Liebe ahoi
verlangend an. Auch herrschte zwischen ihnen zuweilen eine unerträgliche Spannung. Warum ließen sie nicht einfach ihren Gefühlen freien Lauf, sanken sich in die Arme, und anschließend war alles
ausgestanden?
Über diese Frage hatte Maxine in der letzten Woche häufig nachgedacht. Es schien ihr, als würden sie beide bei dem anderen etwas erahnen, das sie nicht mehr würden loslassen können, wenn sie es einmal kennen gelernt hatten. Etwas, das sie daran hindern würde, ohne Bedauern getrennte Wege zu gehen.
Nein, sie wollte nicht schweren Herzens oder mit Schuldgefühlen von der Insel abreisen.
Sie wollte voller Freude zu immer neuen Ufern aufbrechen. Eines Tages würde sie dem
richtigen Mann begegnen, der wie sie empfinden würde, so dass sie gemeinsam durch die Welt ziehen und ihrer beider Ziele und Träume verwirklichen könnten.
Das Arzthaus kam in Sicht, doch ohne weiter darüber nachzudenken, wandte sich
Maxine in eine andere Richtung. Sie wollte lieber noch etwas über die Insel streifen und sich so lange wie möglich von Marc und seiner „Büroarbeit" fern halten.
Ziellos wanderte sie umher und gelangte irgendwann zu einem Gebiet, auf dem man alle Bäume gefällt und eine etwa hundert mal dreihundert Meter große Grube ausgehoben hatte.
Neugierig ging sie etwas näher und blickte dann rund fünfzehn Meter in die Tiefe. „Das also ist die berühmte Merit-Smaragdmine?" Sie stemmte die Arme in die Hüften. „Ich für meinen Teil finde sie zum Gähnen langweilig."
„Zumindest stimmen wir in einem Punkt überein, Miss Baptiste."
Maxine zuckte zusammen und wusste nicht, was sie als Erstes tun sollte - einen Herzanfall bekommen oder in Ohnmacht fallen. Unwillkürlich drehte sie sich um und sah Marc hinter einem Baum hervortreten. „Sie haben mich zu Tode erschreckt, Doc." Tief atmete sie ein.
„Was haben Sie da hinter dem Baum getan?"
Er lehnte sich gegen den dicken Eichenstamm. „Beobachtet."
Verwirrt betrachtete sie ihn. Mit dieser Antwort hatte sie nicht gerechnet. „Was ... oder wen ... genau haben Sie beobachtet?"
Marc deutete in eine Richtung. „Den Kolibri."
Maxine wandte den Kopf und entdeckte überrascht den Vogel, der zwischen wild
wachsenden Blumen herumflatterte. Argwöhnisch blickte sie wieder Marc an. „Und Sie
waren so auf den Kolibri konzentriert, dass Sie mich überhaupt nicht bemerkt haben."
„Ich habe Sie bemerkt. Allerdings war ich hergekommen ..." Er runzelte einen Moment die Stirn und wirkte dann wieder völlig gelassen. „... um allein zu sein."
Sie blitzte ihn an. „Zufälligerweise bin ich auch deshalb hier."
Marc stieß sich von der Eiche ab. „Sie finden also, dass die Mine zum Gähnen langweilig ist?"
Der Themenwechsel erstaunte sie, kam ihr aber sehr gelegen. Sie sollten wirklich von etwas anderem reden und sich nicht darüber austauschen, warum sie beide die Einsamkeit suchten. Außerdem hatte der verdammte Doktor es wieder einmal geschafft, sie zu verwirren. „Na ja, viel zu sehen ist da nicht", erwiderte Maxine und hätte gern eine geistreichere Antwort gegeben, doch in ihrem Kopf herrschte ein ziemliches Chaos.
Marc schlenderte auf sie zu, und sie atmete erst einmal tief ein. Warum wirkte er nur so überwältigend auf sie? Viele Männer trugen Jeans und beigefarbene Poloshirts, hatten schwarze Haare und braune Augen. Bei deren Anblick wurde ihr allerdings nicht immer gleich anders.
Etwa einen halben Meter von ihr entfernt blieb er stehen, bückte sich und hob einen
Stein auf, den er ihr hinhielt, sobald er sich wieder aufgerichtet hatte. „Das ist ein Smaragd, oder besser, das wird mal einer werden, nachdem er bearbeitet worden ist."
Unwillkürlich streckte sie die Hand aus, und er legte ihr den Stein hinein. Sie betrachtete ihn genauer und sah es hier und da grün funkeln. „Beeindruckend", sagte sie leise und blickte Marc an. „Sollte Ihre Praxis irgendwann nicht mehr gut laufen, könnten Sie sich immer noch in einer Smaragdmine verdingen."
Er lachte auf, doch es klang nicht sonderlich amüsiert. „Danke. Ich werde es mir merken."
„Kann ich den Stein behalten?" Maxine deutete auf die Armbänder an ihrem Handgelenk.
„Ich sammle Dinge, die mich an meine Abenteuer erinnern", erklärte sie und runzelte dann die Stirn. „Es sei denn, er ist zu wertvoll. Schließlich will ich niemanden in den Ruin treiben."
Marc schüttelte den Kopf. „Behalten Sie ihn ruhig. Ich denke, wir stehen noch nicht kurz vor dem Bankrott."
Das glaubte
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