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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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einfangen. Und selbst die bekommt man heutzutage eher von Menschen.«
    McCuen schüttelte einfach nur den Kopf und erzeugte in seiner Kehle ein Geräusch, als würde er ausspucken. »Haben Sie noch weiter über Gould nachgedacht?«, fragte er.
    Li zuckte die Achseln.
    »Warum in die Slowtime?«, fragte McCuen. »Das frage ich mich die ganze Zeit.«
    Sie bewegten sich jetzt über den Hauptsteg. Er war immer noch breit genug, um Seite an Seite zu gehen, aber die Decke wurde bereits niedriger und zwang McCuen, den Kopf einzuziehen und nach Art der Bergleute die Knie zu beugen.
    »Das hört sich so an, als hätten Sie eine Theorie«, wagte Li einen Vorstoß.
    »Na ja, eigentlich nicht, aber …«
    »Aber was?«
    »Mir ist der Gedanke gekommen, dass es vielleicht gar nicht darum geht, Gould … oder was sie vielleicht bei sich
hat … nach Freetown zu bringen, sondern zu verhindern, dass jemand sie in die Finger bekommt, bevor sie dort eintrifft. «
    Li blieb stehen. Die Idee hatte etwas für sich. »Sie wollen damit sagen, dass der Flug den Zweck hat, jemand oder etwas vorübergehend aus dem Verkehr zu ziehen?«
    »Nun, so habe ich’s noch nicht betrachtet, aber … ja, warum nicht? Überlegen Sie mal: Seit dem Eintritt in die Slowtime ist das Schiff praktisch verschwunden. Kein Funkkontakt. Keine Möglichkeit, es aufzuhalten, zu betreteten oder auch nur zu finden. Was uns betrifft, existiert es nicht einmal.«
    »Bis es Freetown erreicht.«
    »Richtig.«
    »Sie nehmen an, dass es ihr nichts ausmacht, ob wir den Zweck ihrer Reise erfahren, bevor sie dort eintrifft.«
    »Richtig.«
    »Weil …?«
    »Weil, wenn sie dort eintrifft, es für uns schon zu spät sein wird, sie aufzuhalten?«
    Li starrte auf den Boden, auf den Kohlestaub, der bereits ihre Stiefel verdreckte, und ihre Gedanken überschlugen sich.
    »Es war nur ein Gedanke«, sagte McCuen. »Ich schätze, es kommt nicht viel dabei heraus, wenn man es so betrachtet. «
    »Doch«, sagte Li langsam. »Es ist gar nicht so dumm. Es könnte was dran sein.«
    Er sah sie von der Seite an, sein Gesicht ein heller Fleck Lampenlicht in der Dunkelheit. »Was machen wir jetzt?«, fragte er.
    »Wir gehen unseren anderen Spuren nach und hoffen, dass wir diese verdammte Geschichte innerhalb der nächsten drei Wochen aufgeklärt haben.«

    McCuen grinste. »Mit den anderen Spuren meinen Sie Louie?«
    »Mit den anderen Spuren meine ich Louie.«
    Nach Lis Messung waren sie sechs Kilometer Luftlinie vom Schacht entfernt, als der Laufsteg plötzlich eine scharfe Biegung machte und in eine lange Kammer mit hoher Decke abfiel, die vorübergehende Position der Schnittkante Süd 8. Die Vermessungsteams waren offenbar schon hier gewesen und hatten nennenswerte Kristallablagerungen ausgeschlossen; die Bergleute hatten bereits ein großes Stück Kohle abgesprengt und zerlegten es mit einem auf Schienen montierten Rotationsschneider. Die große Maschine stieß eine dicke Wolke von rußigem, schwarzem Dieselrauch aus und machte so viel Lärm, dass sie die Decke fast von allein zum Einsturz gebracht hätte. Es hatte keinen Sinn, mit jemandem zu reden, der gerade an der Schnittkante arbeitete, deshalb zogen sich Li und McCuen in den am besten geschützten Winkel zurück, den sie finden konnten, und sahen zu.
    Irgendjemand hatte sie offenbar gesehen; als die Mannschaft eine Pause einlegte, um den Rotationsschneider vom Schutt zu befreien und auf den Schienen ein Stück weiterzuschieben, schob der Vorarbeiter seine Schutzbrille auf die Stirn und kam zu ihnen herüber.
    »Louie«, sagte McCuen mit einem Grinsen.
    Louie war mindestens so groß wie Haas, aber er hatte kein Gramm Schreibtischtäterfett an seinem massigen Körper. Er bestand nur aus drahtigen Bergarbeitermuskeln – ein Mann, der geschaffen schien, um Berge niederzureißen. Er zog einen schmutzigen Lappen aus seinem Overall und wischte sich damit die Hände ab. Für Li sah es so aus, als ob er den angesammelten Kohlestaub und Dieselschmiere nur von einer knotigen Hand auf die andere verrieb.

    Als er damit fertig war, zog er aus einer verborgenen Tasche eine Takakdose und bot jedem etwas an. Li und McCuen winkten ab. Louie zog einen Priem Kautabak hervor und stopfte ihn sich hinter die Backe.
    »Also«, sagte er und sah McCuen von oben bis unten an. »Sein Massa in großes Haus nett zu euch?«
    »Sehr lustig«, sagte McCuen und wandte sich Li zu. »Louie und ich sind zusammen zur Schule gegangen.«
    Louie lachte. »Jedenfalls auf die

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