Lichtzeit - Gibson, G: Lichtzeit - Nova War
veröffentlichen, ergingen sich die Tach-Net-Nachrichtensender in Spekulationen, dass der Lange Krieg lediglich nichts anderes sei als eine Propaganda, damit die Leute die Friedensbehörde unterstützten. Wieder einmal breitete man sich über Dakotas kriminelle Vergangenheit bis ins kleinste Detail aus, und das Gleiche galt für ihre Beteiligung an einer von Redstones blutigsten Tragödien.
Es bestand nicht der geringste Zweifel daran, dass man ihr die Rolle einer Erlöserin nicht abnahm.
Unterdessen hatte Dakota ihre Drohungen wahrgemacht: Das fünfzig Lichtjahre von der Erde entfernte Aleis-System wurde als Erstes von sämtlichen weiteren Diskussionen ausgeschlossen. Die Handvoll Repräsentanten, die die Regierung nach Ocean’s Deep entsandt hatte, stellte man unter Hausarrest, bis man herausgefunden hatte, ob sie direkt an der versuchten Sabotage beteiligt waren oder nicht.
In der Zwischenzeit überließ man es Corso, ein Dutzend Angestellte zu beaufsichtigen, die sich emsig mit endlosen Wünschen
nach Konferenzen, Klarstellungen, Entscheidungen und den gelegentlichen, unvermeidlichen Drohungen beschäftigten. Aber zumindest schränkte man seine Bewegungsfreiheit nicht länger ein, er konnte hingehen, wohin er wollte, begleitet von einem auf Herz und Nieren geprüften bewaffneten Leibwächter namens Leo.
In dieser Form ging es immer weiter und weiter; man hielt Konferenzen ab, stritt miteinander, stellte seine jeweiligen Standpunkte klar. Nicht selten kam es dabei zu Handgreiflichkeiten, Faustkämpfe waren nichts Ungewöhnliches. Und währenddessen schien Dakota zunehmend in den Hintergrund zu rücken, man sah sie nur selten, aber sie verlor nie den Kontakt.
Als Corso die Arbeit langsam über den Kopf wuchs, verließ er sich immer mehr auf Stellvertreter, die bei den Konferenzen zugegen waren, an denen er nicht teilnehmen konnte. Auf diese Weise nahm die Friedensbehörde endlich Gestalt an und erreichte das Maß an Zuverlässigkeit, das Corso nicht für möglich gehalten hatte, als Dakota zum ersten Mal mit ihm über ihre Pläne sprach.
Nach wie vor trudelten vereinzelte Maschinenkopf-Kandidaten in dem System ein, aber es gab sicherlich noch viel mehr von ihnen, die sich nur noch nicht vorwagten, aus Angst vor öffentlicher Bloßstellung und Repressalien, oder weil sie befürchteten, sie könnten dasselbe Schicksal erleiden wie Jim Krieger. Außerdem baute man medizinische und technische Einrichtungen, finanziert von Bellhaven, um neue Maschinenköpfe zu schaffen – zum ersten Mal wieder seit vielen Jahren. Die Anwärter mussten sich rigorosen psychologischen Tests und gnadenlosen Verhören unterziehen, um sicherzustellen, dass sie keine Neigung zum Selbstmord hatten, die sie hätte veranlassen können, ihr Schiff mitten in einen Stern hineinzusteuern.
Und obwohl es Corso mittlerweile immer schwerer fiel, Dakotas zunehmend länger werdende Abwesenheiten glaubhaft zu
erklären, bemerkte er, wie sich das Verhalten der Leute, die man vorher zwingen musste, ihm Bericht zu erstatten, veränderte; sie begegneten ihm mit einem widerwilligen Respekt, der jedoch im Laufe der Zeit immer aufrichtiger wurde.
Fast drei Monate nach der Schlacht mit den Emissären schreckte Corso aus dem Schlaf auf und wusste, dass er nicht allein war. Mit einem Ruck fuhr er hoch und sah eine Gestalt auf der Kante des Bürosofas sitzen, auf dem er eingenickt war.
Verwirrt blinzelte er, und die Silhouette beugte sich vor, bis das gedämpfte Licht von einem noch eingeschalteten Schreibtischmonitor auf ihr Gesicht fiel.
»Dakota?«
Sie lächelte. »Entschuldige, dass ich dich geweckt habe.«
Er setzte sich aufrecht hin und rieb sich die vor Müdigkeit brennenden Augen.
»Gibt es immer noch Beschwerden, dass zu viele der Navigatoren von Bellhaven stammen?«, erkundigte sie sich.
Als ob du nicht längst alles darüber wüsstest. »Die Proteste sind abgeflaut«, bestätigte er unnötigerweise. »In der letzten Zeit hast du dich hier ziemlich rar gemacht.«
Sie lachte. »Stimmt, mein letzter Besuch liegt … eine ganze Weile zurück.« Die Miene, die sie aufsetzte, als sie eine ganze Weile sagte, jagte ihm einen kalten Schauer über den Rücken. »Ich war sehr beschäftigt. Und in einer Stunde muss ich schon wieder los. Wann ich zurückkomme, weiß ich nicht, Lucas. Vielleicht bleibe ich für immer fort, wenn sich die Dinge nicht so entwickeln, wie ich möchte.«
»Oh.« Schockiert prallte er zurück.
»Damit musste man doch
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