Lieb mich schoener Fremder
absichtlich verkniffen."
"Weil ich meine Meinung nicht geändert habe."
"Man muss blind sein, um nicht zu sehen, dass sie ihn liebt. Und wenn sie sich angeblich erst seit einem Monat für Christopher interessiert, warum kennt sie dann die Zeichensprache so gut?"
"Das ist ein Trick, um ihn einzuwickeln."
Sie knuffte ihn wütend in die Schulter. "Sie musste monatelang lernen und üben, vielleicht sogar Jahre, um so perfekt zu sein. Ich wette, sie war schon ewig lange in Christopher verliebt und nur zu schüchtern, um auf ihn zuzugehen. Sie ist überhaupt schüchtern. Vor dir hat sie eine Wahnsinnsangst."
"Lächerlich."
"Aber wahr. Eins sag ich dir, wenn du sie nicht in eure Familie aufnimmst, wirst du einen Bruder verlieren."
Er verschränkte die Arme und lehnte sich gegen seinen Wagen. "Und das weißt du alles nach diesem einen kurzen Besuch?"
"Für einen Außenstehenden ist es oft leichter zu erkennen, was los ist. Dein Bruder bedeutet dir so viel, dass du Angst hast, ihn loszulassen."
Er sah sie lange durchdringend an. "Vielleicht hast du Recht", murmelte er schließlich.
"Vielleicht fällt es mir schwer, Menschen, die ich liebe, loszulassen."
Menschen, die ich liebe ... Wen meinte er außer Christopher? Diana? Oder sie, Jen?
Nein, er konnte sie nicht gemeint haben. Er hatte zu ihr nie etwas von Liebe gesagt. Und falls er das Thema jetzt anschneiden sollte, würde sie völlig auseinander fallen. Der Tag war zu emotionsgeladen gewesen, sie wollte nichts mehr über Liebe und Familie und Beziehungen hören.
"Ich glaube, ich gehe jetzt rein und lese das Stück."
Trev blickte ihr nach, als sie ins Haus flüchtete.
Wer war diese Frau, die ihm Dinge über ihn sagte, die ihm selbst nicht klar gewesen waren?
Die Christopher seine Gefühle erklärte, bevor er sie auch nur annähernd beschreiben konnte?
Und Christopher, der für gewöhnlich so verschlossen war, hatte sich ihr geöffnet - ihr, einer Fremden. Und wie es schien, hatte auch Yvonne ihr in der Küche einiges anvertraut.
Sie hatte sich genauso verhalten, wie Diana es getan hätte ... warm, einfühlsam und klarsichtig. Das war eines der vielen Dinge, die er so sehr vermisst hatte - dass Diana ihm für Feinheiten in Be ziehungen die Augen öffnete. Ihn korrigierte, wenn er in die falsche Richtung steuerte.
Wie kam es, dass Jen die Beziehungsdynamik in seiner Familie so schnell erfasst hatte?
Womit er wieder bei Frage Nummer eins war: Wer war sie?
Seine Gedanken bega nnen zu kreisen, verhedderten sich, endeten in Widersprüchen, Zweifeln, Vermutungen. Der Hund, die Tränen, die Sache mit der Zeichensprache ... ihm schwirrte der Kopf.
Er ging mit Caesar zum Strand, wo er ihn frei herumtollen ließ. Während er durch den Sand stapfte und die kühle Meeresbrise seinen Kopf langsam klärte, ging er noch einmal die Möglichkeiten durch.
Angenommen, Jen war tatsächlich Diana, die ihn aus welchem Grund auch immer verlassen hatte ...
Dann machte vieles Sinn, was ihm rätselhaft erschienen war. Ihre panische Flucht durch die Hotelhalle, weil sie nicht von ihm erkannt werden wollte. Ihre Prostituierten-Story als Erklärung ihres Verhaltens. Ihr plötzliches sexuelles Verlangen nach so langer Zeit. Dann ihr Gefühlsaufruhr, der mit dem Grund für ihr Untertauchen zu tun haben musste. Und schließlich ihre Furcht, sich ihm nackt zu zeigen.
Hatte sie Angst, er könnte etwas an ihr wiedererkennen?
Würde er etwas wiedererkennen?
Und dann erinnerte er sich an den Schmetterling.
9. KAPITEL
Nach einem warmen Bad ins Sofa gekuschelt, neben sich eine Tasse Schokolade und das Manuskript, hörte Jennifer die Haustür schlagen. Trev war über eine Stunde mit Caesar fort gewesen. Sie hoffte, dass er nach ihrem hitzigen Gespräch wieder in friedlicher Stimmung war.
"Jen?"
Der Klang seiner tiefen Stimme wärmte sie. "Ich bin hier, im Wohnzimmer."
Er erschien in der Tür. Sein Blick glitt über ihren burgunderroten seidenen Morgenmantel, unter dem sie das dazu passende Träger-Nachthemd trug. Für einen winzigen Moment blitzte in seinen Augen Verlangen auf. "Hast du das Stück gelesen?"
"Von Anfang bis Ende."
"Und? Wer ist der Mörder?"
"Das ist doch klar. Bertram Pickworth."
"Pickworth? Auf gar keinen Fall! Entweder ist es Marie Van Hagen oder Ross Kincaid."
"Sei nicht albern! Marie war zur Zeit des Mordes mit ihrem Lover zusammen, und Ross Kincaid ist der Held. Der Täter ist ganz eindeutig Pickworth."
"Das glaube ich nicht." Er wandte sich um. "Na ja,
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