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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zogen sie hinter das Haus Nr. 3. Dort stand zwar noch der Stuhl des alten Popow, auch die halb gestopfte Socke lag im Sand, aber von einem Säbel war nichts zu sehen. Das war natürlich, denn Sadowjew hatte ihn ja mitgenommen.
    Der alte Popow starrte auf die Stelle, wo der Säbel zitternd im Boden gesteckt hatte, und rieb sich die Augen.
    »Hier war er!« schrie er und zeigte vor seinen Stuhl. »Hier, liebe Genossen, habe ich gesessen, stopfe friedlich meinen Strumpf, und da regnet der Säbel aus der Wolke, zwei Zentimeter von meiner Zehe entfernt. Ich schwöre es euch …«
    Die zehn Männer sahen sich an, nickten sich zu und wogten über den alten Popow wie eine große Meereswelle. »Genossen!« brüllte der Alte. »Ich bin klar wie ein Bergwasser! Ich trinke am Morgen keinen Alkohol!«
    Dann war er still, ließ sich fünf Minuten lang verprügeln und hockte sich hinterher auf seinen Stuhl, nahm seinen Strumpf wieder auf und stopfte weiter. Man kann gegen sein Schicksal nicht anrennen, und die Menschheit ist von Natur aus dumm. Popow kam sich als Märtyrer vor und ertrug alle Schmach.
    Nur wenn an diesem Tag wieder eine kleine Wolke über den blauen, sonnenleuchtenden Himmel zog und über ihn hinwegglitt, sprang er mit einem Satz in Deckung und wartete auf ein neues Wunder.
    Aber Kosakensäbel fielen nicht mehr vom Himmel.
    *
    Gegen Mittag kam Njuscha von den Herden zurück, ein schönes, geschecktes Fohlen an der Leine. Der Sattler Luschkow besichtigte das Fell, lobte die Pferdezucht Kolzows und kaufte das Fell. Dann führte man das Fohlen hinter Luschkows Haus, band es an einen Baum und tötete es. Luschkow, ein Mensch von zwei Metern Höhe, dem man beim Militär handgearbeitete Stiefel beschaffen mußte, weil seine Füße in kein normales Schuhmaß hineinpaßten, fackelte nicht lange, holte einen schweren Hammer und zertrümmerte dem Fohlen die Hirnschale. Es war sofort tot, spürte nichts mehr, denn wo Luschkow hinschlug, floh das Leben sofort aus den Körpern. Man muß das erwähnen, um tierliebe Genossen zu beruhigen.
    Njuscha sah bei dieser Schlachtung nicht mehr zu … sie war mit den Rubeln, die Luschkow gezahlt hatte, sofort weggeritten.
    Im Haus saß Bodmar am Bett Jelenas, die große Schmerzen in dem aufgeschlitzten Arm hatte. Sie sagte es wenigstens, klagte, wenn sie den Arm bewegte, und ließ sich von Bodmar die Zeit vertreiben mit Erzählungen aus seinem Leben. Evtimia hielt Njuscha an der Pluderhose zurück, als sie in den Anbau laufen wollte.
    »Hier bleibst du!« sagte sie streng. »Laß sie jetzt in Ruhe! Willst du ihr auch noch den Kopf abschneiden?«
    »Er ist allein bei ihr …«, sagte Njuscha dunkel.
    »Warum sollte er das nicht?«
    »Sie wird ihn mit ihrem Körper verführen. Sie ist schön …«
    »Das muß er wissen, er allein.«
    »Ich komme von Granja.«
    Evtimia ließ die Kelle fallen, mit der sie in der Kascha rührte, und legte die Hände entsetzt auf ihren Kopf, als regne es glühende Asche.
    »Mutter Gottes!« rief sie. »Hast du ihn auch erstochen?«
    »Nein. Gesprochen habe ich mit ihm. Zum erstenmal vernünftig gesprochen. Er verzichtet auf mich, er verzichtet auch auf das Duell am Fluß …«
    »Den Heiligen sei Dank!« jubelte Evtimia. Aber sogleich fiel sie wieder in dumpfe Niedergeschlagenheit. »Mach es deinem Vater klar … jetzt will er das Duell! Mit Sascha hat er zwei Stunden im Garten geübt … er ist geil auf dieses Treffen wie ein Rüde auf eine Hündin. Er hat sogar den alten Babukin, diesen hinkenden Teufel, aufgesucht, sich bei ihm entschuldigt, ihn auf beide Wangen geküßt und Väterchen genannt. Und der Hohlkopf prahlt auch noch damit. Die Männer sind dumm wie Frösche. Begeistern sich an ihrem eigenen Quaken –«
    »Und wo ist Väterchen jetzt?«
    »Im Dorfsowjet. Spielt Bürgermeister. Hat er das nötig, he? Sie stehen Schlange bei ihm. Der Satan weiß, was für Probleme sie alle haben, die ein Kolzow lösen soll.«
    Genauso war's.
    Kolzow hatte einen harten Tag als Bürgermeister. Die Tür ging auf und zu, auf und zu, ununterbrochen, Stiefel knarrten über die Dielen, Stühle wurden gerückt, es stank nach Schnaps und Machorka, Männerschweiß und Pferdeurin. Aber Probleme hatten die Besucher des Dorfsowjets nicht. Sie kamen alle nur, um sich mit Dimitri Grigorjewitsch zu unterhalten.
    Und sie kannten alle nur ein Thema: das Duell.
    Kolzow war stolz, Auskunft geben zu können.
    »Es findet statt, Genossen! O ja! Warum sollen wir Angst haben? Vor Granja,

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