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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Hengst beschneidet, wird daraus ein Wallach, aber er bleibt immer noch ein Pferd.«
    »Ich werde es euch beweisen.« Bodmar küßte Njuscha auf den Mund, und es war kein liebender, sondern ein verzweifelter Kuß. »Ich werde ein Russe werden wie ihr!«
    »Warten wir es ab.« Borja blickte nachdenklich über die Gräber. »Ich glaube es erst, wenn die Wolga nach Norden fließt.«
    Wie sagen die Kirgisen in der Steppe?
    Nur wer mit Stutenmilch getränkt wurde, spricht mit den Pferden eine Sprache.
    Am Sonnabend brachte Borja die Morgenzeitung zur Gruft der Shukendskijs. Er hatte sie vom Tisch des Vorarbeiters der II. Brigade – Mittelteil – geklaut und warf sie hinunter in das Grab. Bodmar und Njuscha saßen nebeneinander auf zusammengefalteten Decken und lehnten gegen den Sarkophag der Großmutter Shukendskija. Zwei Kerzen flackerten neben ihnen.
    Eine Viertelstunde später standen Bodmar und Njuscha vor Borja, der gerade den Boden eines Grabes feststampfte.
    »Seid ihr wahnsinnig?!« keuchte Borja und ließ sich aus dem Grab ziehen. »Vermodert euer Gehirn? Am hellichten Tag! In einer halben Stunde wird der Parteisekretär Bludinskij begraben. Dreitausend Menschen werden hier zwischen den Gräbern herummarschieren und trauern. Zurück mit euch in die Gruft!«
    »Wir fahren nach Perjekopsskaja«, sagte Njuscha. Ihre blauen Augen waren blank von Tränen. »Lies, Borja.«
    Sie hielt ihm die Zeitung hin. Eine kleine Todesanzeige berichtete von dem ›Mütterchen‹, das gestorben war. Borja fand sie erst, als Bodmar seinen Finger darauflegte. Eine unauffällige, sich im Wald der anderen Anzeigen verirrte Mitteilung.
    »Deine Mutter?« fragte er, riß ein Stück vom Rand ab und begann daraus eine Zigarette zu drehen.
    »Ja.«
    »Es steht aber kein Name dabei.«
    »Das können sie nicht.«
    »Nicht einmal ein Ort.«
    »Das ist ein Zeichen, daß die Nachricht aus Perjekopsskaja kommt. Wir fahren sofort. Sie rufen mich damit, Borja …«
    »Und du kommst wieder, Töchterchen?«
    »Ja, natürlich.«
    »Bei der Mutter Gottes, paß auf dich auf …« Borja schob die stinkende Zigarette in den Mundwinkel und legte seine erdverklebte Hand auf Njuschas Kopf. Sein Bart zuckte plötzlich, und sein Gesicht verzerrte sich. Er sah gräßlich aus, und man behauptet nicht zuviel, wenn man ihn jetzt als den häßlichsten Menschen dieser Erde bezeichnet. »Sei nicht unvorsichtig«, sagte er mit heiserer Stimme. »Denk daran: Überall sind mißgünstige Menschen, und für fünfhundert Rubel verkaufen sie ihre Mutter. Und du«, er sah Bodmar an, und sein Gesicht verlor alle menschliche Form, »komm nicht zurück ohne sie. Ich sag es dir, Sascha … kommst du allein zurück, ich schlage dir den Spaten ins Gehirn!«
    Sie umarmten sich noch einmal, und dann verließen Njuscha und Bodmar schnell den Friedhof. Sie nahmen den kleineren Seitenausgang, denn vom Haupttor erscholl jetzt Musik. Ein Gewoge von roten Fahnen marschierte den Mittelweg herab.
    Das Begräbnis des Parteisekretärs Bludinskij begann.

S ECHSUNDDREISSIGSTES K APITEL
    Die Fahrt von Wolgograd nach Logowskij, diesem elenden Nest in der Steppe, das nur von seinem Bahnhof lebte und von den Viehtransporten, die hier zusammengestellt wurden, verlief ohne Zwischenfall. Niemand kümmerte sich um den stoppelbärtigen Genossen, der am Schalter zwei Fahrkarten kaufte, niemand beachtete die junge Frau, die ein Tuch fest um den Kopf gebunden hatte … jeden Tag gingen Tausende solcher Menschen an den Schaltern vorbei und warteten auf den Bahnsteigen, saßen oft stundenlang herum und richteten sich in den Ecken und Winkeln des Bahnhofsgebäudes ein. Jeden Tag kamen aus der Steppe die Bauern in die Stadt, eine Flut aus Körben und Kisten, Taschen und Jutesäcken, und die gleiche Flut brandete nach dem Markt wieder zurück, schwatzend, schimpfend, lachend, umweht vom Dunst aus Wodka, Zwiebeln und gebratenem Speck.
    Während der ganzen Fahrt saßen Njuscha und Bodmar nebeneinander und hielten sich an den Händen. Sie blickten hinaus auf die Steppe, über die Felder, auf denen das Getreide sich schon gelblich färbte, auf die Wiesen, die bereit waren zur ersten Mahd, auf die Rinder- und Pferdeherden, die neben dem Bahndamm träge weideten. In der Ferne, gegen den Himmel wie Maulwurfshügel, zeichneten sich die Dörfer ab. Strohhauben, ein paar Dächer aus Blech, grün oder blau gestrichen. Schmale Wege, in die Steppe hineingeritten, wie Scheitel, die ein wogendes Haar zerteilen. Die Sonne

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