Liebe 2000 - erotic science fiction
nicht allzusehr gelangweilt«, sagte Sheringham, während er mit der Karaffe hantierte. »Der Mikroton ist ein faszinierendes Hobby, aber ich fürchte, ich habe ihn zur Besessenheit werden lassen.«
Maxted stieß ein schwer zu deutendes Grunzen aus: »Ein paar von den Platten sind interessant«, gab er zu, »sie haben so eine Art verrückten Neuheitswert, wie Vergrößerungen von Mottengesichtern oder von Rasierklingen. Dennoch glaube ich, im Gegensatz zu Ihnen, nicht daran, daß der Mikroton sich jemals zu einem Instrument der Wissenschaft entwickeln wird. Ich sehe darin nichts als ein raffiniertes Laboratoriumsspielzeug.«
Sheringham schüttelte den Kopf: »Da sind Sie natürlich völlig im Unrecht. Erinnern Sie sich an die Zellteilungskette, die ich Ihnen zu Anfang vorgespielt habe? Um ein Hunderttausendfaches verstärkt, klingt die Zellteilung bei Tieren, als würde man Tragbalken und Stahlplatten auseinanderreißen – wie nannten Sie es doch? – wie ein Autozusammenstoß in Zeitlupe. Die Teilung von Pflanzenzellen dagegen ist ein elektronisches Gedicht aus sanften Akkorden und rauschenden Tönen. Damit haben Sie den Beweis, daß man anhand des Mikrotons den Unterschied zwischen Tier- und Pflanzenreich zu erklären vermag …«
»Scheint mir eine verdammt umständliche Betrachtungsweise«, wandte Maxted ein und bediente sich mit Soda, »ebensogut könnten Sie das Fahrtempo Ihres Autos an der sichtbaren Bewegung der Sterne messen. Das könnte möglich sein, aber einfacher ist es, auf den Tachometer zu schauen.«
Sheringham nickte, und er beobachtete Maxted aufmerksam über den Tisch hinweg. Sein Interesse an der Unterhaltung schien sich erschöpft zu haben. Die beiden Männer saßen schweigend vor ihren Gläsern.
Seltsam, die Feindschaft zwischen ihnen, die schon seit so vielen Jahren andauerte, war jetzt unverschleierter, wie auch der Gegensatz in Persönlichkeit, Haltung und Aussehen sich deutlicher ausprägte. Maxted, ein großer, kräftiger Mann mit ansprechenden aber grobgeschnittenen Zügen, hatte sich lässig in seinen Stuhl zurückgeworfen und dachte an Susan Sheringham. Sie war auf der Party bei den Turnbulls, und wäre es nicht der Fall gewesen, daß er sich aus nur allzu bekannten Gründen bei den Turnbulls nicht mehr sehen lassen konnte, dann hätte er den Abend lieber mit ihr als mit ihrem grotesken kleinen Ehemann verbracht.
Er musterte Sheringham mit aller Unvoreingenommenheit, deren er fähig war, und fragte sich dabei, ob dieser steife, unscheinbare Mann mit seiner Pedanterie und dem eigentümlichen Humor des Wissenschaftlers überhaupt irgendwelche sympathischen Eigenschaften besaß. Auf den ersten Blick sicherlich nicht, obwohl es einiges von seinem Mut und Stolz erfordert haben mußte, ihn heute abend einzuladen. Doch seine Gründe waren zweifellos ebenso verschroben wie er selbst.
Der Vorwand, überlegte Maxted, war fadenscheinig genug gewesen – Sheringham, Professor für Biochemie an der Universität, besaß ein mit allen Schikanen ausgestattetes Heimlaboratorium; Maxted, ein heruntergekommener Sportler mit schlechtem Examen, arbeitete als Torpedomann bei einer Gesellschaft für elektronische Mikroskope; ein Gespräch, so hatte Sheringham ihm am Telefon versichert, könnte für sie beide von Nutzen sein.
Natürlich hatte er das hier mit keinem Wort erwähnt, ebensowenig, wie er bisher von Susan gesprochen hatte, dem eigentlichen Gegenstand des abendlichen Versteckspiels. Maxted versuchte sich auszumalen, wie Sheringham wohl den unvermeidlichen Augenblick der Wahrheit ansteuern würde: nervöses Im-Kreis-Herumlaufen, einige abgegriffene Fotokopien, ein Schlag auf die Schulter unter Männern – nein, nicht mit ihm.
Ein jungenhaft bösartiges Leuchten flog über Sheringhams Gesicht –
Unvermittelt schreckte Maxted aus seiner Träumerei hoch. Die Luft im Hof war plötzlich kühler geworden, fast so, als hätte man eine starke Klimaanlage angestellt. Eine leichte Gänsehaut rann über seine Schenkel und vom Hals den Rücken hinab. Er beugte sich vor und trank den Whisky aus, den er noch im Glas hatte.
»Kalt hier draußen«, sagte er.
Sheringham warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Finden Sie?« sagte er. In seiner Stimme klang eine Spur von Unentschlossenheit; einen Augenblick lang schien er auf ein Zeichen zu warten. Dann riß er sich zusammen und sagte mit seltsamem Halblächeln: »Zeit für die letzte Platte.«
»Was wollen Sie damit sagen?« fragte Maxted.
»Bleiben
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