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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zwischen all dem Marmor und Stuck, den Teppichen und Maßanzügen, der gedämpften, diplomatischen Höflichkeit und dem ewigen Mißtrauen war für mich eine verlorene Zeit. Können Sie das verstehen?«
    Jelena schwieg. Ihre Backenknochen aber stachen stärker durch die Haut.
    »Ich will mir nicht wieder eine Ohrfeige einhandeln, aber ich muß Ihnen sagen, daß Sie mir direkt fehlten. Ihre Nähe macht mich glücklich.« Bodmar ließ den Motor aufschnurren und blickte in die Runde. Der Verkehr auf der Straße war nicht stark; es war einfach, sich auf die Mitte der Straße zu schieben. Die zwei Milizsoldaten, die vor der Deutschen Botschaft hin und her pendelten, blickten interessiert in den schwarzen Moskwitsch-Wagen. Ein Deutscher und ein russisches Vögelchen … der Teufel hole die Weiber, die sich so verkaufen!
    »Fahren Sie endlich!« sagte Jelena gequält. »Wir fallen ja schon auf. Wozu so viele Worte? Ich höre Ihnen doch nicht zu. Sie sind wie das Quäken eines Sumpffrosches.«
    Stumm fuhren sie durch die Stadt, nur die Angaben Jelenas unterbrachen die Stille zwischen ihnen. »Rechts –« sagte sie. Oder: »Links. Um den Platz herum.« Oder: »Immer geradeaus. Bleiben Sie auf der Uferstraße …«
    Moskau. Der Fluß. Die Backsteinmauer des Kreml mit ihren Türmen und Toren. Die goldenen Kuppeln der Kirchen, auf denen sich die Sonne spiegelte. In den Himmel ragend die spitzen weißen Hochhäuser im Zuckerbäckerstil – das neue Antlitz der Riesenstadt. Die weißen Schiffe auf der Moskwa. Breite Boulevards, mit Bäumen eingefaßt, wie in Paris. Die Parks mit ihren Alleen und Blumenrabatten.
    Moskau. Die ›weiße Stadt‹. Acht Jahrhunderte bauten an ihr. Ein riesiger Schwamm, der die Völker in sich aufsog. Metropole eines Landes, das ein Sechstel dieser Erde umfaßt. Vom sibirischen Meer mit ewigem Eis bis zu den mongolischen Steppen, von der Schwarzen Erde der Ukraine bis zu den Kohlenhalden von Chabarowsk, von den Bohrtürmen der Ölfelder von Baku bis zu den endlosen, im Sommer singenden, im Winter von Frost krachenden Wäldern der Taiga, durch deren meterhohen Schnee die Hundeschlitten gleiten und das Geheul der Wölfe mit dem Eissturm fliegt.
    Moskau – das ›Herz der Welt‹, wie die Russen sagen.
    Bodmar fuhr den Wagen in die Garage des Hotels ›Ukraina‹.
    Ein Gepäckträger und ein Boy rannten heran, nahmen die Koffer aus dem Wagen und schoben sie in einen der Aufzüge. Der Garagenwärter begrüßte Bodmar wie einen alten Bekannten. Jelena kannte er mit Namen und zwinkerte ihr zu, was ihr sehr unangenehm war. Man sah es an ihren geschürzten Lippen.
    »Sie haben Zimmer 689«, sagte Jelena, als sie die Hotelhalle betraten, die groß wie ein Bahnhof war und von einem ungeheuren Luxus. An der riesigen Theke des Empfangs drängten sich Gäste aus allen Ländern. Der Engländer vom Flughafen, der mit den Zollbeamten über seinen Whisky diskutierte, saß schon in einem der tiefen Sessel in der Halle, las die neueste Ausgabe der TIMES und trank aus einer der durch den Zoll geredeten Flaschen.
    »Ich habe gehört, daß man seinen Paß abgeben muß«, sagte Bodmar und griff in die Rocktasche. Seine Koffer wurden auf einem kleinen Wagen vorbeigefahren und entschwebten nach oben in einem der breiten Lastenaufzüge.
    »Sie nicht.« Jelena sprach mit einem der Angestellten hinter der Theke. Ein Boy, ein kleiner Bursche mit einem schwarzen Krauskopf, baute sich vor Bodmar auf und stand stramm.
    »Folgen Sie mir bitte, Gospodin.«
    »Und Sie?« fragte Bodmar. »Sehe ich Sie wieder, Jelena?«
    »Ich hoffe nicht.«
    »Dann ist das jetzt ein Abschied für immer?«
    »Ja.«
    »Darf ich Ihnen noch etwas sagen?«
    »Wenn es unbedingt nötig ist.«
    »Es ist nötig: Sie wären die schönste Frau Moskaus, wenn Sie ein wenig Rot auf Ihre Lippen legten und sich die Augenbrauen zupfen ließen.«
    »Ich hasse die dekadente Puppenschönheit des Westens.«
    »Wie Sie meinen, Jelena.« Er streckte ihr die Hand hin. »Leben Sie wohl. Schade – ich wäre so gern mit Ihnen durch Rußland gefahren. Aber anscheinend bin ich nicht Ihr Typ.«
    »Sie sind ein Deutscher!« sagte Jelena Antonowna hart. »Was Sie auch denken und fragen … suchen Sie darin eine Antwort.«
    Bodmar zögerte. Er wollte noch vieles sagen, erklären, richtigstellen. Alle Mißverständnisse in der Politik entstehen nur, weil man nicht gründlich miteinander spricht. Hier, zwischen uns beiden, fängt es schon an … wie soll man da auf Verständnis bei den

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