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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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eigenen Fotos eingekreist zu sein, und alle sahen sie an, blätterten weiter, standen herum und warteten auf den Bus. Aber niemand musterte Njuscha oder Bodmar, sie waren Teil einer Gemeinschaft, zwei Punkte in der grauen Masse.
    Njuscha und Bodmar faßten sich wieder an der Hand. Keiner erkennt uns, hieß der Druck. Niemand kommt auf den Gedanken, daß wir mitten unter ihnen stehen könnten, auf den Bus Nr. 12 warten, der bis zum Friedhof fährt. So wird es überall sein … am Bahnhof, wenn sie die Karten zum Meer kaufen würden, am Meer, wenn man weiterzog nach Osten, nach Kasakstan, in Sibirien, wo der Mensch wie ein Samenkorn der Taiga ist und die unendlichen Wälder und die breiten Ströme nicht fragen: Wer bist du? sondern nur: Wie kräftig ist deine Faust, Genosse? Kannst du anpacken, kannst du dieses wilde, schöne Land mit uns erobern?
    »Wir werden durchkommen«, flüsterte Bodmar Njuscha ins Ohr. Er küßte dabei ihre Ohrmuschel und spürte, wie ein Zittern durch ihren Körper lief. »Hast du Angst?«
    »Nein, Sascha.«
    Von fern sahen sie den Bus kommen. Der Arbeiter, der neben Bodmar stand, faltete die Zeitung zusammen und grinste ihn an.
    »Wollen Sie lesen, Genosse?«
    »Gern. Ich bezahle sie Ihnen.«
    Bodmar gab ihm zehn Kopeken und nahm die Zeitung. Er faltete sie auf und tippte auf die beiden Bilder. »Man wird sie einfangen, diese Lumpen«, sagte er dumpf.
    »Mag sein, was geht's mich an?« Der Arbeiter schob die Mütze in den Nacken. Der Maitag wurde heiß, man spürte es bereits am Wind, der aus der Steppe über die Wolga in die Stadt wehte. Der Bus hielt mit knirschenden Bremsen, die Menschenschlange wand sich durch die Tür in den langen Blechkasten. »Sie werden längst verschwunden sein.«
    »Glauben Sie das, Genosse?«
    »Sicherlich.« Der Arbeiter spuckte auf die Straße, ehe er in den Bus kletterte. »Wären Sie noch in der Stadt, wenn man nach Ihnen suchen würde?«
    »Nein.«
    »Warum sollen sie also dümmer sein als wir, he?«
    »Da haben Sie recht, Genosse.«
    Eingekeilt zwischen den anderen fuhren sie durch die morgendliche, erwachende Stadt. Die weiße Sonne glänzte über den Prunkbauten und funkelte auf der Schwertspitze des Ehrenmals auf dem Mamajew-Hügel. Die Kuppel des neuen Planetariums blendete wie Gold. In den Tausenden Fenstern der neuen Häuser spiegelte das Morgenlicht, als seien sie mit Goldbronze bestrichen. Es war eine schöne Stadt.
    Am Friedhof saßen Njuscha und Bodmar fast allein im Bus, erzählten dem Schaffner noch einen Witz und stiegen dann aus. Durch einen Seiteneingang betraten sie das Gräberfeld wie Grabsteindiebe und schlichen sich hinter Hecken und von Baum zu Baum in den südlichen Teil.
    Schon von weitem sahen sie Borja. Er stand, den Hintern gegen den in die Erde gestoßenen Spaten gelehnt, vor einem gerade angefangenen Grab, rauchte seine Pfeife und starrte in die Gegend.
    »Er wartet«, sagte Bodmar und legte den Arm um Njuschas Schultern. Sie hockten hinter einem Weidenbusch und atmeten hastig. Die nächsten Minuten, das war ihnen bewußt, entschieden über ihr weiteres Leben. »Er wartet auf uns.«
    »Er wird uns verraten«, flüsterte Njuscha.
    »Ich glaube es einfach nicht.« Bodmar drückte beide Fäuste gegen die Schläfen. Er hatte das Gefühl, als zerplatze sein Kopf. »Warum soll es nicht einmal einen wirklichen Freund geben?«
    Sie erhoben sich und gingen um den Busch herum. Borja sah ihnen entgegen, nahm die Pfeife aus dem Mund und winkte ihnen damit zu.
    *
    Für Borja war dieser Morgen zu einem heißen inneren Ringen geworden. Als er die Zeitung gekauft hatte und die Fotos von Sascha und Njuscha sah, begann in ihm der Konflikt zu toben wie ein Wasserfall, der über zackige Felsen springen muß. Zunächst zog er sich in die Kammer Nr. 8 zurück, die für die vergangene Nacht als sein Quartier gedient hatte. In Nr. 8 lag die junge Studentin Ludmilla Versanskija aufgebahrt, ein hübsches Mädchen, das plötzlich einen Herzschlag erlitten hatte. Die Eltern hatten laut geklagt und Borja berichtet, daß Ludmilla nie krank gewesen sei. Und nun dieses! Sitzt am Tisch, liest in einem Buch, schwankt plötzlich, fällt auf den Boden und atmet nicht mehr. Wer kann das begreifen? Die Versanskijs begriffen es nicht, saßen stundenlang um den Sarg und weinten. Berge von Blumen schleppten sie heran und deckten die Tote im Sarg damit zu … es lag ein herrlicher Duft im Raum Nr. 8, und Borja schlief zufrieden hinter dem Sarg.
    Hier saß er nun am frühen

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