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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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Körper.«
    Li schauderte. »Die Konstrukte, die wir in den Laboren gesehen haben, das waren also nur … Wirte?«
    »Genau.«
    »Und was ist das?« Sie deutete auf die Spirale, die zwischen ihnen auf dem Tisch lag.
    »Mach dir keine Gedanken darüber. Es ist nichts. Ein Stück Zubehör. Eins von diesen Kleinigkeiten, die man mit dem eigentlichen Equipment mitgeliefert bekommt, in eine Schublade legt und wieder vergisst. Nein, was du wirklich brauchst, ist die KI-seitige Komponente des Intraface. Diese ist in irgendeine KI geladen, vermutlich eine KI, die
als nonautonomes Anhängsel eines emergenten Netzwerks läuft. Wenn du das findest, wirst du genau wissen, womit du es zu tun hast.«
    »Genau das frage ich dich, Cohen. Wo ist es? Nguyen hat dich mit Technologie bezahlt. Was wolltest du damit anstellen? Wozu will die EBKL das Ding haben?«
    »Die EBKL will es nicht«, sagte Cohen. »Nur ich.«
    »Warum?«
    Cohen wollte etwas sagen, aber dann biss er die Zähne zusammen und wandte sich ab, um eine weitere Zigarette zu entzünden. »Halt dich aus dem Spinstrom raus«, sagte er. »Ich schnüffele gerade ein bisschen in den EBKL-Datenbanken rum, plaudere mit ein paar alten Bekannten und schau mal, was ich herausbekomme, ohne ungewollte Aufmerksamkeit zu erregen. Du fährst wieder in den Bergwerkschacht runter. Versuche herauszubekommen, was genau Sharifi dort gemacht hat. Und rufe mich nicht an. Nguyen lässt mit Sicherheit deinen Mailausgang überwachen, und ich glaube, es ist sicherer, wenn wir nicht miteinander reden, bis ich eine Verschränkungsquelle außerhalb des Stroms eingerichtet habe.«
    Er stand auf und warf einen Blick auf seine Armbanduhr, ein hauchdünnes Gebilde aus rosig getöntem Gold, in dessen glatte Oberfläche ein stilisiertes Templerkreuz eingeprägt war. Es wurde Zeit. Li hatte offenbar alle Antworten erhalten, die sie heute bekommen konnte.
    »Dann mal los.« Er lächelte, fasste sie an der Hand und zog sie mit sanfter Gewalt auf die Füße. »Gehen wir ein Stück durch den Garten. Vielleicht sind die Vögel draußen. Habe ich dir schon erzählt, dass unsere biologische Forschungsabteilung eine Fahlstirnschwalbe rekonstruiert hat, die sich auf natürliche Weise fortpflanzen kann? Und ich kann dir neuen Flieder zeigen. Einen Flieder, der selbst deiner barbarisch pragmatischen Seele gefallen wird.«
    Er hakte sich bei ihr unter, und sie traten gemeinsam durch die hohen Türen ins grün gesprenkelte Sonnenlicht seines privaten Dschungels.

Anakonda-Lagerstätte: 16.10.48.
    S ie brachten gerade die Ratten zurück, als Li und McCuen am nächsten Morgen den Grubenkopf erreichten.
    Sie transportierten sie in Fallen und zerbeulten rostigen Käfigen und jeder erdenklichen Art von Behältern. Die Bergleute brachten sie sogar aus Shantytown in den Oberflächenshuttles mit, als sie zur Schicht kamen. Sechs volle Fallen fuhren mit Li und McCuen im selben Käfig nach unten, und als sie unten ankamen, warteten die Grubenponys schon darauf, sie auf Kohlewagen zu verladen und sie in die entferntesten Winkel der Grube zu karren. Auf dem Grubenboden stapelte sich eine solche Unmenge von Käfigen, dass Li vermutete, die Verlagerung sei bereits seit mindestens ein oder zwei Schichten im Gange.
    Kein Schichtleiter tauchte auf, um dem ein Ende zu machen. Das hätte keiner gewagt: Einige der hartnäckigsten Spontanstreiks in Compsons Geschichte waren ausgebrochen, weil Minenratten vergiftet worden waren. Die Bergleute liebten ihre Ratten. Sie wurden ihre Freunde. Sie glaubten an sie. Die Ratten rochen Giftgas sehr viel früher, als es ein Mensch oder Neomensch vermochte, und sie waren auf das Ächzen und Knacken der Decke trainiert, die unmerklichen Anzeichen, die einem großen Grubeneinsturz vorausgingen. Wenn die Ratten die Mine verließen,
war eine Katastrophe im Anzug. Wenn die Ratten blieben, war es sicher – oder zumindest nicht riskanter als sonst.
    »Wie können sie das aushalten?«, brummte McCuen, als sie auf den großen Laufsteg stiegen.
    Li folgte seinem Blick zu einem Bergmann, der auf einem Steinbrocken saß, Teile seines Butterbrots zerkrümelte und an ein Trio von Ratten verfütterte. Es war ein unheimlicher Anblick: die von Kohle schwarze Haut des Bergmanns, der schwarze Pelz der Ratten, ihre runden schwarzen Augen auf die schmierigen Fingerspitzen gerichtet, die immer wieder in die glänzende Lunchbox griffen.
    »Sie sind ziemlich sauber«, sagte sie. »Außer Pest kann man sich nicht viel von ihnen

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