Liebe 2.0
ein
Presse-Shooting…“
„Steffen oder
Michael?“, unterbricht mich Astrid.
Steffen und
Michael sind beide freie Fotografen für die ortsansässigen Käseblättchen und
ebenso bekannt wie berüchtigt. Während Steffen gar nicht erst vorgibt, mit
einer Kamera umgehen zu können, scheint an Michael ein Helmut Newton verloren
gegangen zu sein. Zumindest, was das ganze Drumherum angeht. Selbst die
schnödeste Zebrastreifeneinweihung wird bei ihm zum einstündigen
Weitwinkel-Weichzeichner-Event, was für alle Beteiligten je nach Stimmung
lustig bis anstrengend ist.
„Steffen. Der
hat dann zuerst statt Egger nur seinen eigenen Finger fotografiert, aber
irgendwann ist die Organisatorin der Lesung dazugekommen und hat geholfen.
Sonst säßen wir wahrscheinlich jetzt noch da.“
„Und dann? Was
ist nun mit dem Interview?“
„Wenn du so
detailliert informiert sein willst, wieso hörst du dann nicht Lokalradio? Der
Beitrag lief heute Mittag, nachdem ich wie ein gut bezahlter Redakteur zur
Wochenendschicht erschienen bin und alles eingespielt habe“, gebe ich die
gekränkte Künstlerin.
„Tut mir leid“,
entgegnet Astrid ungerührt. „Aber da lag ich noch im Bett.“
„Na großartig!”
Kopfschüttelnd stehe ich auf, wobei ich leicht wanke – ob durch den Wein oder
die Schläge auf den Kopf, kann ich nicht sagen. Aber nach ein paar Schritten
habe ich mich wieder im Griff und hole meinen Laptop.
„Was machst du
da?“, fragt Astrid und nippt aufgeregt an ihrem Wein.
„Na, dir das
Interview vorspielen. Es ist zwar noch nicht archiviert, sondern nur auf meinem
USB-Stick, aber das ist ja Jacke wie Hose.“
„Du bist immer
so ordentlich!“ Astrid strahlt wie ein Honigkuchenpferd. Ich frage mich, wann
sie sich das letzte Mal so für einen meiner Berichte interessiert hat.
Mein Laptop
fährt hoch, und plötzlich blickt uns von meinem Desktop ein halbnackter Zac
Efron entgegen, der gerade Neptun gleich den kalifornischen Fluten entsteigt –
ein Paparazzi-Schnappschuss, den ich hormongeflasht nach einer Nacht mit Max
ergoogelt habe. Und der mir jetzt unsagbar peinlich ist!
„Ist der
überhaupt schon volljährig?“, lautet Astrids einziger Kommentar.
„Natürlich!“, entrüste ich mich und bin bemüht, schnellstmöglich den
USB-Stick anzuschließen und meinen Media-Player zu starten, um das
verräterische Bild verschwinden zu lassen. Schon ertönt der alberne Totallokal- Jingle,
gefolgt von meiner Stimme.
„ Am Freitagabend hat der
Psychologe und Autor Dr. Martin Egger seinen neuesten Roman Herbststurm vorgestellt, der Kritiker wie Leser gleichermaßen begeistert.
O-TON
ENDVIERZIGERIN: Also, ich kann gar nicht genau sagen, was es ist, aber die
Bücher von dem Herrn Egger, die sind echt was Besonderes! Da muss man einfach
mitfiebern, ob man will oder nicht. Und das find’ ich richtig super!
Aber worüber
schreibt Martin Egger bloß, wenn er seine Leser auf eine Achterbahn der Gefühle
schickt?
O-TON EGGER 1: Nun, ich denke, das zentrale Thema ist wie in so vielen Büchern
die Liebe. Es geht um Wünsche, Ängste und Sehnsüchte und ihren Ausdruck in den
verschiedenen Beziehungen, die wir unterhalten. Ich versuche halt, das
Allgemeine mit dem Besonderen zu verbinden, so dass jeder, der will, sich in
meinen Figuren wieder finden kann. Oder sagen wir besser: Jeder, der schon mal
geliebt hat.“
„Hey, der hat
aber eine sexy Stimme!“, ruft Astrid dazwischen. „Raucher?“
„Schhhht!“ Demonstrativ drehe ich den Lautstärkeregler auf.
„ Mit Herbststurm hat sich
Martin Egger nach Frühlingsgefühl und Sommersonnenwende bereits
zum dritten Mal einer Jahreszeit bedient, um einen besonders atmosphärischen
Hintergrund zu schaffen, vor dem sich seine Geschichte abspielt.
O-TON EGGER 2: Ich
will aber nicht von Midlife-Crisis sprechen, denn der Begriff ist so
ausgelutscht und außerdem viel zu trivial, um all das zu beschreiben, was einen
Menschen zu diesem Zeitpunkt seines Lebens bewegt. Es geht hier nicht um
schnelle Autos, junge Freundinnen und Haarimplantate, sondern um weit Grundlegenderes.
Eben das, was uns in allen Lebensphasen immer wieder anders umtreibt und
beschäftigt. Freundschaft, Beruf, Sex, Glück, die menschliche Natur. Nennen Sie
es, wie Sie wollen.
Und genau
damit scheint Martin Egger den Nerv seiner Leser zu treffen – seien es treue
Fans oder neue Anhänger.
O-TON EINZIGER
MANN: Ehrlich gesagt bin ich nur meiner Freundin zuliebe mitgekommen. Aber die
Lesung war dann doch
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