Liebe 2000 - erotic science fiction
Mahlzeiten aus reinstem Ambrosia.
Sie begannen miteinander zu reden und stellten fest, daß ihre Interessen zwar voneinander abwichen, in den Grundzügen jedoch zusammenpaßten. Wenn sie in unerwarteter Form auf Franks sonderbaren Geschmack an Jazz reagierte, amüsierte er sich über ihre Mozart-Quartette und fand, sie seien eine ausgezeichnete, wenn auch komische Entspannung für ihn. Auch ihr Geschmack in bezug auf Bücher und Unterhaltung ging auseinander; so schlossen sie einen Kompromiß, bis keiner von beiden mehr den Ursprung eines bestimmten Interessengebietes erkennen konnte.
Eine Zeitlang blieb ihre Verbindung platonisch. Am ersten Tag fiel nicht ein einziges Wort über die Ehe. Am zweiten Tag einigten sie sich auf die Feststellung, daß fleischliche Dinge im Grunde überflüssig seien, und sprachen stundenlang über geistige Erfüllung. Am dritten Tag fanden sie übereinstimmend, daß auch Primitivismus schließlich seine guten Seiten habe; sie schliefen miteinander um vier Uhr früh auf dem Fußboden des Badezimmers, und das war keineswegs purer Zufall.
Nun brachte jeder Tag eine neue Bereicherung, eine neue Erfüllung; sie spürten, wie sie einander immer näherkamen. »Es ist wundervoll«, sagte Barbara. »Es war dumm, alles im ersten Augenblick zu erwarten.«
»Jawohl, dumm«, pflichtete Frank ihr bei.
»Aber irgendwo muß doch ein Haken sein«, sinnierte sie. »Wie sollen wir je erkennen, wann unsere Vereinigung vollkommen ist? Heute ist es schöner als gestern, und morgen wird es schöner als heute sein. Wo soll das enden?«
»Wer sagt denn, daß es enden muß?« entgegnete Frank und schob die beunruhigende Frage beiseite, die in seinen Gedanken bohrte. »Dr. Tethering hat uns hundertprozentige Vereinigung versprochen … und an seinen Fähigkeiten und dem Honorar gemessen, müßten wir sie bekommen. Wenn es aufhört, schöner zu werden, und mehr oder weniger zur Routine wird, dann wissen wir, daß wir am Endpunkt sind. Bis dahin – warum sich Sorgen machen?«
Aber es wurde nicht zur Routine. Jeder Tag wurde erregender als der vorhergegangene, täglich erreichten sie neue Höhepunkte der Vereinigung. Voller Verwunderung stellten sie fest, daß sie begannen, dasselbe zu denken, daß sie schon vorher wußten, was der andere sagen wollte, und Unterhaltungen führten, die nur zur Hälfte ausgesprochen wurden. Beider Leben war unvermittelt von einer seltsamen Heiterkeit getragen, als ständen sie unter dem Einfluß eines leichten Narkotikums. Es schien ihnen, als könne dies niemals enden.
Doch selbstverständlich mußte es einen Endpunkt geben.
Eines Abends saßen sie, erschöpft von einem ganzen Tag ekstatischen Beisammenseins, auf dem Sofa, als Barbara sich plötzlich von ihrem Ehemann löste und ihn verblüfft anstarrte. Frank fühlte, wie ihm ein kalter Schauer über den Rücken kroch. Stirnrunzelnd sah er sie an.
»Ich fühle mich so merkwürdig«, sagte Barbara.
»Ich weiß«, antwortete Frank. »Ich fühle mich schon seit Tagen so.«
»Aber ich m-m-meine jetzt, auf einmal«, sagte Barbara. »Es ist ein Gef-f-fühl, als müßte ich verbrennen! Es ist ganz anders als zuvor.«
»Du hast recht«, nickte Frank, auf einmal ebenfalls beunruhigt. »Es ist tatsächlich anders …«
»Ich finde es höchst unangenehm«, sagte sie und stieß ihn von sich.
»Ich auch«, antwortete er und wollte aufstehen.
»Irgendwas geht hier vor!«
»Irgendwas geht hier vor!«
»HILFE …«
Es herrschte Stille; nur das Echo eines erstickten Schreis klang noch nach.
Als ES eine Weile geschrien hatte, stand ES vom Sofa auf und ging in die Küche, um sich eine Kanne Kaffee zu machen.
Thomas Landfinder
Die größte Liebe
I
Kohlenstoff: Substanz des Lebendigen in chemisch reiner Form. Heute haben wir einige Mikrogramm dieser Substanz in die Vergangenheit geschickt. Der erste Schritt zur Überwindung der Zeitschranke ist uns also geglückt. Eigentlich ist diese Vorstellung so absurd, daß ich sie mir selbst immer wieder durch einen Vergleich nahebringen muß: Die Zeitmaschine ist eine Art Fahrstuhl, in den man einsteigt und nach »unten« fährt (ein »Oben« gibt es nicht); nur bewegt man sich nicht durch den Raum, sondern durch die vierte, die zeitliche Dimension.
Ich glaube nicht, daß ich meine Pläne jemals verwirklicht hätte, wenn es Helen nicht gäbe. Genauer: wenn es Helen nicht gegeben hätte.
Ihr Bild macht sich auf meinem Schreibtisch weit besser als im Familienalbum. Sie lacht
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