Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe 2.0

Liebe 2.0

Titel: Liebe 2.0 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mareike Giesen
Vom Netzwerk:
der
Mondlandung verstaubt. Denn Verschwörungstheorien hin oder her – alles, was ich
will, ist doch nur, dass man mir das Gegenteil beweist. Dann bin ich schon
zufrieden. Und bis dahin… – Weiter bin ich noch nicht.“
    Ich lasse die Blätter sinken und
schaue wieder zu Martin. Sein Mund verzieht sich zu einem kleinen Lächeln, das
von einem zweideutigen Grunzen begleitet wird. War ich vorher angespannt, so
stehe ich jetzt kurz davor, komplett den Verstand zu verlieren. Hilflos sehe
ich zu, wie Martin in aller Ruhe das Wasser abgießt, die Nudeln auf unseren
Tellern verteilt, das Gemüse samt Soße daneben anrichtet… Schließlich halte ich
es nicht länger aus. „Was denken Sie?“ Erst im Nachhinein merke ich, dass ich
in meiner Verzweiflung Max’ Spruch zitiert habe. Aber das verwirrt mich im
Moment nur unwesentlich mehr.
    „Lass uns rüber gehen“,
antwortet Martin lediglich, greift sich beide Teller, und geht voran zum
Esstisch. Wie ferngesteuert schnappe ich mir unsere Gläser und folge ihm. Ich
leide Höllenqualen. Warum bloß habe ich das gemacht? Mich derart zu öffnen,
meine Gefühle so bloßzustellen… mich in all meiner Verletzlichkeit darzubieten
in der naiven Hoffnung, dass sie vielleicht noch zu etwas anderem nützlich ist
als zu einer ausgewachsenen Neurose. Ich hätte das niemals tun sollen. Niemals!
    Martin platziert
die beiden Teller und bedeutet mir mit ausladender Geste, dass ich mich setzen
soll. Hypnotisiert leiste ich Folge. Dann setzt auch er sich, entfaltet in
Zeitlupentempo seine Serviette, greift zur Gabel und wünscht mir unbekümmert
einen guten Appetit, so dass mir gar nichts anderes übrig bleibt, als es ihm
gleich zu tun. Insgeheim frage ich mich aber, was für eine neue Art der Folter
das sein könnte, und ob die Amis schon davon wissen.
    Brav fädele ich
Nudeln und eine Portion Gemüse auf und führe sie zum Mund. „Uhhhmmmmm! Ist das
lecker!“ Das meine ich ernst. Für Speichelleckerei ist es jetzt schließlich eh
zu spät.
    Martin strahlt, als
habe man ihm soeben den Nobelpreis überreicht, sagt aber immer noch nichts.
Seine unergründlichen Augen verfolgen jede meiner Bewegungen, so dass ich
leicht kribbelig werde und fast vergesse, bereits aus ganz anderem Grund nervös
zu sein. Es ist wirklich nicht fair. Während ich mich von Martin regelrecht
gescannt fühle, gibt sich sein eigener Blick dem Betrachter nur bis zu einem
bestimmten Grad preis. Trotz der Tiefe seiner Iris geht es irgendwann nicht
mehr weiter, als besäße Martin eine Art unsichtbaren Schutzschild… Ich frage
mich, ob schon einmal jemand dahinter blicken konnte. Und wenn ja, was er oder
sie dort wohl gesehen hat.
    „Siehst du, es
geht doch!“
    Ich zucke
regelrecht über meinen Gedanken zusammen. „Äh, bitte, was?“
    „Das Essen.
Essen und Schreiben, um genau zu sein. Du siehst, es geht beides auch wunderbar
zusammen. Dann mach doch auch beides!“
    Verdattert
blicke ich Martin an und versuche, das Gehörte in irgendeine Art konstruktive
Kritik zu übersetzen. Dafür brauche ich etwas Zeit – anscheinend passen Essen
und Denken wiederum nicht ganz so gut zusammen.
    „Also hat es dir
gefallen?“, wage ich mich schließlich vor.
    „Natürlich!“
Martin schüttelt den Kopf, als wäre es abwegig, hierüber überhaupt zu
diskutieren. „Ich meine, es ist kein Goethe, Grass oder Grünbein. Aber wer sagt
denn, dass du so jemand sein musst?“ Martin legt sein Besteck zur Seite, faltet
die Hände unter dem Kinn und sieht mich, wenn möglich, noch durchdringender an.
„Die Welt ist voller Möchtegern-Carrie Bradshaws, von denen die wenigsten
wirklich etwas zu sagen haben – im Gegensatz zu dir. Zwar bist auch du
zweifelsohne neurotisch – aber auf eine unglaublich gelassene Art und Weise.
Wie Don Quichote auf Valium…“
    Don Quichote
auf Valium ? Ich gucke ihn irritiert an. Sagte er nicht vorhin, es habe ihm
gefallen? Doch Martin ist noch nicht fertig. 
    „Was ich dir
jetzt sage, hat nichts damit zu tun, dass ich mir eventuell irgendwelche
Couch-Optionen oder ähnliches offen halten möchte…“ Martin zwinkert erneut und
holt dabei tief Luft. „Aber ich mag deinen Stil. Du bist sehr nachdenklich,
melancholisch – und mitunter auch zynisch. Aber hinter der Fassade blitzt
dennoch stets eine positive Message durch. Und das gefällt mir.“
    „Nun, ähhh…
Danke!“ Es hört sich merkwürdig an, wie Martin mein Geschriebenes in einen
höheren Sinnzusammenhang übersetzt. Wie er in Worte

Weitere Kostenlose Bücher