Liebe am Don
einem Weib im Bett, während sein dreimal verfluchter Gaul alles um sich herum zerstört.
Er kroch hinter der Tonne hervor, machte einen Bogen um das Pferd und rannte in das nahegelegene Haus Nr. 3. Zuerst wollte er sich in den Flur stellen und laut brüllen: »Wem gehört der Drecksgaul da draußen?«, aber dann kam ihm ein anderer Gedanke. Ich hole Granja zu Hilfe, dachte er. Wenn er auch kein Kosak mehr ist, sein Vater war einer, und das liegt im Blut.
Sadowjew lief also den Gang hinunter zum Zimmer Warwarinks, sparte sich das höfliche Anklopfen, was er sonst nie vergaß, und riß die Tür auf. Dann prallte er zurück, stieß einen lauten Schrei aus und machte einen Satz nach vorn, als habe er von dem wilden Pferd draußen einen Tritt bekommen.
Granja Nikolajewitsch war gerade dabei, ein Mädchen mit einem blitzenden Kosakensäbel zu erschlagen. Mit beiden Händen schwang er ihn über seinem Kopf, die Augen quollen ihm aus den Höhlen, er sah entsetzlich aus, wie ein Mensch, dessen Gesicht zu Teig wird und zerfließt. Das Mädchen stand vor ihm, regungslos, wehrte sich nicht, hatte den Kopf trotzig zurückgeworfen und schien darauf zu warten, daß Granja ihm den schönen Schädel spaltete.
Sadowjew war, wie gesagt, ein hilfreicher Mensch. Er zögerte keine Sekunde, sondern sprang Granja von hinten an, warf ihn mit seinem Gewicht auf das Bett und entrang ihm den Kosakensäbel. Er schleuderte die Waffe weg, und diese machte einen merkwürdigen Bogen, als sei sie kein Säbel, sondern ein Bumerang, und flog aus dem Fenster.
Unten, auf der Rückseite des Hauses Nr. 3, saß der alte Popow an der Hauswand im Schatten und stopfte Strümpfe. Er war Witwer, keiner nahm ihm diese notwendige Arbeit ab, und so saß er da im Schweiße seines Angesichts, zog die Nadel mit dem Wollfaden durch das Loch im Strumpf und starrte dabei nachdenklich in die Gegend. Alte Männer haben immer etwas zu denken, Gott weiß, was sie alles philosophieren. Und nun stelle man sich vor, daß man darüber nachdenkt, ob in diesem Jahr das Kalben der Kuh Olga ohne Komplikationen abgeht – ein großes Problem, denn Olga legte bisher immer schwere Geburten hin wie ein vornehmes Weibchen aus der Stadt –, und mittenhinein in diese wichtigen Gedanken fällt ein richtiger Kosakensäbel. Mit der Spitze in den Boden, zwei Zentimeter von Popows Stiefel entfernt. Steckt da im Sand, zitternd und schwankend, und glänzt in der Sonne.
Der Alte machte einen Luftsprung und sah dabei in den Himmel. Doch der war blau und sauber, nur eine kleine Wolke zog über das Haus. Popow starrte sie entgeistert an, denn es war ihm neu, daß aus Wolken statt Regen auch Kosakensäbel fallen, dann rannte er weg, hinüber in die Kantine der Sowchose, um allen sein Erlebnis zu erzählen.
»Es regnet Säbel!« brüllte er schon in der Tür. »Brüder, haltet mich nicht für besoffen schon am frühen Tag. Es zog eine Wolke übers Haus, und aus der fiel ein Kosakensäbel. Ich kenne sie, ich war bei den Rostower Kosaken, ich habe selbst mit ihnen geübt und geschlagen. Brüder, ich schwöre euch: Ich bin nicht besoffen!«
Man zog den Alten in die Kantine, preßte ihn auf einen Stuhl und schüttete Wasser über seinen Kopf. Popow brüllte wie ein Stier, aber da ihn fünf Mann festhielten, mußte er diese Schmach erleiden.
Unterdessen fand im Zimmer Granjas ein verzweifelter Kampf statt. Sadowjew rang mit dem um sich schlagenden Warwarink, als gelte es, eine Medaille zu gewinnen. Einmal, er hatte Granja gerade wieder unter sich und hieb ihm auf die Nase, blickte er zu dem Mädchen und erkannte Njuscha Kolzowa. Sie stand an der Wand, mit weiten, blauen Augen und drehte die langen blonden Haare um ihre Hände.
Sadowjew ahnte die Zusammenhänge – wer im Umkreis von fünfzig Werst wußte nicht mittlerweile von dem Durcheinander, das im Hause Kolzows herrschte, seitdem das Auto aus Moskau eingetroffen war?
»Du Idiot!« brüllte Sadowjew Granja ins Gesicht. »Wach auf! Genosse, benimm dich wie ein Mensch! Mit einem Säbel gegen ein Mädchen? Ich klopfe dein Gesicht weich wie einen Fleischkloß!«
Noch dreimal hieb er auf Granja ein, aber dieser, ein zäher Bursche, der in seiner grenzenlosen Wut Riesenkräfte entwickelte, gab keine Ruhe, bis ihm der vierte Schlag in die Herzgrube den Atem raubte. Er lag da, mit ausgebreiteten Armen und zuckenden Beinen, schnappte nach Luft, und das Blut rann ihm aus der Nase in den aufgerissenen Mund. Er sah nicht schön aus, und das Herz des
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