Liebe am Don
ihre Wirkung zeigten. Er machte sich eigentlich keine Vorstellungen, wie es geschehen sollte, und Grischa hatte auch nichts verlauten lassen. Wurden die beiden müde, sanken sie auf einmal, wie vom Blitz gefällt, um, schwankten sie lallend durch die Stube oder schliefen sie beim Sprechen ein? Talinkow konnte keine Prognosen stellen.
Aber der Abend verging, die Nacht kam, Bodmar trank fleißig den herrlichen, goldgelben würzigen Wein, Jelena plauderte von Moskau, wie das Gurren eines Täubchens klang ihre Stimme. Talinkow wurde ungeduldig. Ein Schweinekerl, dieser Grischa, dachte er voll Wut. Man sollte ihm das Fell vom Hintern peitschen, ihn kastrieren oder noch besser, seine Lisanka, das Weib mit den Kugelbrüsten, noch einmal schwängern, damit er einen zweiten Bastard als sein Kind aufzieht, dieser Idiot.
Wie lange dauert's noch mit seinen Tropfen?
Gegen Mitternacht erhob sich Bodmar. Er spürte den Wein und wollte nicht, daß der Alkohol ihn besiegte. Auch Jelena sprang auf, ihre Knie reizten Talinkow bis aufs Blut; das Kleid mit dem schwingenden Rock hörte dort auf, wo die Beine in die sanfte Rundung der Schenkel mündeten.
»Ihr seid müde, Freunde?« fragte Talinkow voll Wonne. Aha, so geht das, triumphierte er. Ganz natürlich. Sie gleiten hinüber in das Vergessen. Ein teuflisches Mittel, wahrhaftig! »Ich bringe euch an die Tür. Ein schöner Abend war's! Jeder Tag ist verloren, den man nicht mit guten Freunden beendet.«
Er hakte Jelena und Bodmar unter, geleitete sie zum Gästeflur, öffnete ihnen die Türen ihrer Zimmer, gab Bodmar den dreimaligen Bruderkuß – was beiden schwerfiel, denn sie konnten einander nicht ausstehen – küßte Jelena sogar nach westlicher Art die Hand und winkte zum Abschied, als sich die Türen schlossen.
»Noch eine Viertelstunde, Anton Antonowitsch«, sagte Talinkow zu sich. »Dann ist deine Hose das unwichtigste Kleidungsstück im ganzen Bezirk Tula –«
Grunzend wie ein Eber, der die Sau wittert, trabte er im Haus herum, trank noch ein Gläschen Wodka und knabberte ein Stück Zuckergebäck, blickte oft auf die Pendüle – auch ein Erbstück des schwindsüchtigen Dichters – und zählte die Minuten, die wie Stunden verrannen.
Dreimal läutete er nach Grischa, aber der Hundesohn kam nicht. Talinkow verzieh ihm großzügig. Gegen halb eins in der Nacht zog er seine Jacke aus, schlüpfte aus dem Hemd und behielt nur noch seine Hose an, ein letzter Rest von Scham, der ihn hinderte, nackt wie eine schwabbernde Riesenqualle durchs Haus zu schleichen, ein Fettberg auf Beinen, drei Zentner rundgeformten Specks. Vor der Tür Jelena Antonowas blieb er stehen und hielt den Atem an.
Kein Laut von drinnen. Auch hinter Bodmars Tür war es still. Sie schlafen wie die Mehlsäcke, dachte Talinkow. Eigentlich ist auch das nicht richtig. Was hat man von einem wunderschönen Weibchen, wenn es einem in den Armen liegt wie eine schlaffe Stoffpuppe? Ein wenig Leben gehört dazu, ein paar Seufzer vielleicht, ein Zittern des Leibes, ein Wehren oder Gegendrücken, verdammt, man muß die Wärme spüren, die in dem zarten Körperchen tobt.
Talinkow wischte sich über das Gesicht. Er schwitzte vor Erregung, seine Lungen keuchten wie Blasebälge. Ganz langsam drückte er die Klinke hinunter, öffnete die Tür und rollte ins Zimmer. Abschließen konnte man es nicht … Grischa hatte vorher die Schlüssel entfernt.
Talinkow fand sich im Dunkeln zurecht wie eine Fledermaus. Er kannte die Standorte aller Betten und steuerte zielsicher auf Jelenas Schlafstatt zu. Daß er dabei an einen Stuhl stieß, der mitten im Zimmer stand, war unprogrammgemäß; Talinkow fluchte auch halblaut, schob das Hindernis beiseite und fühlte dabei, daß Jelenas Kleider darauf lagen. Ein Duft von Rosen stieg von ihnen auf. Er riß sie an sich, wühlte sein Gesicht in den Stoff und genoß die Wonne, sie zu riechen.
Welch eine Ouvertüre, sagte er sich. Anton Antonowitsch, für diese Nacht hast du fünfzig Jahre gelebt!
Er schleuderte die Kleider weg, erreichte das breite, hohe Bett und riß die Decke von Jelenas Körper. Gleichzeitig ließ er seine Hose fallen und drückte auf den Knopf der Nachttischlampe.
Das war ein Fehler, denn Jelena Antonowna erwachte.
Mit einem leisen Schrei fuhr sie hoch, sah sich von der Überdecke befreit und erkannte neben sich ein weißliches, riesiges Gebilde, das erst bei näherem Hinsehen als Talinkow zu erkennen war.
»Oh!« sagte Anton Antonowitsch. Er war verblüfft und
Weitere Kostenlose Bücher