Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe 2000 - erotic science fiction

Liebe 2000 - erotic science fiction

Titel: Liebe 2000 - erotic science fiction Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Landfinder
Vom Netzwerk:
prüfte sie, und manchmal übernahm er den Posten des Kunden-Verbindungsmannes, der Proben von den Reaktionen der Kunden sammelte, wenn sie, befriedigt, mit benommenem Lächeln und entspannt das Haus verließen. Catsir war sehr geschickt im Umgang mit Kunden und gab ihnen nie den geringsten Grund zu der Annahme, die Venus oder der Adonis, mit denen sie soeben die köstliche Farce der Liebe vollzogen hatten, könnten in Wirklichkeit nichts als Lehmklumpen sein. Immerhin mußte er heimlich über ihre Seligkeit lachen.
    War er am Ende des Monats jedoch in anderer Stimmung oder veranlaßte ihn ein Versagen der Skandierung, die Stirn zu runzeln und mit den Fingern zu schnalzen, dann verabscheute er die Besucher seines Hauses. Warum zwang ihn die B.K.B. ihren niedrigen, animalischen Gelüsten Vorschub zu leisten? In solchen Augenblicken, wenn er erkannte, daß er weder ein Eliot noch ein Ciardi war, konnte er auch jene andere Wahrheit nicht vor sich selber verbergen, die Wahrheit, daß er eine Art transistorisierter Zuhälter war, der Chef eines elektronischen Freudenhauses. In solchen Momenten suchte er bei der grundlegenden Logik Zuflucht. Hauptsatz: Das menschliche Tier besitzt einen unwiderstehlichen Geschlechtstrieb. Untersatz: Die Welt muß zu viele Menschen ernähren. Trotz Anerkennung dieser Logik kopulierte die Weltbevölkerung jedoch fröhlich weiter und vergaß dabei die Pille, war zu ungeduldig für das altmodische Pessar oder – im Rausch romantischer Zuneigung – wollte sogar ungeplante (und damit unerlaubte) Kinder; und alle Schlafzimmer wuchsen und blühten. Folgerung: Vergeßt die Gefahren des Geschlechtstriebes. Findet eine bessere Möglichkeit, ihn zu befriedigen. Findet etwas, das als Teil der künstlichen Steuerung der Gesamtumwelt das Sexualleben jedes Menschen zu einer Angelegenheit unmittelbarer Perfektion macht.
    Und diese bessere Möglichkeit war das Haus, in dem sich jeder Mensch seine eigene subjektive Perfektion bereitete. Großartig, fand Catsir, wenn er an diesem Punkt seiner Gedankenkette angelangt war. Dann wußte er wieder, daß seine Arbeit auf ihre Art ebenso wichtig war wie eine Reihe von Sonett-Sequenzen, und konnte frischen Mutes wieder an seine Aufgaben gehen.
    Und dennoch fand er die Vorgänge absurd, ja komisch. Er konnte nicht anders. Das war der Dichter in ihm, und diese Empfindung machte ihn reizbar, wenn er am Monatsende durch die Halle schlich, wo hinter den Zellentüren leise Oszillatoren-Quetscher und heiseres Keuchen zu hören waren.
    Er war kein sehr guter Dichter, denn intuitiv empfand er mehr, als seine Begabung ihm auszudrücken erlaubte, aber er besaß eine gute Vorstellungskraft und erkannte, welch eine groteske Komödie in diesem Haus gespielt wurde. Die Besucher kamen, bereits ein wenig benebelt durch die Umgebung und ihren eigenen inneren Wunsch, zwischen Bäumen und Blumenbeeten hindurch den gewundenen Pfad herauf und ließen sich im Wartezimmer durch den Becher Lyserg und den tiefen Summton noch mehr beruhigen und einlullen. Von der realen Welt abgeschnitten, fabrizierten sie sich eine eigene Welt. Er ging ins Wartezimmer und betrachtete die Gesichter. Den schlanken Jungen in den blauen Shorts, der gerade seinen Becher voll Stunden-Schizophrenie schluckte. Den Mann mit den runden Augen, der, schon ganz benommen, Münzen in den Automaten steckte und dafür den chiffrierten Plastikschlüssel empfing, der seine Chatty Hedy in Gang setzen würde. Aus dem Ausdruck der verwischten Gesichter versuchte er zu erraten, welches Schlafzimmer ihrer Erinnerung sie in der Phantasie betreten, welche imaginären Liebesworte die Puppe ihnen ins Ohr flüstern würde. Die Tonbänder speicherten nur vier verschiedene Geräusche: ein »heißes« Zischen, wenn der Gast eintrat, ein fünf Minuten langes 420-Hertz-Winseln für die Unterhaltung, ein ekstatisches »jiip, jiip« und ein infrasonisches Dröhnen, das gegen das Ende leiser wurde. Es war die Phantasie des Kunden selber, die den elektronischen Geräuschen eine Bedeutung unterlegte, genauso wie es seine Phantasie war, die dieser Karikatur von Gesicht Züge verlieh und in die abstrakten Lichtspiele an der Wand Landschaften hineinsah. Liebe, dachte Catsir ironisch, Liebe liegt wie die Schönheit im Auge des Betrachters. Aber er fragte sich unwillkürlich, welche Art Liebe ihnen die Phantasie wohl vorgespiegelt hatte. Einem Impuls folgend, ging er durch einen Seitenflur zur Ausgangshalle und wartete auf den Mann mit den runden

Weitere Kostenlose Bücher