Liebe am Don
stolz um sich, denn seine Ausrede begeisterte ihn selbst. Wozu bin ich Vorsitzender des Dorfkollektivs, dachte er. Köpfchen muß man haben, Genossen, einen beweglichen Geist.
»Sie werden auch die Kolchose besichtigen?« fragte Granja leichthin.
»Natürlich.« Bodmar blickte zu Njuscha. Sie hielt krampfhaft Granjas Hand fest, die noch immer nach ihrer Brust tastete. Man sollte ihm auf die Finger schlagen, dachte er und erregte sich maßlos. Ein Flegel ist er.
»Kommen Sie am Sonntag. Da ist Tanz im großen Gemeinschaftsraum. Njuscha, mein Schätzchen, wird die Schönste von allen sein.« Granjas Stirn bedeckte sich plötzlich mit Schweißperlen, so groß war seine innere Hitze. »Wir sind verliebt wie die Schwalben –« sagte er rauh. Und dann küßte er Njuscha auf den Hals, weil sie den Kopf schnell zur Seite drehte, als er sich näherte.
Evtimia blinzelte Kolzow fordernd an. Gib ihm endlich einen Tritt unterm Tisch, du Feigling, hieß dieser Blick. Tritt ihn gegen das Bein, auch wenn er losheult. Hat es nicht genug Streit um Njuscha gegeben in diesem Haus?
Dimitri wurde einer Entscheidung enthoben. Jelena klatschte in die Hände und benahm sich wie ein junges Mädchen in seinem ersten Festtagskleid.
»Tanzen!« rief sie und legte den Arm um Bodmars Schulter. Der Mund Njuschas verkrampfte sich zu einem dünnen Schlitz. »Wie lange habe ich nicht mehr getanzt. Wir sollten hingehen. Dann kannst du filmen, wie Kosaken tanzen. Wir kommen gern …« Sie sprach, als seien sie verheiratet. Wir, sagte sie. Ganz selbstverständlich. Es war ein Pfahl, den sie Njuscha ins Herz rammte, und sie erkannte mit wilder Genugtuung an Njuschas Augen, wie gut sie getroffen hatte.
»Es wird ein Fest geben!« Granja sprang auf. Er zog Njuscha hoch und drückte sie an sich. »Ich muß gehen, die Brigaden rücken morgen früh auf die Felder. Lebt wohl Freunde.« Er zerrte Njuscha zur Tür, legte seine Hand auf ihr Gesäß und drückte sie so hinaus aus dem Zimmer.
»Ein schönes Paar«, sagte Evtimia dunkel wie eine Schicksalsgöttin. »Und sie lieben sich so sehr, die Kleinen. Bald wird Hochzeit sein.« Dabei stieß sie unter dem Tisch Kolzow gegen das Schienbein, daß er sein Gesicht verzog und sich verschluckte. Bodmar trank hastig seinen Becher Kwass leer. Unruhe hatte ihn ergriffen. Er verbarg sie mit großer Mühe, aber der Druck in ihm ließ sein Herz so laut hämmern, daß er meinte, jeder müßte es hören, am besten Jelena, die neben ihm saß. Plötzlich sprang er auf und beugte sich zu Kolzow vor.
»Wo kann man austreten, Genosse?« fragte er.
»Das ist noch primitiv bei uns. In der Stadt, ja, da setzt man sich auf ein weißes Porzellanbecken, und weg geht alles.« Kolzow zeigte zum Fenster, hinter dem eine schwarze Nacht stand, feucht, kalt und feindlich. »Sie müssen aus dem Haus hinaus und hinüber zum Stall. Da ist eine Kammer mit einem durchlöcherten Brett über einer Grube. Aber das Brett ist sauber, Genosse!«
»Danke!«
Bodmar rannte aus dem Haus und prallte gegen die nasse Nacht. Die Dunkelheit nahm ihn auf wie ein Schwamm einen Tropfen Wasser. Unter einem Schutzdach wieherte das Pferd Granjas, und Bodmar durchfuhr es heiß bei der Erkenntnis, daß Granja noch nicht weggeritten war, sondern mit Njuscha irgendwo in der Dunkelheit sich verbarg, Zärtlichkeiten austauschte, im Heu mit ihr lag und sie liebte, sich in ihren weißen Körper wühlte und die zitternde Wärme ihrer Lust genoß.
Das machte ihn rasend und warf ihn fast um vor Erregung.
Er rannte zur Scheune, denn wo sollten sie bei dieser Nässe anders sein als dort, und hielt den Atem an, als ein schwacher Lichtschein durch die schiefe alte Holztür schimmerte. Leise schlich er heran, öffnete das Tor und blickte hinein.
Granja stand breitbeinig vor Njuscha, die Schultern hochgezogen und den Kopf vorgestreckt. Die großen Hände rieben an der Hose, und es sah so aus, als zögen sich alle seine Muskeln zu einem Sprung zusammen, zu einem tigerhaften Satz, der Njuscha umreißen und ins Stroh schleudern mußte.
Njuscha stand vor ihm, das Haar zerzaust, das schöne weiße Kleid am Hals aufgerissen. Der Ansatz ihrer Brüste schimmerte im Licht der Stallampe, die auf einer Kiste abgestellt war. Wie Granja es geschafft hatte, Njuscha in die Scheune zu locken – wer weiß das? Er hatte es erreicht und wußte, daß sich seine Niederlage am Ufer des Don jetzt nicht wiederholen würde.
»Mein Bräutchen –«, sagte er glucksend. »Mein wildes
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