Liebe 2000 - erotic science fiction
so freundlich.
Ich kann es noch immer nicht richtig glauben, daß ich ihr tatsächlich noch einmal leibhaftig begegnen werde.
II
In all diesen Jahren war ich oft nahe daran, die Arbeit einzustellen. Helens Bild vergilbt zusehends. Manch mal überkommt mich eine Angst, es könnte schneller verblassen, als meine Arbeit vorangeht. Und wenn ich ihr Bild nicht mehr vor mir habe, das mich anspornt – werde ich dann überhaupt jemals ans Ziel kommen?
III
Heute gelang mir zumindest ein weiterer Teilerfolg. Ich ließ mich von der Zeitmaschine etwa eine Stunde in die Vergangenheit tragen. Der Vorgang ist ungefähr so, als erinnere man sich an Dinge, die man längst vergessen hat.
Auch die Rückkehr in die Gegenwart gelang einwandfrei.
Außer einem etwas ungewöhnlichen Temperaturanstieg um 3,7° Celsius und einer Veränderung der Beleuchtung zum rötlichen Teil des Spektrums hin, konnte ich nichts Ungewöhnliches bemerken.
Wie um meinen Erfolg zu vergrößern, habe ich auf dem Speicher im Haus meiner Eltern ein anderes Album mit über einem Dutzend Bildern von Helen gefunden. Eines davon, auf dem sie ungefähr 17 ist, nimmt den Platz des alten Fotos ein, auf dem ich fast nichts mehr erkennen konnte. (Ob die Zeitmaschine irgendwelche Strahlungen abgibt, die die Fotos zerstören? Manchmal habe ich das Gefühl, als verblasse das neue Bild von Helen noch rascher als das alte, und zwar um so stärker, je weiter mich die Maschine in die Vergangenheit bringt.)
IV
Zwei katastrophale Rückschläge. Einer meiner Assistenten hat die Arbeit im Stich gelassen, weil, wie er sich ausdrückte, »die ganze Angelegenheit völlig verrückt« sei. Dabei schaute er mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck Helens Bild. an. (Es ist bereits das siebente.) Ob er etwas ahnt?
Mein zweiter Assistent starb heute morgen unter sehr unglücklichen Umständen. Bei einem letzten Probelauf der Maschine geriet er aus Versehen in die Schlacht von Verdun. Ein Schrapnellsplitter traf ihn, ehe er sich in die Maschine zurückziehen konnte.
Aber ich muß noch einige Jahre weiter zurück, vor den Ersten Weltkrieg. Und das alles ohne Hilfe. Ich wage nicht, neue Mitarbeiter hinzuzuziehen.
Der Kampf mit der Vergangenheit ist so zäh und aufwendig.
Ob ich dich jemals treffen werde, Helen?
V
Ich stieg aus der Zeitmaschine, tarnte sie, so gut es ging, und wanderte dann in das Städtchen, in dem Helen aufgewachsen ist.
Ich wollte sie kennenlernen, als sie noch so jung und schön war, wie die Fotos sie zeigten (die nun alle zerstört sind).
Auf jeden Fall wollte ich sie vor jenem Sommerball treffen, auf dem ihr zukünftiger Mann erstmals in ihr Leben trat. Sonst wäre die Angelegenheit nur unnötig kompliziert worden.
Als ich sie dann tatsächlich sah, hätte ich sie fast nicht erkannt. Mit den Bildern war auch die Erinnerung an sie ein wenig verblaßt; anders kann ich es mir nicht erklären.
Sie schob einen Kinderwagen, und im ersten Moment dachte ich voller Schrecken, es sei alles falsch gelaufen, ich sei zu spät gekommen. Doch ich konnte die Fassung bewahren.
Ich war verliebt in sie von der ersten Sekunde an, in der ich sie als Helen erkannte. Dabei hatte ich solche Angst gehabt, daß die Wirklichkeit mich enttäuschen könnte, daß ich all die Jahre einem Trugbild meines Unbewußten nachgelaufen bin.
VI
Sieben Tage nach dieser Begegnung sprach ich sie zum erstenmal an, nach einer Woche voller Unruhe. Sie saß auf einer Bank im Kurpark und las. Mit einer Verbeugung fragte ich, ob ich Platz nehmen dürfe. Natürlich rechnete ich damit, daß sie konsterniert aufstehen und weggehen würde. Aber sie schien einem kleinen Abenteuer nicht abgeneigt. Sie bekam einen roten Kopf und sagte: »Aber bitte, mein Herr.«
Offensichtlich war ich respektabel.
Im Pavillon gegenüber spielte die Kurkapelle flotte Märsche. Eine vierspännige Kutsche mit einem Uniformierten rollte vorbei. Alle Leute reckten neugierig die Hälse, auch Helen.
»Wer ist das, gnädiges Fräulein?«
»Seine Majestät, der Kaiser«, erwiderte sie vorwurfsvoll.
Mehr geschah nicht. Als ich mich einige Minuten später empfahl, weil ich vor Nervosität nicht mehr stillsitzen konnte, fragte ich noch nach einer belanglosen Straße. Zerstreut gab sie mir Auskunft, offenbar völlig in ihr Buch vertieft. Sie war jedoch keineswegs abweisend, und später, als ich sie näher kannte, gab sie mir deutlich zu verstehen, daß sie mich auf der Bank nur getäuscht
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