Lichtzeit - Gibson, G: Lichtzeit - Nova War
vielleicht.«
»Der Hive Immerwährendes Licht hat nach wie vor Lucas Corso in seiner Gewalt.« Sie beschloss, Hugh Moss nicht zu erwähnen.
»Uns wurde versichert, dass Sie viel wertvoller sind als Lucas Corso, was immer die Königin vom Immerwährenden Licht glauben mag.«
»Sie haben ja keinen blassen Schimmer, was Sie da anrichten. Sie … Sie spielen mit dem Feuer!«
»Unsere Geheimdienste haben herausgefunden, dass Sie und das Sternenschiff vom Nova-Arctis-System kamen, als Sie hier eintrafen«, beschied ihr Wein und Rosen anstelle einer Antwort. »Weit und breit ist bekannt, dass sich dieses System kürzlich zu einer Nova entwickelt hat, was eigentlich völlig unmöglich ist. Daraus kann man nur den logischen Schluss ziehen, dass zwischen diesen beiden Ereignissen ein Zusammenhang besteht.«
»Vielleicht war es auch nur ein Zufall«, versetzte Dakota.
Wein und Rosen verzichtete auf eine Antwort.
»Na schön«, schnappte sie. »So viel wissen Sie also. Ein völlig stabiler Stern in der Mitte seiner Lebensspanne explodiert, und auf einmal bin ich hier, mit einem Sternenschiff, das noch älter ist als die Shoal und in dem irgendwelche geheimnisvollen Dinge stecken. Bin ich dafür verantwortlich? Fragen Sie sich, ob ich hinter all dem stecke? Ob ich über so etwas wie eine supermysteriöse Technologie verfüge, mit deren Hilfe man Sterne zerstören kann? Möglicherweise spekulieren Sie darauf, welche Macht eine solche Technik Ihrem Hive verleihen könnte.« Sie wedelte mit einer Hand durch die Luft. »Vielleicht brauche ich ja nur mit den Fingern zu schnippen, und Night’s End mitsamt Ihnen, mir selbst und den beiden kostbaren Königinnen löst sich in Nichts auf! Wie wäre es damit?«
Wein und Rosen äußerte sich immer noch nicht. Während sie auf eine Entgegnung wartete, stellte sie sich vor, wie es im Kopf des Aliens arbeiten musste, der offenbar versuchte zu entscheiden, ob sie bluffte oder nicht.
Sie hielt die Hand erhoben. Dann wandte sich Tage voller Wein und Rosen unvermittelt von ihr ab, spreizte seine herrlichen Schwingen zu ihrer vollen Weite aus, schwirrte in die Höhe und verschwand in einem Zugangstunnel, sie allein zurücklassend.
Dakota sackte auf den Boden und legte beide Hände an ihren Kopf, dankbar für die plötzliche Stille. Außerdem hätte sie nirgendwo hingehen können. Ein paar Crewmitglieder durchquerten den Raum, ihre Flügel benutzend, um kurze Sprünge von einer Passage zur anderen zu vollführen, aber niemand schenkte ihr Beachtung.
Ihr Magen knurrte, aber es fiel ihr immer leichter, die Signale, die von ihrem Körper ausgingen, zu ignorieren: Hunger, Schmerzen, Furcht. Dies alles waren lediglich Symptome ihres viel zu schwachen menschlichen Körpers. Sie brauchte sich nur in den Geist des Wracks hineinzuversetzen, um keine dieser Anwandlungen mehr zu spüren – so einfach ging das. Wenn sie wollte, konnte sie ganze Welten erforschen, die sich alle in den Datenspeichern des Sternenschiffs verbargen.
Wenigstens quälten sie nicht mehr diese entsetzlichen Kopfschmerzen.
Doch dafür erlebte sie nun etwas, das sie viel erschreckender fand; jedes Mal, wenn sie die Augen schloss, überkam sie das seltsame Gefühl, sie würde sich ausdehnen, als wüchsen ihre Wahrnehmungen in einer exponentiellen Weise und reichten weit über die natürlichen Grenzen ihres Körpers hinaus.
Anfangs hatte sie diese Eindrücke als Halluzinationen abgetan, möglicherweise ausgelöst durch ihre Interaktion mit der fremdartigen Technologie, die in dem Sternenschiff der Weisen enthalten war. Doch allmählich wurde ihr klar, dass diesem Vorgang eine viel größere Bedeutung anhaftete. Sie konnte Dinge … spüren, die sich irgendwo am Rande des Night’s-End-Systems befanden: weit entfernte Sonden und Sensoren, die in der sternengesprenkelten Schwärze dahindümpelten und ihre Aufmerksamkeit nach außen richteten. Und wenn sie ihren ins Dunkel gewandten Blicken folgte, war ihr zumute, als ob etwas dort auf sie wartete, wie ein einsames Tier, das in den Schatten hinter einem Lagerfeuer nur darauf lauert, dass die Flammen endlich erlöschen.
Doch sobald sie die Augen wieder öffnete, verflog dieser Eindruck.
Sie ahnte, was das Wrack mit ihr im Sinn hatte. Es wollte, dass sie ihm dabei half, seine ursprüngliche Mission zu vollenden, die darin bestand, die Schatztruhen der Schöpfer aufzuspüren und zu zerstören. Das war der Grund für die beunruhigenden Veränderungen, die in ihrem Kopf
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