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Liebe 2.0

Liebe 2.0

Titel: Liebe 2.0 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mareike Giesen
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ist herrlich! Gerade als Johnny Depp
von seinem eigenen Bett verschlungen wird, klingelt das Telefon. Das geht ja
nun gar nicht!
    „Der AB geht
schon ran“, sage ich zu Tristan, ohne meinen Blick vom Bildschirm zu lösen.
Während sich jenseits der Mattscheibe eine Blutfontäne an die Decke des
Teenyzimmers ergießt, höre ich diesseits meine eigene knappe Ansage sowie den
obligatorischen Piepton. Ich frage mich ernsthaft, wer zu solch unchristlicher
Zeit noch anruft! Wahrscheinlich ist es meine Mutter, die zum hundertsten Mal
wissen will, was sie an Heiligabend kochen soll, wie viele Nächte wir bleiben,
ob sie lieber die gepunktete oder die karierte Bettwäsche aufziehen soll…  Der
übliche Vor-Feiertagswahnsinn halt.
    „Hallo Julia,
Liebes, hier ist Martin.“ O! Anscheinend doch keine Familienangelegenheit.
Eher etwas recht Privates… Elektrisiert richte ich mich auf, und auch Tristan
spitzt die Ohren, wobei er wie selbstverständlich den DVD-Spieler auf Pause drückt. „Eigentlich wollte ich nur mal hören, wie es dir geht… Na ja,
selbstverständlich nicht nur das…. Hmmm…. Pünktlich zur Weihnachtszeit gönnt
mir mein Verlag eine kurze Verschnaufpause, weswegen ich vorübergehend wieder
im Lande bin. Und da dachte ich mir, wir könnten uns doch mal wieder treffen.
Ich würde auch was Leckeres kochen und verspreche dir, nichts zu tun, was du
nicht auch willst…“ Vor Schreck verschlucke ich mich an einem sauren Drop,
huste, schlage mir panisch vor die Brust und spucke ihn schließlich in hohem
Bogen über den Tisch. „Meld dich einfach mal, wenn du Zeit hast… Und schick
mir vorab ruhig was von deinen neuesten Ideen. Würde mich brennend
interessieren, wie mein Famulus vorankommt… Also dann: Wir sehen uns!“ Tuut,
tuut, tuut, tuut.
    Langsam dreht
Tristan sich zu mir um, das Gesicht ein einziges großes Fragezeichen. „Wer war
denn das ?“
    „Das, ähm – das
war Martin. Hast du doch gehört!“ Ich lächele nervös und hoffe, dass mein
Erröten nicht weiter auffällt. Immerhin ist durch das Standbild der DVD das
ganze Zimmer blutrot getaucht.
    „Und wer ist
Martin?“ Tristan bleibt hartnäckig, während er angeekelt mein Bonbon aus der
Schale mit den Erdnussflips fischt. Ehrlich gesagt klingt er sogar ein bisschen
empört, aber ich wüsste nicht, wem und weswegen ich hier irgendeine
Rechenschaft ablegen müsste. Also werde ich langsam aber sicher trotzig.
    „Ein
Schriftsteller, den ich mal interviewt habe. Wir stehen seitdem in engerem
Kontakt. Habe ich dir nicht davon erzählt? Nun, jetzt weißt du es ja!“
Kurzerhand schnappe ich mir die Fernbedienung und drücke auf Play . Aber
Tristan ist gar nicht mehr so sehr daran interessiert, dass Freddy Krueger das
Handwerk gelegt wird.
    „Noch einer?“,
hakt er stattdessen nach. „Du hast ja ganz schön Nachholbedarf!“
    Irre ich mich,
oder ist das ein Tadel? Max’ Charme und der Glühwein scheinen auf Tristan ja
ganz schön Eindruck gemacht zu haben! Spontan versuche ich, meine Taktik zu
ändern. „So ist es nicht“, beschwichtige ich. 
    „Okay, also
gut...“ Tristan setzt sich in Positur. „Wie ist es dann?“
     
     
     

Fünfunddreißig
    Obwohl Tristan seine Kompetenzen
als jüngerer Bruder stellenweise arg überschritten hat, hatten wir doch eine
sehr schöne Zeit. Wir haben Freddy Kruegers cineastische Höhen und Tiefen bis
zum fünften Teil mitverfolgt, ausgeschlafen, zum Frühstück laute Musik gehört
und uns Videos auf Youtube angeschaut. Jetzt ist Tristan wieder fort und
bereitet mit Feuereifer seine Auswanderung vor, und auch ich habe mich
entschlossen, in dieser Woche gewissermaßen zu neuen Ufern aufzubrechen.
    In den letzten
Tagen hat es fast durchgehend geschneit, und ein feiner Flockenwirbel begleitet
mich auf meinem Weg in die Südstadt. Die weiß überzuckerten, hell erleuchteten
Villen verwandeln die spießige Goethe-Allee in ein wahres Winter-Wunderland,
und müsste man nicht bei jedem Schritt höllisch aufpassen, nicht auszurutschen
und hinzufallen – es wäre wie im Märchen. So aber erwarte ich erst gar nicht,
jede Sekunde vor meinem Prinzen zu stehen, muss aber zugeben, dass sich mein
Herzschlag deutlich erhöht, als Martin mir mit seinem „Was kostet die Welt?“-Grinsen
die Tür öffnet. „Hallo Schneekönigin! Schön, dass du da bist! –
Hereinspaziert.“
    Ich klopfe mir
das Eis von Mantel und Schuhen, schüttele die Haare aus und folge Martin in
seinen Elfenbeinturm. Trotz der kalten

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