Liebe am Don
Einheitssocken.
Iwan Feodorowitsch stellte sich sofort an den Wasserhahn und seifte sein Gesicht ein, als Bodmar fertig war. Njuscha zog ihr Hemd über den Kopf und beugte sich über das Waschbecken neben Großväterchen. Ihre nackten Brüste glänzten mattweiß in der Sonne, die durch das Fenster neben ihr in die Küche flutete. Der alte Volkow hatte kein Auge dafür, der tägliche Anblick seiner wohlgebauten Schwiegertochter stumpfte ab, aber sein Auge glänzte, als die Klinge des Rasierapparates weich und schmerzlos über seine Wangen glitt und die Stoppeln abschabte, als würden sie weggeblasen.
»Welch ein Messerchen!« schrie er und hüpfte vor Freude. »Fühl einmal, Brüderchen, fühl doch, streich mit der Hand darüber. Glatt ist mein Kinn wie ein Kinderhintern! Und so etwas stellt man im Westen her?« Er betrachtete den Rasierapparat mit zusammengekniffenen. Augenbrauen und schwenkte ihn dann unter dem Wasserstrahl sauber. Dabei berührte er mehrmals die Brüste Njuschas, aber das war für ihn nichts anderes, als stoße er gegen eine Wand. »Erstaunlich«, sagte er und gab Bodmar den Apparat zurück. »Erstaunlich! Es muß ein Zufallstreffer sein. Im allgemeinen sind sie uns im Westen doch alle unterlegen.«
Iwan Feodorowitsch deckte den Tisch, während sich Njuscha und Bodmar anzogen, und empfing sie dann wie ein Kellner in einem Hotel. »Tee und für jeden ein Butterbrot mit Wurst. Fünfzig Kopeken macht das, Genossen.« Er streckte die Hand hin, und Bodmar zahlte, ohne zu handeln. Er war froh, bei den Volkows untergekrochen zu sein. Hier werden wir bleiben, bis wir in dieser Riesenstadt Fuß gefaßt haben, dachte er, bis wir Wurzeln geschlagen haben und wissen, wie unser Leben weitergeht.
Iwan Feodorowitsch schien Bodmars Gedanken zu erraten. Er setzte sich auch an den Tisch, strich über seine glattrasierten Wangen und beugte sich vor.
»Wir haben gestern abend noch lange über euch nachgedacht«, sagte er mit väterlicher Sorge. »Da kommt ihr in die Stadt, von draußen, aus der Steppe am Don, und glaubt, alle reißen die Arme auseinander und rufen: Willkommen, Brüderchen, ei, wie freuen wir uns Schwesterchen … nur auf euch haben wir gewartet, die besten Arbeitsplätze haben wir euch freigehalten, setzt euch hin, verdient fünfhundert Rubel im Monat und baut euch eine Datscha in Sarepta an der Wolga. So ist es nicht, Genossen, auch nicht beim glorreichen Aufbau unserer Stadt. Vor zehn Jahren noch … da hätte man euch auf der Straße geküßt, wenn ihr nach Stalingrad gekommen wäret, die Schaufel in die Hand genommen und in den Trümmern gegraben hättet. Aber heute ist es so, daß mehr Menschen in die Stadt kommen, als wir Platz haben. Und das ist ein Problem.«
Iwan Feodorowitsch holte Atem, nahm Njuschas Tasse und trank einen tiefen Schluck Tee. Man war eben eine große Familie mit sozialistischem Denken.
»Mein Stiefsohn Arkadij Mironowitsch – eigentlich müßte er Iwanowitsch heißen, aber er stammt aus der ersten Ehe meiner Frau mit einem Taugenichts, der Teufel hole ihn! – also mein Söhnchen hatte eine Idee. Er kennt ja jeden maßgebenden Genossen. Täglich kommen sie zu ihm, stehen herum, begutachten die neuen Gartenanlagen, sagen: Hier noch ein Bäumchen, dort noch ein Büschchen, in diese Ecke einen Strauch, und dort fehlt eine Bank, und dann unterhalten sie sich mit Arkadij wie mit einem Freund … und dadurch kennt er auch den Genossen vom Friedhofsamt. Nicht den Leiter, der ist ein stolzer, eingebildeter Mensch, trägt die Nase hoch, vielleicht weil er zuviel Leichen riechen muß, und keine Widerrede duldet er, denn die Toten widersprechen ja nicht, man kann ihnen sagen, was man will, sie liegen stumm und steif da, so etwas setzt sich im Charakter fest, Genosse … also nein, den kennt er nicht. Aber den alten Borja Ferapontowitsch Aljexin kennt er, den Leiter der Totengräberbrigade III. Friedhof Nr. 2, südlicher Teil. Und ich kenne ihn auch, ein lieber Mensch, fast so alt wie ich, ein fleißiger Mensch, den keine Epidemie aus der Ruhe bringen kann, er begräbt die Toten wie der Wind, hui … ist ein Grab fertig und hinein mit dem Genossen. Nie hat ihn das ständig wachsende Soll erdrückt … nur vor dem Zahnarzt hat er Angst, nicht einen Zahn mehr hat er im Mund, und wenn er Brot ißt, weicht er es vorher mit Speichel auf, bis es ein Brei wird … aber sonst, ein guter Mensch, Sascha. Er könnte dir helfen. Geh zu ihm, ich schreib ihm ein Briefchen, und er wird tun,
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