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Liebe 2.0

Liebe 2.0

Titel: Liebe 2.0 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mareike Giesen
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er ein Regimegegner, der sich aus Protest im nächsten Moment auf
offener Straße anzünden will. – Bedenklich, was Männer alles zu tun bereit
sind, um die bei der ganzen Metrosexualität abhanden gekommenen Pheromone zu
ersetzen!
    „Aber hallo !
Wird heute die Miss Shakers gesucht, oder was machen zwei Schönheiten
wie ihr so allein an der Bar?“ Der Totenkopf grinst noch eine Spur breiter,
während Astrid und ich uns einen irritierten Blick zuwerfen. Für einen Moment
wissen wir nicht, ob wir lachen oder weinen sollen. Und wenn mir mein Leben in
der letzten Zeit wie ein schlechter Film vorgekommen ist, so droht es jetzt, in
eine drittklassige Soap abzurutschen. Folglich wäre die einzig angemessene
Reaktion, Mr. MTV mit gespielter Empörung die zerdrückten Limetten ins Gesicht
zu kippen, aber das ist mir dann doch zu trashig. Und man muss auch fair sein:
Dass er uns zur Anmache nicht auf eine Zigarette einladen kann, ist begreiflich
– Selbstentzündungsgefahr.
    Während ich in
meinem Hirn fieberhaft nach einer niveauvollen Entgegnung krame, entblödet sich
der Stinker nicht, den Barmann mit lässiger Geste auf unsere leeren Caipis
aufmerksam zu machen und danach drei Finger hochzuhalten, was Aragorn mit einem
Grinsen quittiert. Faszinierend! Obwohl er nur eine halbe Portion ist, besitzt
Mr. MTV doch Selbstbewusstsein für zwei – das tägliche Bad in synthetischer
Männlichkeit scheint zumindest bei ihm selbst zu wirken. Und noch bevor eine
von uns ihm eine Abfuhr erteilen kann, feuert er auch schon die nächste Salve
aus seinem Anmach-Almanach ab.
    „Ich wollte mal
fragen, ob ihr heute Nacht noch was vorhabt? Ansonsten hätte ich noch was mit
euch vor!“
    Schlimmer geht’s
immer! Astrid kneift die Augen zusammen und hat mit einem Mal eine auffallende
Ähnlichkeit mit Natterlie , was unseren Gegenüber jedoch aus
unerfindlichen Gründen noch mehr anspornt.
    „Meine Kollegen
und ich, wir haben heute den VIP-Bereich reserviert und würden uns freuen, wenn
ihr uns ein bisschen Gesellschaft leistet!“ Lässig deutet der Stinker mit dem
Daumen hinter sich auf die Galerie, wo mit einem vergoldeten Springseil ein
fünf mal fünf Meter großes Areal abgegrenzt ist. VIP, alles klar! Auf den noch
nicht ganz so abgegriffenen Polstern lümmeln sich überwiegend übergewichtige
Männer um die Fünfunddreißig, von denen einige unverhohlen zu uns runter
starren. Ich schalte mich ein.
    „Was soll das
hier werden? Menschenhandel? Zwangsprostitution?“  
    „Aber nein, aber
nein“, lacht Mr. MTV jetzt etwas verkrampft. „Wir haben gerade unsere neueste
Produktion abgedreht, und das wollen wir ein bisschen feiern. Und da Feiern
ohne Frauen nur halb soviel Spaß macht, wollen wir euch einladen. Wer weiß,
vielleicht springt neben ein bisschen Champagner auch noch eine Komparsenrolle
für euch raus?“
    Wie großzügig!
Also doch Prostitution… Doch ehe ich etwas erwidern kann, ergreift Astrid
bereits das Wort. Die Gelegenheit ist günstig, denn unser Fashion Victim –
traurig, aber wahr – hat offensichtlich seine gesamte Munition verfeuert. Von
den wenigen Worten und großen Gesten außer Atem geraten, pumpt er so
unauffällig wie möglich Luft nach, wodurch er ein bisschen an einen tätowierten
Dudelsack erinnert. Dabei blickt er erwartungsvoll abwechselnd in Astrids
Gesicht und meinen Ausschnitt.
    „Hör mal,
Sportsfreund!“, beginnt Astrid, wobei sie sich vorbeugt, um Mr. MTV auf eine
rote Rose unterhalb seines Brustbeins zu tippen. Für einen Moment habe ich
Angst, dass sie bei der Gelegenheit einen der aufgeklebten Brillies abzupfen
will, denn sie hat ein Faible für alles, das glitzert und glänzt. Aber auch
eine Elster hat ihren Stolz. „So verlockend das klingt, und so geschmeichelt
wir sein sollten… Wir haben heute Abend schlichtweg keine Lust, uns von deinen
Schleuserbossen Champagner auf’s T-Shirt kippen zu lassen oder bei eurem
nächsten Porno durchs Bild zu laufen.“
    „Stimmt, damit
haben wir schon die letzten Wochenenden verbracht. Langsam wird es langweilig“,
ergänze ich.
    „Zumal es extrem
gesundheitsgefährdend ist. Ich habe fast eine Lungenentzündung bekommen“,
fabuliert Astrid weiter.
    „Beim
Wet-T-Shirt-Contest?“, hake ich interessiert nach.
    „Nein, beim
Pornodreh, du Dummerchen! Ich war doch die halbnackte Kellnerin, die den
Hauptdarstellern den penisförmigen Meerrettich serviert hat. Das Studio war
saukalt, damit auch alle Nippel stehen bleiben. Weißt du nicht

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