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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zwei Gewehren zurück und verschwand im Garten.
    Kurz darauf knallte es. In kurzen Abständen, peitschend, unterbrochen von einem schrecklichen Geheul.
    Grischa erschoß die Bluthunde Talinkows, die letzten Überlebenden der verhaßten Knechtschaft.

F ÜNFTES K APITEL
    In Perjekopsskaja am Don hatte man endlich eine Sensation. Alle sprachen darüber, aber hinter der vorgehaltenen Hand, auf dem Feld, in den Booten auf dem Fluß, in der Scheune, im Kaufladen oder zu Hause im Bett: Njuscha hat sich mit Granja geprügelt. Unten am Ufer. Heiß muß es hergegangen sein. Sie kam zurück mit zerrissener Bluse, und er ritt hinterher mit hohlen Augen und zitternden Lippen. Luka, ein Freund, der ihn ansprach und fragte, bekam die Faust zwischen die Nase gesetzt, keine sehr gute Antwort, aber sie erklärte die Lage sehr genau.
    »Ein Jammer ist's!« tobte der alte Kolzow und wagte sich zwei Tage lang nicht vor die Tür, denn wie die Wespen fielen die Nachbarn über ihn her. »Ein Mensch wie Granja, fleißig, treu, strebsam, mit Zukunft … und sie wirft ihn weg wie einen beschmierten Lappen! Brigadeführer der Kolchose kann er werden, weißt du das, du Närrin? Ein Haus aus Stein bauen sie ihm dann! Aber nein! Sie ohrfeigt ihn! Sie läuft weg, wenn er ein Küßchen haben will! Benimmt sich wie eine Nonne, unter deren Rock eine Wespe summt! Was sagst du dazu?«
    Njuscha sagte nichts. Sie stand am Herd, dieser großen, aus Flußsteinen gemauerten Feuerstelle, an der schon vier Generationen der Kolzows ihr Essen bereitet hatten, rührte in einem Kessel mit dicker Kascha und starrte in das prasselnde Holzfeuer. Von fast überirdischer Schönheit war sie jetzt, als der Flammenschein über ihr Gesicht flackerte, die langen blonden Haare vergoldete und den Körper beleuchtete. Dimitri Grigorjewitsch Kolzow betrachtete seine Tochter und seufzte laut.
    »Ich habe dich Granja versprochen«, sagte er hart.
    »Ich mag ihn nicht, Väterchen.« Es waren die ersten Worte seit Stunden, die Njuscha sprach. Die Mutter hielt sich aus allem heraus … sie saß in der ›schönen Ecke‹ auf der Bank und stopfte Strümpfe. Es war eine mißhandelte Ecke, denn wo früher die Ikone mit dem ewigen Licht auf einer Konsole gestanden hatte, blickte jetzt streng der bärtige Lenin auf die Familie Kolzow hinab. Es hatte Dimitri eine jahrelange Auseinandersetzung mit seiner Schwiegermutter Ippolita gekostet, bis Lenin siegte. Immer wieder – täglich fast – ging es hin und her: Ippolita warf den Lenin in die Ecke und baute ihre Ikone auf … Dimitri Grigorjewitsch räumte den Heiligen mit seinem Ewigen Licht ins Schlafzimmer und hängte Lenin wieder an den Nagel.
    Es war ein stummer Kampf, mit größter Verbissenheit geführt. Lenin – Ikone … über genau zehn Jahre hinweg, denn so lange war Kolzow schon der Dorfsowjet. Erst als die alte Ippolita starb, blieb Lenin ungefährdet hängen, aber Kolzow wartete mißtrauisch darauf, daß seine Frau den Kampf wieder aufnahm.
    Sie tat es nicht so massiv … sie baute die ›schöne Ecke‹ nun im Schlafraum auf, wo Kolzow, wenn er im Bett lag, immer auf den heiligen Dimitri blicken mußte. Zuerst hatte er geseufzt, aber dann gewöhnte er sich daran. Als das Ewige Licht einmal ausging, hatte er es selbst wieder angezündet. Zwei Tage lief er darauf zähneknirschend herum und büßte die Tat ab mit einer flammenden Rede gegen die Kirche anläßlich einer Parteiversammlung in der Stolowaja des Dorfes.
    »Was heißt, ich mag ihn nicht?« schrie Kolzow jetzt. »Willst du einen Opernsänger, he? Ich habe dich ihm versprochen, und ein Kosak hält sein Wort!«
    »Ich bin keine Ware, Väterchen!« schrie Njuscha vom Herd zurück.
    Kolzow riß den Mund vor Staunen auf. »Sie macht eine Revolution«, sagte er und tappte näher. »Ist das denn wahr: Sie macht eine Revolution! Gegen ihren Vater?« Er baute sich vor ihr auf, blitzte sie aus wütenden Augen an, aber das imponierte Njuscha nicht. Sie nahm die große hölzerne Kelle aus der Kascha und hielt sie wippend in der Hand.
    »Schlag sie nicht, Dimitri …«, ließ sich aus der Ecke die Mutter vernehmen. »Sie schlägt zurück …«
    »Mich? Ihren Vater? Einen Feldwebel der Kosaken? Mich will sie schlagen? Ich werfe sie an die Wand, daß sie kleben bleibt!«
    »Sie hat den Teufel im Leib, Dimitri. Laß sie …«
    »Und das Dorf lacht über uns! Vor die Tür werden sie uns scheißen in der Nacht.« Kolzow stieß die Luft aus wie ein Gebläse. »Das Wort eines Kosaken

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