Liebe am Don
verraten. Eine Flasche Wodka und drei Pud Rübenschnitzel hat's mich gekostet. Aber ich weiß jetzt Bescheid. Und so einen Mann, Genossin, betrügt man mit einem hergelaufenen deutschen Narren! Aber ich schwöre es Ihnen, Jelena Antonowna … ich drehe ihm den Hals um wie einem Hahn!«
»Das wäre unklug, Granja Nikolajewitsch, und außerdem würde es dich zehn Jahre Zuchthaus kosten, mindestens, wenn nicht noch mehr. Und nach Sibirien würde man dich schicken, in die Taiga, zum Wälderroden.«
»Auch Sibirien ist schön«, sagte Granja finster. »Ich ertrage alles, wenn nur er nicht mehr herumstolziert wie ein Enterich.«
»Gibt es da nicht andere Mittel?«
»Welche? Ich weiß keine.« Granja rückte nach hinten an die Bettwand und starrte mißmutig auf die Decke und das zwischen seinen Beinen liegende Beil.
»Gospodin Bodmar genießt die Gastfreundschaft des Ministeriums in Moskau«, sagte Jelena. »Ihm darf nichts geschehen, dafür bin ich verantwortlich.«
»Darf er auch huren, he?« schrie Granja trotz seiner aufbrechenden Schmerzen im Gesicht. »Hat er vom Ministerium auch dafür einen Schein? Gültig für das Rockheben aller Mädchen. Unterschrieben Genosse Soundso! Ich pinkele auf alle Ausnahmen, hören Sie, Jelena! Es geht um mein Mädchen, und da kenne ich keinen Minister in Moskau mehr! Was hat er sich einzumischen bei Njuscha und mir, ha? Soll er im Kreml die Sekretärinnen schwängern, so lustig er's findet … hier in Perjekopsskaja herrschen anständige Zustände!«
Jelena wölbte die Unterlippe vor. Die erregte Sprache Granjas, die mit Eindeutigkeit nicht sparte, erinnerte sie wieder daran, wieweit abseits sie von all diesen Dingen stand, um die es letztlich im Leben geht und die es angenehm gestalten: ein wenig Zärtlichkeit, das taumelnde Gefühl der Verschmelzung, das schweratmende Glück der Erfüllung, die selige Geborgenheit im Arm des Liebsten. Sie knirschte mit den Zähnen, was Granja sichtlich erschrecken ließ, und beugte sich zu ihm vor.
»Gospodin Bodmar ist – das sage ich dir noch einmal – ein Schützling der Regierung. Wenn du ihn angreifst, bist du ein verlorener Mann. Nicht eine Kopeke gibt man mehr für dich. Du bist wertloser als ein durchgebrannter Topf. Wenn du Njuscha vor dem Deutschen retten willst, dann mußt du etwas mit Njuscha tun!«
»Sie läßt mich nicht 'ran!« Granjas Stimme wurde klagend wie auf dem Weg hinter einem Sarg. »Jelena, Sie sind eine reife, erfahrene Frau, ich erkenne so etwas, verzeihen Sie, und ich vertraue Ihnen … Zweimal habe ich's bei Njuscha versucht, und zweimal hat sie mich abgeschüttelt wie einen Floh. Soll ich sie erst besinnungslos schlagen, ehe ich an sie herankomme? Ideal für einen Brautstand ist das nicht, Genossin.«
»Es geht nicht darum, Granja.« Jelena faltete die Hände im Schoß. Sie zitterten noch von dem wahnsinnigen Ritt. Oder war's noch das Bild der glänzenden Körper auf dem Waldboden? »Du mußt sie alle zwingen, Farbe zu bekennen, öffentlich! Wann wolltest du Njuscha heiraten?«
»Im Juni.«
»Ändere den Termin. Heirate noch im Mai. Nächste Woche schon. Wo soll es stattfinden?«
»Bei Kolzow. Er ist als Bürgermeister auch der Standesbeamte. Das ist es ja. Er legt den Termin fest, der alte Wallach! Er bestimmt, wann er seine verdammte Unterschrift unter das Dokument setzt.«
»Dann heirate in Wolgograd. Im großen, neuen Heiratspalast. Und mach eine Hochzeitsreise hinunter zum Meer. Wenn du zurückkommst, ist Gospodin Bodmar schon längst wieder in Deutschland.«
Granja verzog sein eingesalbtes Gesicht zu einer schiefen Grimasse.
»Und wer gibt mir die Rubel dafür? Gehen Sie in alle Ställe, Jelena … nirgendwo steht ein Goldesel, der Rubelchen scheißt! Was kostet das! Ich habe fünfhundert Rubel gespart, aber die brauchen wir für die Möbel. Gott sei Dank bekomme ich sie billig. Gebrauchte Möbel aus dem Nachlaß der Witwe Warja. Sie lebt zwar noch, die zahnlose Mähre, aber seit Wochen liegt sie auf den Tod, spuckt Eiter und Blut und wird immer weniger. Ich hoffe, daß sie bis zu meiner Hochzeit in die Seligkeit eingegangen ist. Mit ihrem Sohn Prokop habe ich schon alles schriftlich gemacht. Er verkauft das Haus an die Kolchose, aber die Möbel bekomme ich. Wie soll ich da ans Meer reisen, in Wolgograd heiraten?«
»Ich gebe dir das Geld, Granja«, sagte Jelena steif. »Ich rufe morgen in Moskau an und lasse mir die Rubel mit der Post kommen. Tausend Rubel, einverstanden?«
Granja blieb der Mund
Weitere Kostenlose Bücher