Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
sich das Nachthemd vom Leib. Vor dem Spiegel neben dem riesigen Bett drehte sie sich, preßte ihre Brüste hoch und drückte den Unterleib nach vorn.
    »Was habe ich nicht, was andere haben?« schrie sie sich an. »Was fehlt? Was ist nicht entwickelt? Wo bin ich ein weiblicher Krüppel? O ich könnte ihnen die Gesichter zerkratzen, diesen widerlich hochnäsigen Männern!«
    *
    Am Morgen trafen sie sich auf der Veranda.
    Grischa hatte den Kaffeetisch gedeckt. Lisanka trug eine Wurstplatte auf und hatte verheulte, rote Augen. Sie war die einzige, die um Talinkow trauerte. Schließlich war sie eine Auserwählte. Wer hatte schon ein Kind von Talinkow?
    Der Tee war gut, die frischen kleinen Brote, die Lisanka backte, vorzüglich, der Honig duftete nach Birken. Grischa bediente wie ein echter Diener.
    »Der Monteur aus Malachowo ist gleich hier, Genossen«, sagte er. »Ein verteufelter Kerl ist er. Macht alles wieder in Ordnung, wo andere die Dinge wegwerfen. Er wird auch Ihren Wagen wieder zum Laufen bringen.«
    Jelena und Bodmar aßen schweigend, ohne große Lust, so schmackhaft das Essen auch war. Sie sahen sich ab und zu an und senkten dann schnell die Blicke. Etwas war seit dieser Nacht zwischen ihnen, unaussprechbar, unerklärbar, nicht greifbar. Sie fanden keine Worte dafür, keine Begriffe, ›es‹ war eben da, ein Zustand der Magnetlosigkeit, wo sonst zwei Körper sich anziehen. Jelena empfand es noch deutlicher als Bodmar: Er ist kühler geworden, er sitzt mir gegenüber wie durch eine Glaswand getrennt. Wir entfernen uns … wie furchtbar ist das!
    Der Monteur kam, als sie das Frühstück beendet hatten. Er untersuchte den Moskwitsch und nickte mehrmals.
    »Zwei Stunden, dann läuft er wieder«, sagte er. »Ich habe einen Zündverteiler mitgebracht. Als Grischa anrief und mir den Fehler schilderte, habe ich gleich geschaltet, Genossen.«
    Bodmar gab ihm fünf Rubel im voraus. Das war ein Geschenk, für das Grischa früher gemordet hätte.
    »Ich möchte telefonieren«, sagte Jelena eine Stunde später, als Bodmar zu dem Hundezwinger gegangen war und die kläffende Meute bewunderte. Große, stämmige Hetzhunde, die alles zerrissen, was sie zwischen die spitzen Fänge bekamen.
    »Im Salon steht das Telefon«, sagte Grischa.
    Jelena schloß die Tür ab, als sie allein war, und wählte eine Moskauer Nummer. Eine Zahlenreihe, die in keinem Telefonbuch stand. Aus Moskau kam ein Brummen, dann eine deutliche Männerstimme.
    »Hier XU 19«, meldete sich Jelena.
    »Wo sind Sie?«
    »In Tula.«
    »Jetzt erst? Wie kommt das?«
    »Gospodin Bodmar hat sich die Gegend eingehend betrachtet.«
    »In Ordnung. Lassen Sie ihn. Drängen Sie ihn nicht. Noch etwas, Genossin?«
    »Nein, Genosse. Keine besonderen Vorkommnisse –«
    Sie legte auf und strich sich über das kurzgeschnittene Haar.
    Ich habe gelogen, dachte sie. Zum erstenmal in meinem Leben habe ich meine Dienststelle belogen. Ich habe meinen Auftrag verraten.
    Was hat der Mensch aus Deutschland aus mir gemacht –
    *
    Die Reparatur des Wagens dauerte wirklich nur zwei Stunden. Der Monteur aus Malachowo, ein fröhlicher Mensch, der bei der Arbeit sang, war stolz auf sein Werk, als er Jelena Antonowna und Bodmar den Moskwitsch vorführte. Er fuhr einige Runden auf dem großen Vorplatz der Datscha, hupte und ließ das Gas donnern, bremste wie ein Amerikaner und vollführte einen Start wie ein Rennfahrer. Der brave Wagen gehorchte ohne Mucken.
    »Sie kommen aus Moskau?« fragte der Monteur, nachdem ihm Bodmar noch einmal fünf Rubel in die Tasche gesteckt hatte. Er drehte dabei seine Mütze zwischen den Fingern, war schüchtern und benahm sich so wie alle, die einen großen Herrn ansprechen und einen Wunsch vortragen wollen.
    »Ja«, sagte Bodmar.
    »Und Sie kehren nach Moskau zurück?«
    »Ich nicht. Aber die Genossin Jelena. Warum fragen Sie?«
    »Sie sind eine einflußreiche Persönlichkeit, sicherlich sind Sie das.« Der Monteur aus Malachowo zerknüllte seine Mütze, am liebsten hätte er sie vor Erregung auf die Erde geworfen. »Sehen Sie, Genosse … da lebt man nun in Malachowo. Nichts gegen mein Dorf … es ist ein schönes Dorf, sauber, gepflegt, wir erfüllen unser Soll, unterhalten eine große landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft, haben zwei Arbeitsbrigaden mit den modernsten Geräten … aber es bleibt eben doch Malachowo … verstehen Sie das?«
    »Das Dorf ist Ihnen zu klein, nicht wahr?«
    »Ich weiß nicht, wie ich es Ihnen erklären soll.« Der

Weitere Kostenlose Bücher