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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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brannte mit weißlichem Licht über dem Land. Es war noch früher Tag, und aus den Niederungen stieg die Feuchtigkeit der Nacht in dünnen Nebelschwaden empor, bis die Wärme der Sonne sie auffraß. Drei Pferdehirten galoppierten ein Stück neben dem Zug her und winkten fröhlich. Aus den Fenstern schallten die Zurufe der Bauern, Frauen kicherten und kreischten, als sich einer der Reiter in den Sattel stellte und ihm dabei die Hose über den Hintern rutschte. Sein blankes Gesäß glänzte in der Sonne.
    »Kosaken!« sagte Njuscha und drückte Bodmars Hand. Sie beugte sich aus dem Fenster, als die Reiter zurückblieben und der Zug wie toll zu rütteln begann. Der alte Zweikampf zwischen dem Lokführer und den Hirten … er lebte, seit die erste Eisenbahn durch die Steppe fauchte. Mit beiden Armen winkte Njuscha den Reitern zu, und ihr langes blondes Haar wehte wie eine seidene Fahne.
    Wo gibt es etwas Schöneres als sie, dachte Bodmar und zog Njuscha auf die Sitzbank zurück. Ich werde vergessen, daß es ein Deutschland gibt. Ich will sein wie diese Menschen hier: ein Teil von Himmel und Erde.
    *
    Gegen Mittag tauchte der Bahnhof Logowskij auf. Der Bahnsteig war überfüllt mit Bauern und ihrem gestapelten Gepäck. Ein wahres Wunder würde es werden, wenn sie alle noch mitkamen. Der Bahnhofsvorsteher rannte umher und beschwor die düsteren Mienen der Wartenden.
    »Seid vernünftig!« schrie er, als der Zug aus der Ferne pfiff und alle nach ihrem Gepäck griffen. »Einigt euch untereinander. Zeigt Solidarität! Nehmt den nächsten Zug! Die Waggons werden zusammenbrechen, wenn ihr nicht vernünftig seid. Und was dann? Dann könnt ihr zu Fuß gehen, und jeder bezahlt anteilig den zertrümmerten Zug. Genossen, Freunde, Brüder … übt euch in Nächstenliebe! Ich beschwöre euch!«
    Dann war der Zug da, lief prustend über die Gleise von Logowskij, hielt mit einem jähen Ruck, und die Wand der Wartenden setzte sich in Bewegung wie eine Lawine.
    »Erst aussteigen lassen!« brüllte der Stationsvorsteher. »Wenn keiner 'rauskommt, kann auch keiner 'rein, das ist doch logisch, Genossen! Denkt doch mal nach! Macht Platz, zum Teufel! Aussteigen lassen!«
    Durch die Wand der Herandrängenden zwängte sich Njuscha und Bodmar aus der Tür, wurden die Stufen des Waggons hinabgezerrt und dann auf einer Woge von Händen nach hinten getragen. Dort ließ man sie einfach fallen wie zwei heiße Kartoffeln.
    »Da sind sie!« schrie plötzlich jemand hinter ihnen. »Mutter Gottes, sie ist da!«
    Njuscha und Bodmar fuhren herum. Aus dem Zimmer des Stationsvorstehers schoß auf seinen dürren, krummen Beinen der alte Babukin hervor. Er fiel ihnen um den Hals, küßte sie dreimal und war völlig aus dem Häuschen.
    »Endlich!« rief er. »Endlich! Seit gestern sitze ich hier herum und starre mir die Augen aus nach jedem Zug. ›Sie hat's nicht gelesen‹, sagte Jefim Michejewitsch, dieser Schwachkopf von einem Bahnbeamten. Und ich habe geantwortet: ›Sie hat's doch gelesen. Aber wer weiß, wie schwer sie es hat, wegzukommen?‹ Und so ging das hin und her, neunmal, immer wenn ein Zug weggefahren war. Ich hätte ihn erschlagen können, diesen Seifensieder! Aber nun seid ihr endlich da.«
    »Es ging nicht früher, Anton Christoforowitsch.« Njuscha lachte und weinte zugleich, und der Steppenwind fegte die Tränen von ihren Wangen. »Die Anzeige stand ja erst heute morgen in der Zeitung.«
    »Erst heute?« Babukin ballte die Fäuste und schüttelte sie. »Lumpen sind sie alle, Halsabschneider, Markaussauger! Am Donnerstag haben wir die Anzeige bestellt, sogar telegrafisch hat Bulganin das Geld dafür überwiesen. Zehn Rubelchen … hui, durch die Luft! Und sie drucken sie erst heute. Das werden wir im Sowjet behandeln, eine Untersuchung wird das geben, ich werde sie beantragen. Glauben denn die Genossen in der Stadt, sie könnten uns Kosaken Pfeffer in den Hintern blasen, und wir singen dazu noch fromme Lieder?« Babukin blickte auf die Bahnhofsuhr, eine Errungenschaft, auf die ganz Logowskij so stolz war wie die Moskauer auf ihren Kreml, und hüpfte dann zwei Schritte vor. »Wir müssen uns beeilen. Das Begräbnis beginnt um fünf, wenn wir nicht rechtzeitig eintreffen. Nur so lange kann Ifan Matwejewitsch warten. Diese Hitze, meine Lieben, diese mörderische Hitze. Den Toten setzt sie besonders zu. Kotzobjew hat Evtimia deshalb auch in sein Kühlhaus gesteckt und gibt sie erst kurz vor der Feier heraus. Los, ihr Lieben, vier Stunden haben

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