Lieb mich schoener Fremder
ich gehe jetzt duschen."
Sie schoss vom Sofa hoch, als er aus dem Zimmer ging. "Trev, du wirst den letzten Akt doch nicht mit Mary oder Ross als Täter schreiben?"
"Ross, denke ich", rief er über die Schulter.
Sie hastete ihm nach und packte seinen Arm. "Wenn du das tust, ist das Stück ruiniert."
Er drehte sich zu ihr um. "Dich regt das richtig auf, wie?"
Sein langer, forschender Blick machte sie nervös. Hoffentlich hatte er keinen Verdacht geschöpft. "Unsinn! Aber du wolltest das Stück Diana zu Ehren produzieren. Mit einem falschen Ende wird es überhaupt nicht auf die Bühne kommen."
"Dann schreib du das Ende, so, wie du es dir denkst. Ich geh jetzt jedenfalls duschen."
Wieder musterte er sie. "Möchtest du mir vielleicht Gesellschaft leisten?"
Sie schluckte schwer. "Ich hab schon geduscht. Ich denke, ich werde früh schlafen gehen."
Sein Blick brannte sich in ihren, und fast wurde sie schwach. Doch dann wandte er sich ohne ein weiteres Wort um und verschwand in seinem Schlafzimmer. Einen Moment später hörte sie das Wasser rauschen, kämpfte mit der Versuchung, sich in sein Bett zu legen und auf ihn zu warten. Ihn zu lieben, in seinen Armen zu schlafen, die ganze Nacht.
Nein, sie konnte das Risiko nicht eingehen.
Im Gästezimmer schloss Jennifer die Tür ab, als ob sie dadurch verhindern könnte, in einem Moment akuter Willensschwäche doch noch zu ihm zu gehen. Sie legte den Morgenmantel über den Stuhl, streifte ihre Slipper ab, beugte sich zum Spiegel und nahm ihre Kontaktlinsen heraus. Ihre Augen brannten, nachdem sie den ganzen Tag mit den Tränen gekämpft hatte.
Erleichtert, dass sie die Linsen los war, knipste sie die Nachttischlampe an und die Deckenbeleuchtung aus, und ein mattgoldener Schein erfüllte das Zimmer.
Wie sehr sie wünschte, dass Trev bei ihr wäre!
Um sich abzulenken, schaltete sie den kleinen Fernseher auf dem Ecktisch ein. Lachen schallte aus dem Kasten - eine Komödie, genau, was sie brauchte. Sie würde sich unter die Decke kuscheln und ...
Der Fernseher verstummte. Das Licht ging aus. Pechschwarze Dunkelheit umschloss sie.
Furcht schnürte ihr die Luft ab. Atme! befahl sie sich und starrte in die undurchdringliche Schwärze. Sie konnte nichts sehen. Nichts! Ihr wurde schwindelig, der Boden wankte unter ihren Füßen, sie fühlte die Ohnmacht nahen, und in dem Moment traten ihre Lungen in Aktion. Sie schrie.
"Trev! Trev!" In der Luft rudernd, suchte sie die Tür. "Trev!" schrie sie, "wo bist du?" Sie stolperte über ihren Koffer, fiel gegen die Wand, tastete verzweifelt die Tapete ab, bis sie endlich die Tür fand. Rasch schloss sie sie auf.
Irgendwo in unendlich weiter Ferne hörte sie eine Tür klappen. "Jen, ist etwas?"
Wie sollte sie ihm ihr panisches Verhalten erklären? Der Schrei war einfach so aus ihr herausgebrochen. Sie stützte sic h an die Wand, versuchte, ruhig zu atmen. "Trev, was ist mit dem Strom?"
"Ich schätze, es ist ein Kurzschluss." Am Ende des Flurs erschien nebliges Weiß, das Jen als ein Handtuch erkannte, als Trev näher kam. Er trug nichts als das Handtuch um die Hüften.
"Bist du okay?" fragte er mitfühlend.
"Ja", flüsterte sie schwach. "Was sollte mit mir sein?"
Seine große warme Hand glitt um ihre Taille. "Ich dachte, ich hätte dich schreien hören", murmelte er und zog sie an sich.
"Ach, ich war nur etwas erschrocken." Erlöst legte sie das Gesicht an seine nackte Schulter seine nackte, trockene Schulter. Hatte er nicht gerade geduscht? Anscheinend doch nicht.
"Hast du im Dunkeln Angst, Jen?"
"Nein."
Er schloss die Arme um sie - es war ein unglaub liches Gefühl, so geborgen zu sein. "Warum schlägt dein Herz dann so wild?"
"Wahrscheinlich, weil ich ... über meinen Koffer gestolpert bin. Der Sturz hat mich erschreckt, aber ich hab mir nichts getan."
"Bist du wirklich okay?"
"Ja." Aber sie blieb in seinen Armen, eng an seinen warmen Körper geschmiegt.
"Dann werd ich mal sehen, ob ich den Sicherungskasten finde. Vielleicht in der Garage."
"Nein, lass." Sie wollte ihn noch nicht loslassen, konnte es noch nicht. "Du wirst dich erkälten, wenn du so rausgehst. Und wahrscheinlich haben wir sowieso gleich wieder Strom."
"Nein, die anderen Häuser haben Licht. Es muss ein Kurzschluss in unserem Haus sein."
"Hast du eine Laterne oder eine Taschenlampe?" fragte sie.
"Ich glaube, die sind noch nicht ausgepackt."
Allmählich wurden Jen die Zusammenhänge klar. Solange Trev nicht den Kurzschluss behob, würde es dunkel
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