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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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nicht wahr?« Sie hatte das fremdartige Wirrwarr der
KI-Politik nie durchschaut, aber so viel wusste sie immerhin.
    »Separatisten wäre wohl eine etwas fairere Bezeichnung. Wie ich schon sagte, sind die meisten Emergenten nicht sonderlich an Menschen interessiert.«
    »Aber das Konsortium war doch in den Tel-Aviv-Vorfall verwickelt, oder? Sie haben den Agenten des Sicherheitsrats umgebracht.«
    Rolands Hand hielt auf dem Wege zum Aschenbecher inne, und ein Häufchen Asche rieselte unbemerkt auf die blauen und goldenen Arabesken des Teppichs. »Warum fragst du mich?«, sagte er scharf. »Ich war nicht einmal dort.«
    »Ich wollte damit nur andeuten, dass die KIs, die dem Konsortium angehören, dieses Intraface benutzen könnten, wenn sie einen Grund dazu hätten.«
    »Natürlich könnten sie.«
    Li schluckte. »Und du auch, nicht wahr? Genau genommen könntest du besser damit umgehen als jede andere KI. Weil du menschlicher bist, habe ich recht? Weil du Daten mithilfe von Emotionen, nicht mit Logik verarbeitest. Du wirst in allen Lehrbüchern über emergente Systeme als die einzige von Affektschleifen gesteuerte KI im 21. Jahrhundert angeführt, die nicht unter Dekohärenzen gelitten hat und verschwunden ist … wohin auch immer sie verschwinden, wenn es geschieht. Du bist praktisch eine Spezies für sich.«
    Für einen Moment rechnete sie damit, dass er nicht antworten würde. Seine Zigarette knisterte und rauchte. Ein weiterer kleiner Ascheregen rieselte auf den Boden. Draußen vor den hohen Fenstern sangen Vögel. Und währenddessen saß er so vollkommen bewegungslos da, ohne auch nur zu atmen, dass Rolands hübsches Gesicht wie aus Stein gemeißelt wirkte.

    Als er endlich antwortete, tat er es mit einer Stimme, die so weich und kühl war wie fallender Schnee. »Wenn du damit etwas andeuten willst, Catherine, warum sprichst du es dann nicht einfach aus?«
    Li blickte auf die grünen Blätter hinaus, die unter so blendend weißen Schneefeldern und so strahlend blauen Meeren zitterten, dass man sich fast einbilden konnte, man blicke auf Wolken und den Himmel hinaus und stünde auf festem Boden und nicht an einen rotierenden Ring aus vakuumgehärtetem Virustahl gekleistert. Dann beugte sie sich vor und stellte endlich die Frage, die ihr seit ihrer Ankunft auf der Zunge gelegen hatte: »War dies das technische Artefakt, das wir auf Metz finden sollten, Cohen? Bist du hinter dem Intraface her gewesen?«
    Er schüttelte sich, drückte die Zigarette aus und beugte sich vor, um sie eindringlich anzusehen. »Wie kommst du auf die Idee?«
    »Der Sonnenaufgang.« Sie deutete auf das Relief auf dem schwarzen Kästchen. »Das Symbol war dort auf den Boden gemalt.«
    »Ich glaube nicht, dass du dich daran erinnern solltest, Catherine.«
    Sie zündete sich selbst eine Zigarette an.
    »Ist bei dir etwas durchgesickert? Hast du den Psychotechnikern davon erzählt?«, fuhr er fort. »Nein, natürlich nicht. Das solltest du aber, Catherine. Du spielst mit dem Feuer.«
    Sie lachte spöttisch. »Du glaubst doch nicht ernsthaft an dieses Gerede über Gedächtnisbereinigung zum eigenen Besten? Damit wir einfachen Soldaten nicht unten den hässlichen, aber unumgänglichen Dingen leiden, die man uns machen lässt?«
    »Du kennst mich doch wohl besser. Aber wenn dein Wet-RAM in deine editierten Dateien abfärbt, ist mit deinen
Implantaten etwas ernsthaft nicht in Ordnung. Du bist so umfassend verkabelt, dass du keine Fehlfunktionen deiner Implantate riskieren kannst. Mein Gott, such dir Hilfe. Wenn Geld ein Problem ist, zahle ich auch dafür.«
    »Wer hat dich darum gebeten? Beantworte mir nur eine Frage, Cohen. Haben wir auf Metz nach diesem Ding gesucht? «
    »Nein …«
    Li stand auf. »Ich glaube dir nicht. Und ich hab’s nicht gern, wenn man mich belügt.«
    »Setz dich«, sagte er – und dabei hatte er eine Schärfe in der Stimme, die sie zwang, ihm zu gehorchen. »Ja, wir haben auf Metz nach dem Intraface gesucht. Aber nicht nach dieser Komponente. Wir haben nach dem Wetware-Schaltschema und den Psychoware-Quellcodes gesucht.« Er hielt den Blick fest auf sie gerichtet und beobachtete ihre Reaktion. »Hör zu, das hier ist kein VR-Kit oder die Bastelei eines UN-Handlangers. Dies ist ein echtes neurales Netz, sowohl auf Seiten der KI wie auf Seiten des beteiligten Menschen. So etwas kann man nicht in einer Viru-Matrix züchten – nicht wenn das Gerät selbst sich noch im Versuchsstadium befindet. Dazu braucht man einen

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