Liebe 2000 - erotic science fiction
über die nassen Pflastersteine.
Wie ein wildes Tier sprang er das Wesen von hinten an, packte es an den Armen und schüttelte es, selber keuchend und am ganzen Körper zitternd.
Erst als es sich freigekämpft hatte und ihm das Gesicht zuwandte, die verrostete Maschinenpistole erhoben und den Finger am Drücker, erkannte er, daß es eine Frau war, ein Mädchen, kaum älter als er selbst.
Er wich zurück. Sein hageres Gesicht zuckte.
Dann schlug er die Hände vors Gesicht und brach in ein verzweifeltes, trockenes Schluchzen aus.
Das Mädchen war ebenso erschüttert wie er selbst. Müde ließ sie die Waffe sinken, doch ihre Augen glühten wachsam und mißtrauisch.
»Wer bist du?« fragte sie schließlich.
Der Klang ihrer Stimme erschreckte ihn noch mehr als der Schuß und die Spinne und die Ratten. Er schüttelte den Kopf.
»Kannst du nicht reden?«
Der Junge überlegte: »Doch«, sagte er dann. Seine Stimme klang heiser; denn seine Lippen war rissig vom Durst.
»Wie heißt du?«
»Gil«, sagte der Junge. Und dann nach einer Weile: »Eigentlich heiße ich Gilbert, doch alle nennen mich Gil.«
Erst später merkte er, wie seltsam dieser Satz klingen mußte. Alle nannten ihn Gil! Welch ein Hohn …
»Komm näher«, sagte das Mädchen. Er beäugte mißtrauisch ihre Waffe.
»Komm«, sagte sie aus einem plötzlichen Impuls. »Es war meine letzte Patrone. Du brauchst keine Angst zu haben. Und was hätte ich davon, dich umzubringen.«
Sie war anscheinend selbst froh darüber, reden zu können. Unsicher trat er einige Schritte näher. Sie zuckte nicht einmal, als er seine große knochige Hand auf ihre Schulter legte. »Hallo«, sagte er. Als er die Hand dann wieder wegziehen wollte, zerriß der morsche Stoff von der Schulter bis zur Hüfte und legte ihre kleinen, harten Brüste frei.
»Nein!« sagte sie angstvoll. »Nein!« Und sie schrie.
Ihr Schrei hatte etwas Befreiendes. Keiner von beiden hatte es in den letzten Tagen gewagt zu schreien. Doch ihre grelle, klirrende Stimme löste unzählige Resonanzen aus, legte Verschüttetes frei, überflutete die Häuser und Straßen mit einem erlösenden Aufatmen, und selbst die Sonne brach für einen Augenblick hinter den Wolkenschleiern hervor und ließ die Stadt erglänzen wie einen riesigen, wärmenden Kristall.
»Es ist ja alles gut«, sagte Gil und drückte sie an sich. »Es ist ja alles gut. Alles wird wieder gut. Ich bin ja bei dir. Ich bin ja bei dir, Mädchen. Wir bleiben zusammen. Immer bleiben wir zusammen …«
Wie ein Sturzbach brach es aus ihm hervor. Er wiegte sie in seinen Armen; sie barg den Kopf mit den langen, nassen Haaren an seiner Brust und weinte hemmungslos, während seine Finger ihr über den bloßen Rücken strichen. Mit einemmal wurde ihm bewußt, daß er nackt war, und plötzlich ließ er die Arme wieder fallen, wie um seine Blöße zu bedecken.
»Es macht nichts«, sagte das Mädchen, als hätte es seine Gedanken gelesen.
Er lächelte, und fast wunderte er sich, daß er es noch konnte.
»Nein«, sagte er, »ich glaube, jetzt macht es wirklich nichts mehr. Ich habe deinen Schuß gehört«, sagte er, als sie die Straße hinuntergingen, wobei sie danach trachteten, die Kadaver, die auf dem Pflaster verfaulten, zu meiden. »Ich wußte gar nicht, was jetzt eigentlich geschehen war, es war so – so vollkommen unmöglich, ich weiß nicht, wie ich es sagen soll –«
»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen«, sagte sie. »Ich hätte nicht anders gehandelt.«
»Worauf hast du geschossen?«
»Eine Ratte.«
»Ja«, nickte er. »Sie halten sich verdammt lange, diese Biester. Ich hätte es selbst nicht geglaubt, aber sie sind verdammt zäh. Hängen am Leben, verstehst du. Rein instinktiv. Haßt du die Ratten auch so?«
»Hm-hm!« sagte das Mädchen.
Sie überquerten den Markt, wo sich ein Lastwagen so in den Brunnen verbissen hatte, daß er die halbe Straße versperrte. Sie machten einen Bogen um ihn, kamen aber nicht umhin, das Gesicht des toten Fahrers zu erblicken, eine blutverschmierte, vertrocknete Knochenmasse, in der sich buntschillernde Bakterienkulturen bekämpften.
»Schau nicht hin«, sagte der Junge. Er zerrte sie am Arm.
Dann rannten sie an den Häusern vorbei und zum Meer hinab.
Es war die Zeit der Flut. Die Boote der Fischer schaukelten an den Stegen, zwischen denen sich schwärzliche Ölflächen ausbreiteten. Die Wellen und der Wind hatten den säuerlichen Fischgeruch vom Kai weggespült, so daß er jetzt als tote,
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