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Liebe 2000 - erotic science fiction

Liebe 2000 - erotic science fiction

Titel: Liebe 2000 - erotic science fiction Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Landfinder
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Seine Zähne schimmerten bläulich unter der ledrigen Haut, und die Rippen in seiner Brust traten wie ein Drahtskelett hervor.
    Er hatte es aufgegeben, Kleider zu tragen. Draußen im Regen hielten sie ohnehin nur einen Tag, und Tabus irgendwelcher Art gab es nicht mehr. Jetzt konnte man mit Schuhen in die Moscheen gehen und brauchte in den Synagogen keinen Hut mehr zu tragen, kein Gebetbuch in den Kirchen. Man konnte sich nackt auf dem Marktplatz ausstrecken und durch die Bibliothek wandern.
    Verflucht, dachte der Junge. Es wäre doch eine herrliche Zeit gewesen …
    Ein glänzender Käfer überquerte den Toreingang, in den sich der Junge verkrochen hatte, als der Abend hereingebrochen war. Der Junge beobachtete ihn interessiert und auch ein wenig glücklich. Es war das erste lebende Wesen, das ihm heute begegnet war, außer der Spinne. Aber zu der Spinne hatte er keine Verbindung besessen.
    Spinne am Morgen bringt Kummer und Sorgen, schlich es ihm in den Sinn. Spinne am Morgen bringt Kummer und Sorgen. Spinne am Morgen …
    Dann plötzlich überkam ihn ein Husten. Er lehnte den Kopf gegen die Mauer und keuchte und würgte und spuckte rötlichgelben Schleim, der träge an den roten Steinen herunterrann.
    Als er wieder ein wenig zu Atem gekommen war, richtete er sich auf und trat auf die Gasse hinaus. Mit einem storchenhaften Schritt setzte er über einen Hund, auf dessen gelben Zähnen noch der getrocknete Geifer klebte. Der Junge hatte den Hund gekannt.
    Er fühlte sich müde und zerschlagen. Jeder Muskel schmerzte ihn, und in seiner Brust war ein seltsam ätzendes Gefühl, das ihn husten ließ. Er hatte seit Tagen kaum etwas gegessen und schwankte vor Hunger.
    Die Nacht war nicht gut gewesen. Zuerst hatte sich eine riesige Ratte an ihn herangemacht, und er hatte sie mit Steinen vertreiben müssen. Doch auch dann hatte er keine Ruhe gefunden; immer wenn er an die Ratte dachte, kam ihm auch das Bild seines kleinen Bruders in den Sinn. Sie hatten ihn töten müssen. Auch an ihn hatten sich in der Nacht die Ratten herangemacht.
    In der Gosse schwamm ein Buch. Zuerst stieß er es einfach mit dem Fuß vor sich her, erst später kam ihm der Gedanke, es aufzunehmen und zu öffnen. Die ersten Seiten waren vom Wasser und von den Bakterien zerfressen worden, doch in der Mitte hatten sich die Seiten nur leicht verfärbt.
    Der Junge merkte, daß seine Augen schlecht geworden waren.
    »… entdeckte das Spektroskop in den leichteren Oberflächenschichten, die diesen Tiefenbereich umhüllen, die ganze Reihe unserer chemischen Elemente. In den Sternen steigt also, wenn man sie mit den Galaxien im Urzustand vergleicht, die Komplexität, ohne jedoch, das ist eine entscheidende Tatsache, an irgendeiner Stelle eine bestimmte Schwelle überschreiten zu können, das heißt, daß es ihr gelingt (abgesehen von einigen einfachen Verbindungen, die in der weißglühenden Atmosphäre gewisser Sterne …«
    Er warf das Buch in die Gosse zurück, daß das Wasser aufklatschte.
    Deukalion, dachte der Junge, als er weiterging, Deukalion hat es leichter gehabt. Er konnte Steine hinter sich werfen, wie der Gott es ihm befohlen hatte, und aus diesen Steinen entstand dann das Menschengeschlecht.
    Er packte einen Stein vom Boden und schleuderte ihn über die Schulter, die Augen fest zusammengekniffen. Der Stein durchschlug klirrend eine Fensterscheibe, die in tausend Fragmente zersplitterte, und brach im Innern unnatürlich laut auf die morschen Dielen.
    Er lauschte erschreckt; aber heutzutage gab es keine Götter mehr.
    Dann dröhnte ein Schuß durch die Stille, der zwischen den leeren Häuserwänden verzerrt hin und her geworfen wurde. Ein Querschläger sirrte in der Luft.
    Zuerst glaubte er, sein Trommelfell müsse zerspringen. Seine Zähne schlugen aufeinander; er bedeckte die Ohren mit den Händen, die Ellbogen zusammengepreßt, bis der Schmerz in Wellen verebbte. Dann stand er still.
    Er duckte sich wie ein Jäger, der sein Wild anschleicht. Da war Wild. Nicht zum Essen, zum Jagen war es da, um gestellt und gepackt und niedergeworfen zu werden. Er sah die Gestalt in den weiten Hosen und der unförmigen Bluse sofort, als er sich umwandte. Im Schatten der Häuser stand sie, wo sich ein steinerner Bogen zwischen den Fachwerkhäusern über die Gasse wölbte.
    Er wußte nicht mehr, wie leise er schleichen konnte; denn er hatte seit Tagen kaum einen Laut gehört. Doch jetzt war er Jäger, und seine nackten Füße glitten ohne das kleinste Geräusch

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