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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Haare auf sein Haupt retuschiert haben; ganz schlimm war es einmal bei einer reichen Bäuerin, die verlangte, daß man auf dem Bild nicht ihren riesigen Busen sah, aber auch dieses schier Unmögliche schaffte Brutjew durch eine geschickte Kameraeinstellung und mit seinem berühmten Retuschierstift. Zum erstenmal aber verlangte jetzt jemand, daß man seinen Kopf abschnitt, also genau das, worauf alle, die sonst zum Fotografen kommen, so unendlich stolz sind. Es dauerte deshalb eine Zeit, bis Brutjew sich beruhigte und Njuscha ihm erneut erklärte, daß der Kopf nicht wichtig sei, sondern nur der Körper.
    »Sie müssen es wissen, Genossin«, sagte er fast gekränkt. »Halten wir aber im voraus fest, daß es nachher keine Reklamation gibt.«
    »Natürlich.« Njuscha sah sich um, holte dann einen Stuhl heran und begann, sich auszuziehen. Brutjew fielen die Augen aus dem Gesicht … er lehnte sich an die Wand und umklammerte das Gerüst seiner Scheinwerfer.
    »Was soll das?« stammelte er. »Genossin, halten Sie ein! Hier ist es immer so heiß. Die Scheinwerfer … es geht gleich vorüber –«
    »Sie sollen mich nackt fotografieren –«, sagte Njuscha, als sei das selbstverständlich. Sie ließ das Kleid fallen und knöpfte ihren Büstenhalter auf. Brutjew begann zu zittern.
    »Nackt? Ich bin ein anständiger Fotograf, Genossin! Darf ich Sie darauf aufmerksam machen, daß erotische Bilder verboten sind?«
    »Es ist kein erotisches Bild … ich will nichts als ein Foto von meinem nackten Körper. Ist es eine Sünde, sich selbst nackt zu sehen?«
    »Natürlich nicht.« Brutjew schluckte. Er hatte einen dicken Kloß im Hals. Njuscha stand mittlerweile nackt vor ihm und bewegte sich ohne Scham zu der weißen Hinterwand, stellte sich dort auf und winkte.
    »Fangen Sie an, Genosse.«
    »Darf ich bemerken –«, stammelte Brutjew – »daß ich ein Mann bin?«
    »Sie sind ein Fotograf …«
    »O Himmel.« Brutjew warf sich hinter seine Plattenkamera, sah über die Milchglasscheibe auf den nackten, jetzt auf dem Kopf stehenden Körper Njuschas und atmete pfeifend durch die Zähne. »Soll alles drauf?« fragte er mit belegter Zunge.
    »Alles.«
    »Unretuschiert?«
    »So wie es in Natur ist.«
    »Ohne Kopf?«
    »Sie sagen es, Genosse.«
    Brutjew leckte sich über die Lippen, aber die brannten wie nach zehn Stunden Wüstenwanderung. Er stellte das Bild scharf ein, schob die Platte in den Rahmen und ergriff den Drahtauslöser. Seine Finger zitterten wie im Schüttelfrost. Dann drückte er, es machte ›klack‹, und das Bild, das verrückteste und schönste Bild, das Brutjew je geknipst hatte, war im Kasten. Erschöpft stützte er sich auf ein Stativ und sah zu, wie sich Njuscha schnell wieder ankleidete.
    »Wann kann ich das Foto abholen?« fragte sie und legte drei Rubel Anzahlung auf den Tisch neben Brutjew. Das war mehr, als das Bild sonst kostete, aber man muß die seelische Belastung mitbezahlen.
    »Morgen, Genossin.«
    »Mit dem Negativ natürlich.«
    »Selbstverständlich.«
    »Und der Kopf ist nicht auf dem Bild?«
    »Nein. Es fängt beim Brustansatz an …« Brutjew atmete hastig. »Ich garantiere für eine saubere Arbeit.«
    Er begleitete Njuscha bis zur Tür, blickte ihr nach, wie sie die Straße hinunterging, mit weiten, ausgreifenden Schritten, und er dachte sich die Kleider weg und sah sie wieder so, wie sie vor wenigen Minuten im Scheinwerferlicht gestanden hatte, ein weißer, blühender Körper, ein Gedicht in Fleisch, ein Hymnus der Form.
    Genossen, gerade unter den Fotografen gibt es viele Dichter … man versteht das jetzt.
    Brutjew stieß einen tiefen Seufzer aus, rannte dann in die Dunkelkammer, entwickelte das Foto, fixierte und wässerte es, ließ es auf dem Schnelltrockner trocknen und hing es dann mit einer Klammer an eine Leine. Versonnen setzte er sich davor und sah es an. Es war ein Meisterwerk. Sogar der winzige Leberfleck auf Njuschas linkem Oberschenkel war zu sehen.
    Timor Antonowitsch Brutjew verbrachte die halbe Nacht damit, sein Foto anzuhimmeln. Dann wurde die Versuchung zu groß, er warf seine Jacke über und rannte zu einer ihm bekannten Dirne, deren Pudel er einmal fotografiert hatte.
    Am nächsten Tag holte Njuscha das Foto ab. Sie bezahlte noch einmal zwei Rubel, zerriß vor Brutjews Augen das Negativ in kleinste Teile und sah ihn stolz an. »Vergessen Sie, daß Sie mich fotografiert haben«, sagte sie eindringlich. »Es könnte für Sie von Nutzen sein, Genosse.«
    Brutjew verstand die

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