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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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sich nicht von der Firma Luft zu kaufen.«
    Li setzte sich, lehnte gegen ein zutage tretendes Stück Grundgestein und schnallte den Beatmer ab. »Gehen wir ihn suchen«, sagte sie.
    McCuen zögerte. »Vielleicht sollten wir warten.«
    »Wieso denn?«
    Weil McCuen nichts erwiderte, sah sie ihm ins Gesicht und bemerkte etwas, das sie in mehr jungen Gesichtern gesehen hatte, als sie zählen konnte: Angst.
    Sie lächelte aufmunternd. »Auf dieser Höhe kann uns nichts passieren, Brian. Schauen Sie doch mal auf Ihre Spohr-Plakette. Wir sind in … in etwa zwanzig Minuten wieder oben. Nichts, was Sie in den nächsten zwanzig Minuten einatmen, wird Sie umbringen. Es ist gefährlicher, eine Packung Zigaretten zu rauchen.«

    »Sie haben noch keinen gesehen, der an einer Staublunge gestorben ist.« Das Wort »Staublunge« hatte aus seinem Mund einen hohlen Klang.
    Li schüttelte den Kopf und verdrängte die Erinnerungen, die McCuens Bemerkung wachgerufen hatte. »Niemand wird an irgendetwas sterben«, sagte sie.
    Wenig später spuckte McCuen sein Mundstück aus, und sie hörte ein leises Knacken, als er den Beatmer ausschaltete.
    Sie zwängten sich durch den Felsspalt und stiegen den Gang hinauf. Er führte steil aufwärts und folgte dem Bett eines unterirdischen Flusses. Das Wasser war frisch, ohne eine Spur Schwefel, und Li benetzte sich damit das verschwitzte Gesicht und den Hals. Cartwright musste oben etwas Lukratives gefunden haben, dass er diese Strapazen auf sich nahm.
    Bald stiegen sie etwas hinauf, das einer Leiter ähnlich sah, und zogen sich von Griff zu Griff über das nasse, glitschige Gestein. Lis Atem ging schneller und flacher, aber sie wusste nicht, ob es an der Erschöpfung oder der schlechten Luft lag. Nach einer kleinen Ewigkeit wurde der Gang wieder flacher, und das Wasser floss durch einen seichten Graben an der Seite.
    Li stellte sich quer zum Gang und stemmte die Füße an die eine, den Rücken an die andere Wand. McCuen tat dasselbe, auch wenn er weit weniger Bewegungsspielraum hatte. Er japste flach und schnell wie ein Jagdhund, und über seiner Helmlampe flackerte ein geisterhafter blauer Funke. Li schnüffelte und roch einen verräterischen Hauch Veilchenduft. Grubengas.
    McCuen hatte es auch bemerkt. Er warf einen Blick auf seine Spohr-Plakette. Als er wieder aufblickte, hatte er die Augen weit aufgerissen.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Li.

    Er nickte, aber sein Gesicht war blass, glänzte vor Schweiß, und seine Augen glühten fiebrig.
    »Steigen Sie wieder runter«, sagte sie ihm.
    Er schüttelte den Kopf.
    »Na los, oder wollen Sie draufgehen? Ich komme in zehn Minuten nach.«
    Sie sah zu, wie er das steile Stück hinabkletterte und flacheren Boden erreichte. Dann fragte sie sich, ob das, was sie vorhatte, eine gute Idee war.
    Der Gang führte steil aufwärts, und das Grubengas sammelte sich im höchsten Teil der Kammer. Bis sie Cartwright gefunden hat, war die Luft vermutlich so schlecht, dass sie einen unmodifizierten Menschen umbringen würde. Lis bloße Anwesenheit würde so viel über sie verraten, als hätte sie es auf ihren Overall geschrieben. Aber wenn er da oben war, hatten sie etwas gemeinsam. Und warum sollte ein anderes Konstrukt sie verraten?
    Sie nahm ihre Plakette ab und legte sie auf den Boden des Tunnels. Sie ließ Helm und Lampe neben der Plakette zurück, schaltete ihren internen Rekorder aus und ihre Augen auf Infrarot um. Sie konnte ihre Black Box nicht abschalten, aber wenn jemand die Box mit Gewalt öffnen sollte, hätte sie mit Sicherheit größere Probleme als ein paar Techniker von den Friedenstruppen, die herausfanden, dass sie nicht nur zu einem Viertel ein Konstrukt war.
    Der Veilchengeruch wurde stärker. Bald bewegte sie sich durch einen tödlichen Cocktail aus Schwefel und Kohlenmonoxid. Ihre Implantate setzten in ihrem Blutkreislauf einen Schub Reinigungspartikel nach dem anderen frei, um eine Erstickung zu verhindern. Schließlich hörte sie das stetige Pochen eines Felshammers. Cartwright war über ihr. Allein. Ohne Belüftung oder Sauerstoff in einer tödlichen
Wolke Grubengas. Li schüttelte sich wie jemand, der aus einem bösen Traum erwachte, und kroch in die erstickende Dunkelheit hinein.
    Sie stand ihm ganz plötzlich gegenüber – in dieser Schmugglerwelt aus schmalen Gängen und flackernden Lichtkegeln geschah es immer ganz plötzlich. Er unterhöhlte gerade das Flöz und schuf einen Hohlraum, in den die Kohle und Kristalle hineinfallen konnten.

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