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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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in den großen Hof der Sowchose ›2. Februar‹ einritt und ihr Pferd zum Haus Nr. 3 lenkte. Die Männer und Frauen, denen sie begegnete, kannten sie alle, winkten ihr zu, gratulierten ihr zum glücklichen Bräutchen und blinzelten sie an. Wer wußte nicht von jenem blonden Deutschen im Haus der Kolzows? Der Natschalnik der Sowchose, der Genosse Pepkinew, ein dicker Mensch mit Asthma und Schweißfüßen, die ihn eigentlich zum Chef einer Käserei befähigten, hatte im vertrauten Kreise hämisch gesagt: »Wer versteht unseren Kolzow? Ein Deutscher! Und ein Journalist! Ja, ist er denn total verrückt? Er wird noch die Partei an den Hals bekommen, ich wette darum, Genossen. Es dauert lange, bis sie im Bezirkssowjet etwas merken, aber wenn sie es gemerkt haben, dann pfeifen sie aus allen Löchern. In der Haut Kolzows möchte ich dann nicht stecken!«
    Granja war in seinem Zimmer und putzte den Säbel, den ihm der alte Babukin gebracht hatte. Die Waffe glänzte in der Sonne, als er sie am Fenster in den Lichtstrahl hielt, und gerade in diesem Augenblick trat Njuscha ein. Granja blieb der Mund offen vor Staunen … es war das erstemal, daß Njuscha ihn hier auf seinem Zimmer besuchte.
    »Mein Täubchen!« rief er und breitete die Arme aus. »Du kommst zu mir? Welch ein Tag ist heute? Freitag? Ich werde ihn auf dem Kalender mit Goldbronze übermalen.« Er legte den Kosakensäbel auf das Bett und wollte Njuscha küssen, aber sie stieß ihn weg und tat es mit solcher Kraft, daß Granja vorsichtig wurde.
    Wer ihn von früher her kannte und jetzt wiedersah, der hätte die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Granjas Gesicht wirkte wie eine Greisenmaske; der Sanitäter hatte zwar die Brandblasen aufgestochen, aber nun schrumpelte die Haut zusammen wie bei einem Bratapfel, und Granja sah zerknittert aus wie eine weggeworfene Zeitung. Da half auch das Öl nichts, das er sich auf die Wunden strich … das Brennen zermarterte oft seine Nerven, und immer, wenn er an einem Spiegel vorbeikam, senkte er den Kopf und schrie: »Ich werde den Deutschen töten! Was bleibt mir anderes übrig? Ich bin es meinem Gesicht schuldig –«
    »Es stimmt also«, sagte Njuscha und ging an Granja vorbei zum offenen Fenster, »du willst dich mit Sascha duellieren?«
    »Ich kenne keinen Sascha«, rief Granja genußvoll. »Ich kenne nur einen stinkenden deutschen Bock, und ihm haue ich die Hörner ab und alles, was an ihm stinkt, jawohl!«
    »Und warum?« fragte Njuscha ruhig.
    Granja musterte sie verwirrt. Sie trug niedrige, weiche Stiefel und darüber die blaue Pluderhose der Kosaken. Über die Brüste spannte sich ein roter Pullover, den Evtimia selbst mit eigener Schafwolle gestrickt hatte. Die blonden Haare hatte Njuscha zusammengebunden, einfach mit einem alten Lederriemen, aber in dem goldenen Wasserfall sah es aus wie ein Band aus schwarzen Perlen.
    »Du bist schön, Njuscha –«, sagte Granja heiser vor Aufregung. »Verdammt, du bist schön! Und du fragst noch, warum ich den deutschen Hund zerhacken werde?«
    »Es ist eine berechtigte Frage.« Njuscha lehnte sich an das offene Fenster und stemmte die Hände gegen die Wand. »Alle Leute sagen, du kämpfst, um mich für dich allein zu erobern.«
    »Genauso ist es, Njuscha«, rief Granja.
    »Du solltest wissen, daß es ein Kampf um nichts ist. Der sinnloseste Kampf, der je am Don gefochten wurde. Ich bin gekommen, um ehrlich zu dir zu sein. Du kannst nicht mehr erobern, was schon verloren ist.«
    Granja senkte den Kopf und dachte nach. Was meint sie, grübelte er. Manchmal redet sie wie eine Intellektuelle, und dabei ist sie genau wie ich aufgewachsen im Stall, im Stroh der Scheune –, und am Ufer des Don.
    »Was ist verloren?« fragte er und sah sie von unten herauf an. Dumpf ahnte er etwas Schreckliches, nur genau bestimmen konnte er es noch nicht.
    »Ich –« sagte Njuscha mit klarer Stimme.
    »Du?« In Granjas Gesicht stieg Röte. Sein Mund begann zu zucken, dann zuckten die Augen, die Stirn, das Kinn. »Njuscha … Mutter Gottes, Satan, Heilige, Himmel und Hölle, wen soll ich anrufen … Njuscha … das ist nicht wahr …«
    »Es ist wahr, Granja. Glaubst du, ich wäre sonst zu dir geritten?«
    »Es – ist – nicht – wahr!« brüllte Granja. Er warf die Arme hoch und raufte die Haare und schwankte im Stehen. »Du hast es mit ihm getan?«
    »Ja, Granja … das erstemal in meinem Leben …«
    »Mit einem Deutschen?« heulte er. »Ausgerechnet mit einem Deutschen! Du Hure, du

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