün tapezierten Wänden hingen Gemälde längst vergessener Komtessen und Marquisen aus dem neunzehnten Jahrhundert. Der Jaquet-Droz-Automat auf dem Kartentisch konnte Nachrichten von bis zu vierzig Zeichen in jedem Alphabet schreiben, mit dem Kopf nicken und in einer mechanischen Imitation echten Atmens die mit Buckram ausgestopfte Brust heben und senken. Auf den Bücherregalen standen Schnappschüsse von Wissenschaftlern, die vor efeuberankten Gebäuden posierten, darunter ein Erstdruck einer berühmten Aufnahme des ursprünglichen Hyacinthe Cohen auf irgendeiner historischen KI-Konferenz vor der Evakuierung. Daneben standen einige neuere Fotos des Cohen, den sie kannte – oder
besser Fotos hübscher, ihr unbekannter Gesichter mit seinem durchtriebenen Lächeln. Auf Partys. Beim Spielen mit seinen Hunden. Bei einem Gespräch mit dem israelischen Premierminister.

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