Liebe auf Arabisch
ich war im Paradies der künstlichen Huris gelandet. Ich sagte mir, dass ich wenig Chancen hatte, diese Nymphen aus dem Katalog auszustechen, ich mit meinem Kleidchen aus billigem Polyester, das sich schon
an einigen Stellen auflöste, und meinen ausgelatschten Schuhen, die Djuhas Pantoffeln nicht unähnlich waren. Ich irrte mich. Sie schieden aus, ich blieb. Meinem Po sei Dank? Die anderen beschuldigten mich, die saudischen Arbeitgeber verhext zu haben. Ich dagegen war überzeugt, dass diese Herren, die uns im Übrigen der Reihe nach wie Sklavinnen auf dem Basar auflaufen ließen, zwar darauf aus gewesen waren, ihre Flugzeuge mit ein wenig Weiblichkeit zu schmücken, es ihnen jedoch nicht daran gelegen war, durch zu aufreizende Schönheiten das Schamgefühl ihrer Gäste zu verletzen. Daher mein gesundes Mittelmaß.
Ich füllte den Fragebogen aus, den mir ein Mann mit der berühmten weiß-roten Kufiya auf dem Kopf hinhielt. Mein fehlerfreies Arabisch wurde kommentarlos hingenommen, ich wurde mit Blicken genauestens taxiert und sollte einige Sätze auf Englisch sagen.
Danach: Funkstille.
Verzweifelt wartete ich auf Antwort, bis mir mein Bruder Ali eines Tages einen großen Umschlag mit arabischem Absender unter die Nase hielt.
»Gib her!«
»Nur, wenn du zahlst.«
Man bestellte mich für den nächsten Tag zum Arbeitsamt des Konsulats.
»Ihre Bewerbung war erfolgreich, Mademoiselle. Herzlichen Glückwunsch!«
Ich wurde von einem Herrn im makellosen Anzug empfangen, der die gleiche Kopfbedeckung trug, die nun ein schwarzes Band zierte, dessen genaue Bezeichnung ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht kannte. Er hielt mir eine grüne Bluse hin.
»Sie werden ein einmonatiges Training in Dschidda
absolvieren. Hier ist Ihr Flugticket plus Spesen.« Er fügte hinzu: »Nach diesem Monat wird Ihnen mitgeteilt, ob Sie eingestellt werden oder nicht.«
Ich nahm den Bus zurück und rannte nach Hause. Ich war fünfundzwanzig und man hatte mir soeben eine Zukunft in grüner Bluse in Aussicht gestellt. Meine Mutter weinte. In diesem Moment wusste ich nicht, ob es Freudentränen waren oder die Trauer darüber, dass ich weit aus dem Kreis der Familie davonfliegen würde.
Nach einer turbulenten Lufttaufe, bei der sich die schlechten Wetterbedingungen zur ebenso schlechten Laune der Passagiere gesellten, und die mir einen Vorgeschmack von meinem zukünftigen Arbeitsplatz verschaffte, kamen wir in Dschidda an. Der Flughafen Abdul-Aziz, damals noch der größte der Welt, erstreckte sich über zig Kilometer und auf ihm tummelte sich eine so große Menschenmasse, wie ich es noch nie zuvor gesehen hatte. Noch wusste ich nicht, dass dies ein Knotenpunkt war, der zu den heiligen Stätten, nach Mekka und Medina, führte und so den Pilgern als überdimensionaler Wartesaal diente.
Als ich das Flugzeug verließ, zog ich ein Kopftuch hervor, das Großmutter mir geliehen hatte, die es ihrerseits von Tante Fadéla als Souvenir ihrer Reise nach Mekka geschenkt bekommen hatte. Ein Wagen wartete auf mich. Ich streckte dem Mann, der mich erwartete, zum Gruß die Hand hin, doch er beschränkte sich auf eine gemurmelte Begrüßung und würdigte mich kaum eines Blickes. Wir fuhren in die Stadt zu einer Art Hotelresidenz, etwa dreißig Kilometer entfernt, in der die Stewardessen aus der ganzen Welt einquartiert wurden, die künftig hier arbeiten würden. Ich befand mich also in einem dieser Gebilde, die Compound genannt wurden, mit
Überwachungskameras an jeder Ecke und abgeschottet von Wachmännern, die das Kommen und Gehen kontrollierten.
Nie wieder im Leben war ich so fleißig wie in diesem Monat. Jeden Morgen fuhr man uns mit dem Bus zu einem kastenartigen Gebäude, wo uns ausländisches Personal mit Hilfe von Videos und theoretischem Unterricht auf den Beruf vorbereiteten. Uns wurde ein Erste-Hilfe-Kurs aufgebrummt, ein Englischkurs und natürlich auch ein Kurs zur arabischen Kultur im Allgemeinen, bevor uns die goldenen Regeln des Königreichs vorgebetet wurden:
»Verboten sind unpassende Bekleidung, das Ausgehen ohne Begleitung des Vaters, Ehemannes oder Bruders, Alkoholkonsum, sowie Herrenbesuche auf dem Zimmer.«
Ich hatte nicht das geringste Bedürfnis auszugehen und noch nie im Leben einen Tropfen Alkohol zu mir genommen, auch nicht in Marokko, ich würde sicher nicht in Allahs Revier damit anfangen! Ich strengte mich mehr an als die anderen, ich durfte nicht scheitern, meine Mutter hätte sicher vor Gram Diabetes bekommen. Nicht nur
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