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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Morgen, las die Zeitung, kaute an einem Stück Brot, trank aus der Thermosflasche heißen Tee, den er sich jeden Abend im Gerätekeller auf einem Propangaskocher aufbrühte, und focht einen einsamen Kampf mit seinem Gewissen aus.
    Ein Deutscher! Sascha ein Deutscher. Ein Mörder! Ein Spion! Und Njuscha seine Geliebte. Das war allerdings nichts Neues, aber nun schien ein ganz anderes Licht auf dieses verborgene Glück. Borja erinnerte sich daran, wie er Sascha auf der Todesstraße nach Pitomnik die Stellen gezeigt hatte, wo man die riesigen Haufen toter deutscher Soldaten verbrannt hatte, nachdem Eis und Schnee sie freigegeben hatten. Menschenberge, die man nur noch mit Planierraupen hin und her schieben konnte. Und er erinnerte sich wie er in den langen Tagen ihrer Zusammenarbeit vom Krieg erzählt hatte, vom Kampf und Untergang Stalingrads, vom Bluten, Schreien, Wimmern und Sterben in den Trümmerwüsten, Gräben, Löchern, Kellern, Ruinen und Granattrichtern dieser Stadt, in der es kein zerrissenes Haus mehr gab, und Sascha hatte ihm zugehört mit ernsten Augen und dann geantwortet: »Sie haben eine große Schuld auf sich geladen, die Deutschen. Aber die heranwachsende neue Generation sollte man damit nicht belasten.«
    »Glaubst du, die Deutschen ändern sich jemals?« hatte Borja gefragt. »Wie die Lamas sind sie … alles und jeden spucken sie an und behaupten, sie könnten nicht anders.«
    Genossen, es war ein schlimmer Morgen für Borja, man kann das glauben. Da niemand bei ihm war, mit dem er sich darüber unterhalten konnte, aber es notwendig war, zu sprechen, denn Borja fühlte sich wie ein Dampfkessel, der unweigerlich platzt, wenn er keinen Druck abläßt, setzte er sich neben die tote Ludmilla, legte ihr die Zeitung auf die gefalteten, bleichen Hände und klagte ihr seine Gewissensnot.
    »Ein Freund ist er, ein wahrer Freund«, sagte er. »Mehr noch … ich empfinde für ihn wie ein Vater für sein Söhnchen. Und nun stellt sich heraus: Er ist ein Deutscher! Und ein Mörder soll er auch noch sein. Das Herz zerbricht mir, Töchterchen. Ich müßte ihn anzeigen als ein braver Kommunist, oder ich müßte ihn einfach totschlagen als Patriot und bekäme dafür noch fünfhundert Rubel obendrein, oder ich müßte ihn wegscheuchen wie eine Ratte, was allerdings nur ein fauler Kompromiß wäre. Den Mund kann man natürlich auch halten, aber da ist der Inspektor, der ihn ja auch kennt, ihm sogar eine grüne Uniform verliehen hat, und für fünfhundert Rubel zeigt dieser gierige Mensch sogar seinen Bruder an und würde behaupten, dieser habe im Stall eine Ziege besprungen. Alles ist ihm zuzutrauen. O Gott, was soll man nun tun?«
    Da Tote keine Antwort geben, blieb Borja mit seinem Konflikt allein, aber der innere Druck war gemildert. Er ging hinaus auf seinen Friedhof, steckte ein neues Grab ab und begann zu schaufeln. Das war weit vor der normalen Arbeitszeit, aber er brauchte jetzt die frische Luft, um sein tobendes Gehirn abzukühlen.
    »Da bist du ja«, sagte Borja nun, als Bodmar vor ihm stand, »Hat dich jemand gesehen, Sascha?«
    Bodmar atmete auf. Er nennt mich weiterhin Sascha, dachte er. In einer Aufwallung von Glück breitete er die Arme aus und warf sich Borja an die Brust. Der Alte umarmte ihn, küßte ihn auf die Wange und starrte dabei in den blauen, warmen Maihimmel.
    »Hilf uns, Borja«, stammelte Bodmar. Seine Stimme schwankte vor Ergriffenheit. »Wir haben auf der Welt nichts mehr als dich und die Weite des Landes.«
    »Ist das nicht genug, he?« Borja stieß Bodmar von sich und rieb sich die blaurote, knollige Nase. »Bist du wirklich ein Deutscher?«
    »Ja, Borja.«
    »Ich müßte dir mit dem Spaten den Schädel spalten!«
    »Tu es. Ich wehre mich nicht –«
    »Und vergiß anschließend mich nicht, Väterchen«, sagte Njuscha. »Alles, was mit Sascha geschieht, soll auch mit mir geschehen.«
    »Warum hast du Jelena Antonowna ermordet?« schrie Borja und umklammerte den Spatenstiel.
    »Ich habe mit ihrem Tod nichts zu tun«, sagte Bodmar.
    »Ich habe sie getötet!« Njuscha trat einen Schritt vor und schob sich vor Bodmar wie eine Glucke vor ihre Küken. »Unter Wasser habe ich sie gedrückt, im Don ersäuft. Aber Notwehr war's, Väterchen, ich beschwöre es bei der Mutter Gottes. Sie griff mich zuerst beim Baden an und warf sich auf mich. Aber ich war stärker.«
    »Und ihr habt euch zerfleischt wegen Sascha, was?«
    »Ja, so war es.«
    »Diese verfluchten Weiber!« schrie Borja und hieb mit

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