Liebe 2.0
Gerichtsverhandlung
verwandelt hat. Ich steige wieder ein.
„Na ja, aber
überleg mal, was hast du denn als erwachsener Single noch groß für
Möglichkeiten?“, gebe ich zu bedenken. „Früher gab es Vorabi-Feten und
Fachschaftspartys, heute geht man halt zum Ü-30-Restebuffet.“ Ein leiser
Schauer läuft mir über den Rücken. Ob das wohl auch meine Zukunftsaussichten
sind? „Abgesehen davon ist es doch ziemlich egal, wo man sich kennen lernt“,
erkläre ich weiter. „Der Ort des ersten Dates hat nun wirklich keinen Einfluss
auf das Glück oder das Verfallsdatum einer Beziehung – glaub mir, ich weiß,
wovon ich rede!“ Und mit einem selbstironischen Zwinkern hebe ich mein Glas und
proste Astrid mit dem letzten Schluck geschmolzenen Eises zu.
Erleichtert über
meinen versöhnlichen Wiedereinstieg hebt Astrid ebenfalls ihr Glas und sagt mit
lauter Stimme: „Auf das perfekte Date!“
„Auf das perfekte
Date!“
Ein dreifaches
Schlürfen.
„Ich habe
übrigens letztens gelesen, dass sich erstaunlich viele Beziehungen am
Arbeitsplatz anbahnen“, schaltet Max sich plötzlich ein. „Wegen der gemeinsamen
Interessen und so. Schwerpunktsetzung im Leben, Engagement…“ Treuherzig blickt
er mit großen Augen von der einen zur anderen, aber die Unschuldsnummer nehme
ich ihm nicht ab.
„Nun, da ich
meinen Job hasse, kommt diese Art der Kontaktbörse für mich wohl kaum in
Frage“, entgegne ich eine Spur zu abweisend und komme mir im gleichen Moment
ein klitzekleines bisschen gemein vor. Aber Max lässt sich wie immer nichts
anmerken.
„Na, hab ich
denn bessere Aussichten?“, echauffiert sich da Astrid. „Zwar bin ich gerne
Journalistin, aber was ist denn schon los bei uns in der Redaktion? Thomas ist
dick und verheiratet, Manuel hat seine On/Off-Beziehung mit der Chefredakteurin
vom Anzeiger , Timon ist schwul und Marek mit seinen Dreads und Piercings
wirklich nicht mein Typ.“
„Was ist denn
mit Max?“, schlage ich vor.
„Ja, was ist mit
mir?“, geht der auf das Spiel ein.
„Tut mir leid,
Süßer, aber du bist mir dann doch ein bisschen zu jung“, gibt Astrid kokett
zurück. „Aber die neue Blonde, die wäre doch vielleicht was für dich und deine
Arbeitsplatz-Theorie?“
Amüsiert blicke
ich zu Max, halte aber zu meinem eigenen Erstaunen für einen kurzen Moment die
Luft an.
„Nein, nicht
wirklich“, winkt Max ab. „Tatsächlich ist die wiederum mir etwas zu jung, weißt
du? Ich stehe eher auf reifere Frauen.“ Soll ich jetzt etwa aufatmen? „Aber die
Geschmäcker sind ja zum Glück verschieden“, fährt er locker fort, „und auf kurz
oder lang werde ich sicherlich eine Dame finden, die wenigstens ein paar meiner
mannigfaltigen Interessen teilt.“ Wie zufällig streift er dabei erneut über
meinen Hintern, und ich kann nicht anders, als über diese Dreistigkeit zu
lachen.
Nun guckt Astrid
doch irritiert. Bevor sie noch Verdacht schöpft, starte ich schnell ein
Ablenkungsmanöver und haue nachdrücklich mein Glas auf den Tresen. „Sven! Du
hast Sven ganz vergessen!“, rufe ich etwas zu laut. „Mal ehrlich, das ist doch
gar keine so schlechte Idee! Wenn du den ersten Ekel überwunden hast, kannst du
vielleicht noch richtig Karriere machen! Sven und du, ihr zieht dann einfach
euren eigenen Sender auf – seine Schmerzfreiheit und dein Köpfchen? Da ließe
sich doch was machen! Und hier wieder live die Nachrichten aus aller Welt mit
meiner bezaubernden Gattin Astrid Wirth! “
Meine Ansage mit
verstellter Stimme erinnert zwar mehr an Michael Buffer als an Sven, aber ich
denke, die eigentliche Idee kommt rüber.
„Astrid Wirth ?“
Astrid schüttelt sich. „Also, wenn ich Sven schon heiraten muss, dann behalte
ich wenigstens meinen eigenen Namen!“
„Svens Eigentum
ohne Brandzeichen?“ Ich schüttele vehement den Kopf. „Wenn du da mal nicht die
Rechnung ohne den Wirth gemacht hast!“
Sobald ich ihn ausgesprochen habe, schäme ich mich auch schon für den
Kalauer, aber gesagt ist gesagt. Zum Glück sind Astrid und Max weniger kritisch
und schmeißen sich fast weg vor Lachen. Höchste Zeit für die Nachos!
Es wird noch ein äußerst lustiger
Abend mit viel fettigem Essen und hochprozentigem Trinken. Max scheint total
vergessen zu haben, dass sein Platz eigentlich in der immer lauter werdenden
Herrenrunde ist, und spendiert uns einen Cocktail nach dem anderen, während wir
im Gegenzug sein Bier übernehmen, zu dem er nach dem Gratis-Caipi zurückgekehrt
ist. Das nennt
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