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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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über den Don, den Wellen nach, die in den weiten Süden flossen, den unendlichen Steppen entgegen, in denen vor Stalingrad eine ganze Armee verblutet war.
    Und plötzlich war nichts mehr in ihm von der realistischen Überlegenheit der Jugend, von der Nüchternheit einer neuen Zeit. Etwas nie Gekanntes, Unbegreifliches, nicht Erklärbares ergriff von ihm Besitz.
    Er bückte sich, nahm eine Handvoll Wasser aus dem Don und streute es über den feuchten Ufersand. Wie eine Taufe war's.
    »Vater – ich bin da –«, sagte er leise. »Ich danke dir für mein Leben …«
    Dann saß er allein über eine Stunde am Don-Ufer und blickte über den Fluß. Jelena war zurück zum Wagen gegangen und wartete geduldig. Verändert kam er ihr vor, fremder … und das erschreckte sie maßlos.
    »Was kann ich für dich tun?« fragte sie, als er zurückkam, und legte den Arm um ihn.
    Er setzte sich neben sie und schüttelte langsam den Kopf. »Nichts, Jelena. Ich bin auf der Suche nach mir selbst. Ich muß mich wiederfinden. Ich habe mich in diesem Land verloren. Ein schreckliches Land … ich beginne es zu lieben.«
    Von dieser Stunde an fuhr Jelena Antonowna den Wagen. Bodmar saß neben ihr, fotografierte Dörfer und Bauern, Tiere und Kosaken, Bäume und Steppe und immer wieder den Don.
    Immer den Don.
    Er war wie verzaubert von diesem Fluß.
    Am achten Tag erreichten sie den berühmten Don-Bogen, den Schicksalsraum der untergegangenen deutschen 6. Armee.

S ECHSTES K APITEL
    Der Don rauschte in seinem Bett, lehmfette, gelbe Wellen wälzten sich durch die Steppe, klatschten an den Ufern empor und zerrissen die Schilfdickichte. Es klang, als ohrfeigten sich Hunderte von Menschen und seufzten dabei.
    Den ganzen Tag und die Nacht über hatte es geregnet. Ein Sommerregen, viel zu früh um diese Jahreszeit, und die Kosaken sahen es mit Verbitterung, denn die Saat schwamm jetzt davon, die Steppe wurde zum Sumpf, in dem die Pferde einsanken oder sich quiekend suhlten wie die Schweine. Das hieß, man mußte sie wieder putzen und striegeln, außer Rand und Band waren die Gäulchen, durch die Strohdächer der Häuser tropfte es, denn man hatte noch keine Zeit gefunden, sie nach dem langen Winter auszubessern, und der Fluß schwoll an wie ein verstauchter Fuß, trat über die Ufer, lagerte Lehm ab, und Schluß war's mit dem Fischen und Reusenauslegen.
    Auch die Kolchose hatte ihre Sorgen. Die schweren Traktoren blieben im weichen Boden stecken, die Arbeitsbrigaden saßen herum und kauten Sonnenblumenkerne aus den Vorräten. Genosse Trubkow von der Verwaltung lief wie ein aufgescheuchtes Huhn herum und gackerte jeden an: »Brüder, wir erfüllen das Soll nicht! Was hat's mit dem Regen? Hinaus müßt ihr! Man kann auch beim Regen pflügen!« Und die Kolchosbauern schrien zurück: »Geh selbst, du Idiot! Bind dich an einen Traktor und reiß die Erde mit deinem Arsch auf!«
    Es war keine gute Stimmung im Land.
    Am frühen Morgen fuhren Bodmar und Jelena Antonowna am Don entlang, nicht schnell, wie es bei diesem Wetter nötig und sinnvoll gewesen wäre, sondern mit der Gemütlichkeit von Reisenden, die für ihr Geld alles Erlebenswerte mitnehmen, und sei's ein Unwetter, öfter hielten sie an, Bodmar stieg aus und fotografierte den ungebändigten Don, wie er schäumend nach den Sandbänken griff, morsche Baumstämme wie Lanzen in die Ufer rammte und große Erdstücke aus den Böschungen riß.
    Jelena schüttelte den Kopf über diese Motive. Wiederum verstand sie Bodmar nicht, wie so manches zwischen ihnen war, wofür sie keine Erklärung wußte. Sie waren nun schon zehn Tage unterwegs, schliefen zusammen im Zelt in einem Schlafsack, aber bis auf die heimliche Umklammerung ihrer Brust hatte sich Bodmar noch nicht als ein Liebhaber gezeigt. Jede Nacht, wenn sie in völliger Dunkelheit nebeneinander lagen, wenn die Wärme ihrer eng sich berührenden Körper so intensiv wurde, daß Jelena schließlich nur noch ihren Schlüpfer und ihren Büstenhalter anbehielt und Bodmars nackter Oberkörper dampfte, wartete sie auf ihn, bettelte sie innerlich, daß er sich wie ein Mann benehmen möge, ihr die leichten Fetzen vom Leibe riß und sie in seine Arme nahm.
    Aber Bodmar zögerte. Nur wenn Jelena schlief, strich er mit seinen Händen über ihren warmen, weichen Körper, streichelte die samtige Haut und zog die Linien ihrer Formen nach … die Brüste, die Schultern, die Schenkel und den Leib, wie ein Blinder, der mit den Fingerspitzen sieht.
    Das alles war

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