Liebe am Don
ins Heu.
»Was war das?« stotterte er verwirrt.
»Zweihundertzwanzig Volt … das gab's bei den Kosaken noch nicht.« Bodmar hob den Säbel auf und fuhr mit dem Daumen vorsichtig über die Schneide. Sie war scharf und ohne Scharten. Am Sonntag würde sie voll Blut sein.
»Muß es sein?« fragte er leise und sah dabei Njuscha an. Sie verstand ihn und wandte sich ab. »Ich bin kein Feigling … aber muß ein Mensch sterben, damit wir glücklich werden?«
»Nur Granja kann das noch bestimmen.« Sie drehte sich wieder um, nahm Bodmar den Säbel aus der Hand und klemmte ihn unter den Arm. »Wir können nicht mehr zurück, wir nicht, Sascha. Das siehst du doch ein?«
Er nickte und ging ihr nach, während sich Kolzow aus dem Heu schälte.
»Ja, ich sehe es ein«, sagte Bodmar langsam. »Wir können nicht unser Gesicht verlieren.«
Dieses Land frißt mich, dachte er, während sie in den Garten gingen, um Schläge und Abwehr mit dem Säbel zu üben. Ich kann es nicht begreifen – aber ich bin ein anderer Mensch geworden, seit ich den Don gesehen habe.
*
Nach dem Mittagessen, das Kolzow mit Lobsprüchen über die fechterische Begabung Bodmars würzte, ritt Njuscha heimlich zur Sowchose ›2. Februar‹. Zu Hause sagte sie, sie reite zur Weide, um ein Fohlen zu fangen, denn der Sattler Luschkow sei gekommen und hätte um ein schönes Fell gebeten. »Eine Tasche soll's werden, für Anuschka Fillipowna, die Vorarbeiterin der 3. Brigade. Sie heiratet am gleichen Sonntag wie Njuscha. Das wird ein Fest werden, Leute.«
Jelena lag noch im Bett und ließ sich von Bodmar erneut verbinden. Es wäre nicht nötig gewesen, aber offensichtlich hatte sie wild geträumt und sich dabei den Verband halb vom Arm gerissen. Niemand war ja dabei, als sie es ganz bewußt tat, um Bodmar wieder in ihre Nähe zu locken.
Der Kampf ist noch nicht zu Ende, dachte sie, während er den neuen Verband um die Wunde wickelte. Ich habe eine Schlacht verloren, aber nicht den Krieg. Noch lebt Njuscha, und noch lebe ich … und solange wir die gleiche Luft atmen, wird es keine Ruhe geben.
Im Garten übte Kolzow allein mit seinem alten Kosakensäbel. Man hörte ihn schreien, wenn er weit ausholte, sein ganzes Gewicht in den Schlag legte und dann die Schneide niedersausen ließ.
»Hoiho!« brüllte er wie der uralte Babukin. Oder das gräßliche Urrrääää, das sich in die Knochen fraß und die Nerven lähmte. Wie ein Berserker stampfte Kolzow durch seinen Garten, durchschlug die Luft, machte sich aus alten Säcken, die er mit Holzwolle und Lumpen füllte, stramme Puppen und schlitzte ihnen den Bauch auf. Dann hörte man ihn in der Scheune rumoren, ein alter Schleifstein kreischte, und das typische Geräusch des Schärfens wehte bis zu Evtimia in die Küche.
Selbst Vater Ifan Matwejewitsch, der Pope, war ratlos, als Evtimia in ihrer Not bei ihm Rat und Hilfe suchte. Er kniete vor seinen Heiligen nieder, wühlte die Hände in seinen Bart und sah starr auf die goldenen Bilder. »Es ist eine große Tragik, Mütterchen«, sagte er dann. »Aber es gibt keinen Heiligen, der für Duelle zuständig wäre. Ich habe sie alle im Geist durchgezählt … sie helfen von der Krätze bis zur Rattenplage … aber für ein Duell ist keiner da. Das ist fatal, Mütterchen, aber ich kann's nicht ändern. Wann ist das Duell, sagst du?«
»Am Sonntag, sieben Uhr in der Früh.«
»Also vor der Messe. Das ist gut.« Vater Ifan erhob sich würdevoll. »Ich werde mit dem großen Pilgerkreuz hinauskommen, Mütterchen, und alle segnen. Es ist immer ein Trost, wenn ein heiliger Mensch zusieht …«
Evtimia verließ die Kirche, nachdem sie Vater Ifan die Hand geküßt hatte. Beruhigt war sie keineswegs. Ihr blieb nur die eine Hoffnung, daß Kolzow selbst als Bürgermeister das Duell verbot.
Aber daran zu denken, war wie der Wunsch, der Don möge einmal im Jahr kein Hochwasser führen. Kolzow war wie von Sinnen. Er zerhieb Strohballen, bekleidete Rundhölzer mit alten Anzügen und Hüten und spaltete sie dann mit lautem Aufschrei, hackte Holz mit seinem Säbel und schliff ihn dann wieder auf dem alten Schleifstein, laut dabei singend.
Von da an machte man einen kleinen Bogen um das Haus der Kolzows. Wer gerade auf der Straße ging, warf einen scheelen Blick über den Flechtzaun.
Laßt ihnen die kleine Freude, flüsterte man in Perjekopsskaja. Sollen sie singen und Äste abschlagen … am Sonntag werden sie einen Toten im Haus haben.
So dachte man im Dorf, während Njuscha
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