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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Iwan, der alles wußte, wartete wie ein Schnelläufer in seinem Startloch auf das Erscheinen Bodmars.
    »Da ist er!« rief er, als es an der Tür klingelte. Die Volkows sprangen auf und rannten in den Flur. Sie empfingen Bodmar wie einen Helden, der aus der Schlacht zurückkommt. »Hunderte Tote sind es, stimmt es?« schrie Großväterchen. »Und der Kapitän war besoffen! Komm ins Zimmer, Söhnchen, komm ins Zimmer und erzähle –«
    Bodmar schüttelte den Kopf. Er sah müde und verfallen aus. Njuscha umarmte ihn, und sie gingen in ihre kleine Klammer und schlossen sich ein.
    »Leg dich hin«, sagte sie und streichelte sein Gesicht. »Ich bringe dir deine Suppe. Lieg ganz ruhig, Sascha … es war ein böser Tag …«
    Er nickte, streckte sich auf der Matratze aus und schloß die Augen.
    Ich werde dich nie verlassen, nie! dachte er. Und wenn wir uns in ein Loch unter der Erde verkriechen müssen … ein Leben ohne Njuscha ist wie ein Himmel ohne Gott.
    Sie kam mit der Suppe, und er löffelte sie, während sie ihm immer wieder über die Haare strich. Im Wohnzimmer hörte man den alten Volkow tönen. Er stellte Mutmaßungen über das Schiffsunglück an.
    »Du hast ein neues Hemd und eine neue Hose?« sagte Njuscha.
    »Ja. Was ich anhatte, war naß.«
    »Du siehst gut aus in dem blauen Hemd.«
    »Ich kaufe dir morgen ein Kleid.«
    »Eines mit großen Blumen?«
    »Mit ganz großen, Njuscha –«
    Er warf den Kopf in ihre Halsbeuge, umfaßte sie und weinte plötzlich. Njuscha fragte ihn nicht … sie streichelte seinen zuckenden Nacken, und als er nicht aufhörte zu weinen, bettete sie seinen Kopf zwischen ihre Brüste. Da wurde er ruhig, atmete seufzend und schlief ein wie ein Kind in der mütterlichen Wärme.
    Vier Tage später flog die Reisegesellschaft nach Deutschland zurück. Reiseleiter Heppenrath fuhr sofort nach Bonn und ließ sich im Außenministerium melden. Er glaubte, das sei die richtige Stelle.
    Warum eigentlich, Genossen, hält man Politiker immer für die richtigen Leute?

E INUNDDREISSIGSTES K APITEL
    Ganz unverhofft brach das Unglück über die braven Volkows herein. Es geschah am frühen Morgen, als die Familie noch schlief und nur die Volkowa durch die enge Wohnung schlurfte, um die Brote für ihren Arkadij Iwanowitsch zu schmieren. Er nahm jeden Tag einen Berg von Butterbroten mit, denn Gartenarbeit macht hungrig, und die frische Luft an der Wolga verstärkt den Hunger noch. »Von unserer Familie allein kann ein Bäcker leben«, raunzte ab und zu Großväterchen Iwan Feodorowitsch. »Ein wahres Wunder ist's, was wir an Laiben verschlingen. Selbst Fedja fängt an, wie ein Kulakenhengst zu fressen.«
    Fedja, der älteste Enkel, nahm die Beleidigung ruhig hin. Man muß den Alten gewähren lassen, dachte er gelassen. Wenn er nicht mehr brüllt, ist er krank, und ein kranker Großvater ist schlimmer als ein keifender. Man hatte das schon erlebt, als Iwan Feodorowitsch einmal mit Halsschmerzen im Bett lag. Die ganze Familie litt darunter, war ständig auf Trab, den Alten zu besänftigen, aber hundertmal gellte die Stimme des Kranken durch die Wohnung: »Keiner kümmert sich um mich! Verrecken kann man wie eine blutleere Wanze! O ihr Teufelsauswurf! Wartet wohl darauf, daß ich in die Grube fahre, he? Bin euch im Wege, was? Aber ich lebe weiter! Und wenn ich auf dem Bauch vorwärtskriechen muß wie eine Natter! Hallo! Arkadij! Fedja! Schwiegertöchterchen, du Aas! Durst habe ich! Satansbrut, keiner kümmert sich um mich!«
    Fürchterlich war's, die ganze Familie stopfte sich Watteknäuel in die Ohren, und die Volkowa war nahe daran, den Alten umzubringen. »Ich presse ihm das Kissen aufs Maul«, stöhnte sie am vierten Tag von Großvaters Halsentzündung. »Es ist Notwehr, reine Notwehr –«
    An diesem frühen Morgen aber fehlte der Alte. Sonst war er immer der erste aus dem Bett, sauste in Unterhosen herum, kochte sich seinen Tee und beobachtete seine Schwiegertochter beim Broteschmieren. Er zählte die Schnitten und stöhnte, verdrehte die Augen und philosophierte, wie es möglich sei, daß sein einziger Sohn solche Mengen fressen könne. »Von mir hat er es nicht«, sagte er immer. »Ich war stets ein bescheidener Mensch. Ich konnte am Tag auskommen mit zwei Zwiebeln und einem Maisfladen …«
    »Dann hast du auch nie richtig gearbeitet«, zischte ihn die Volkowa an. »Nur Zwiebeln und Mais … jetzt weiß man auch, warum du heute noch stinkst wie ein schielender Bock –«
    Der Alte holte dann tief

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